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Das egoistische Gen

Titel: Das egoistische Gen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dawkins
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pflanzenfressenden Spezies ein gutes, im Genpool einer fleischfressenden Art aber ein schlechtes Gen.
    Man kann sich vorstellen, daß ein zusammenpassender Satz von Genen gemeinsam als eine Einheit   selektiert wird. Im Beispiel der Schmetterlingsmimikry von Kapitel 3 scheint genau dies eingetreten zu sein. Doch die Stärke des ESS-Konzepts liegt darin, daß es uns in die Lage versetzt zu erkennen, wie ein derartiges Ergebnis durch Selektion allein auf der Ebene des unabhängigen Gens erzielt werden könnte. Die Gene brauchen nicht auf demselben Chromosom miteinander gekoppelt zu sein.
    Eigentlich reicht der Vergleich mit den Ruderern nicht zur Erklärung dieses Gedankens. Wir können uns ihr nur soweit wie möglich annähern: Nehmen wir an, für eine wirklich erfolgreiche Mannschaft sei es wichtig, daß die Ruderer ihre Bewegungen mit Hilfe der Sprache koordinieren. Nehmen wir weiter an, von den dem Trainer zur Verfügung stehenden Ruderern sprächen einige nur Englisch und andere nur Deutsch. Die Engländer sind nicht durchweg bessere oder schlechtere Ruderer als die Deutschen. Dennoch wird wegen der Bedeutung der Verständigung eine gemischte Mannschaft gewöhnlich weniger Rennen gewinnen als eine entweder rein englische oder rein deutsche Mannschaft.
    Der Trainer ist sich dessen nicht bewußt. Er tut nichts weiter, als seine Leute herumzuschieben, den Individuen in Siegerbooten Pluspunkte anzuschreiben und die Individuen in Verliererbooten zu notieren. Wenn nun unter den ihm zur Verfügung stehenden Bewerbern zufällig die Engländer überwiegen, so folgt daraus, daß jeder Deutsche, der in ein Boot hineingerät, dieses wahrscheinlich zum Verlieren bringen wird, weil die Verständigung zusammenbricht. Umgekehrt wird, wenn das Reservoir von Ruderern in der Überzahl aus Deutschen besteht, ein Engländer feststellen, daß er jedes Boot, in dem er sich befindet, zum Verlieren bringt. Die Mannschaft, welche als die insgesamt beste aus den Wettkämpfen hervorgeht, wird einem der beiden stabilen Zustände entsprechen – rein englisch oder rein deutsch, aber nicht gemischt. Oberflächlich betrachtet sieht es so aus, als ob der Trainer ganze Gruppen mit derselben Sprache als Einheiten   auswählt. Doch das tut er nicht. Er wählt einzelne Ruderer nach ihrer offensichtlichen Fähigkeit aus, Rennen zu gewinnen. So kommt es, daß die Wahrscheinlichkeit, mit der ein Individuum Rennen gewinnt, davon abhängig ist, aus welchen anderen Individuen das Bewerberangebot besteht. Bewerber, die zur Minderheit gehören, werden automatisch bestraft. Nicht, weil sie schlechte Ruderer sind, sondern einfach, weil sie einer Minderheit angehören. In ähnlicher Weise bedeutet die Tatsache, daß Gene wegen ihrer gegenseitigen Vereinbarkeit ausgewählt werden, nicht zwangsläufig, daß wir uns eine Selektion vorstellen müssen, deren Einheit Gengruppen sind, wie dies im Beispiel der Schmetterlinge der Fall war. Die Selektion auf der niedrigen Ebene des einzelnen Gens kann den Eindruck einer Selektion auf einem höheren Niveau erwecken.
    In diesem Beispiel begünstigt die Auslese einfach Konformität. Interessanter ist es, wenn Gene selektiert werden, weil sie einander ergänzen. Nehmen wir beispielsweise an, eine ideal ausgewogene Rudermannschaft bestünde aus vier Rechts- und vier Linkshändern. Nehmen wir außerdem wieder an, der Trainer sei sich dieser Tatsache nicht bewußt und wähle blind nach „Verdienst“ aus. Wenn nun der Bewerberkreis zufällig in der Überzahl aus Rechtshändern bestünde, wäre jeder einzelne Linkshänder tendenziell im Vorteil: Wahrscheinlich würde er jedem Boot, in dem er sich befände, zum Sieg verhelfen und erschiene daher als ein guter Ruderer.
    Umgekehrt würde in einem überwiegend aus Linkshändern bestehenden Bewerberkreis ein Rechtshänder einen Vorteil haben. Dies ist ähnlich wie der Fall des Falken, der in einer Taubenpopulation, und der Taube, die in einer Falkenpopulation erfolgreich ist. Der Unterschied besteht darin, daß es in jenem Fall um Wechselbeziehungen zwischen einzelnen Körpern – egoistischen Maschinen – ging, während wir hier mit Hilfe unseres Bildes über Wechselbeziehungen zwischen Genen im Innern von Körpern sprechen.
    Die blinde Auswahl „guter“ Ruderer durch den Trainer wird am Ende zu einer idealen Mannschaft führen, die aus vier Links- und vier Rechtshändern besteht. Es wird so aussehen, als habe er sie alle zusammen als eine komplette, ausgewogene Einheit

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