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Das einsame Haus

Das einsame Haus

Titel: Das einsame Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Borell
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Beweis haben?«
    »Genau das, Inspektor.«
    Er kannte mich zu gut und witterte eine Falle. Andererseits war er viel zu neugierig, um mich einfach hinauszuwerfen. Ich machte es ihm leicht und zog den Brief aus der Tasche, den Cornelia angeblich von Annas Mutter erhalten hatte, in dem sich Antonia Paola schuldig bekannte, Walther Möhnert vergiftet zu haben.
    Ich schob ihm den Brief über den Schreibtisch. Er las ihn aufmerksam und hob verwundert den Kopf.
    »Aber das ist doch ein glattes Geständnis! Und das trägt dieser Mensch stillschweigend in seiner Tasche herum und...«
    »Maschinenschrift«, sagte ich. »Eine Frau in dieser seelischen Verfassung schreibt mit der Hand. Außerdem schreibt sie, wenn es schon eine Art Abschiedsbrief sein muß, auch an ihre Tochter. Anna hat keine Nachricht von ihrer Mutter erhalten.«
    »Das würde sie Ihnen gerade auf die Nase gebunden, haben, Sie unverbesserlicher Narr.« Er glättete den Brief liebevoll mit der flachen Hand. »Der wird den Staatsanwalt ein ganzes Stück weiterbringen. Übrigens: Wissen Sie wirklich, daß Buchinger versucht hat, diese Frau zu erschießen?«
    »Kann sein. Also dieser Brief entlastet Antonia Paola in Ihren Augen nicht?«
    »Im Gegenteil, er...«
    »Ich habe noch mehr. Ich war vorhin mit Cornelia bei der Hausmeisterin Pachtmann, die Vroni in Obhut hat. Das Kind hat am Samstag sehr frühmorgens einen Streit zwischen Vera Möhnert und Max Buchinger gehört. Es hat gehört, daß Onkel Max — also Buchinger — von Vera Möhnert ein Papier gefordert hat. Es kann sich nur um die fraglichen Papiere gehandelt haben, die Freddy Möhnert dann tatsächlich an sich nahm. Die Aussage dieses Kindes gipfelt darin, daß es den Schuß gehört hat, mit dem Vera von Buchinger erschossen wurde. Das Kind meint allerdings, jemand habe eine Tür heftig zugeschlagen. Was würde der Staatsanwalt mit dieser Aussage eines gewiß ganz unverfänglichen Zeugen anfangen?«
    Wendlandt überlegte, schien Zweifel zu haben, aber plötzlich hellte sich sein Gesicht wieder auf.
    »Alles schön und gut. Man weiß, was Kinder oft zusammenphantasieren. Vera wurde mit der gleichen Pistole erschossen wie Buchinger. Folglich, wenn Ihre Theorie auch nur eine Spur von Wahrscheinlichkeit haben soll, müßte Max Buchinger Selbstmord mit der gleichen Waffe begangen haben, mit der er Vera erschoß. Hören Sie doch endlich auf, nachzudenken, Brenthuisen. Max Buchinger hat sich nicht selber erschossen, das ist völlig ausgeschlossen. Also kann es nur...«
    Ich legte den Plastikbeutel auf den Tisch, öffnete ihn und sagte:
    »Das ist bis jetzt Ihr größter Irrtum, Inspektor. Welches Glück für die Polizei, daß die meisten Mörder noch dümmer sind als die Kriminaler. Aber wenn ihr einmal an einen geratet, der was auf dem Kasten hat, dann seid ihr am Ende.« Ich zog einen großen Isarkiesel aus dem Beutel. »Dieser Stein — er wiegt etwa ein Kilo — ist der Stein eines Weisen. Die Schnur, die Sie daran gebunden sehen, Inspektor, na, wo wird sie enden?«
    Wie ein Zauberkünstler auf der Bühne zog ich langsam die Schnur aus dem Beutel, ich kostete den ganzen Effekt aus und genoß Wendlandts offenen Mund.
    »Die... die...«, sagte er.
    »Erraten, Inspektor, die Pistole. Ich habe sie, oder richtig: mein Freund Alfred hat sie unter der Brücke aus einer Gumpe geholt. Zwei Zeugen, Inspektor, nichts dagegen zu machen. Und der Trick: ein Rechtshänder schießt sich natürlich, wenn er den Verdacht auf jemand anders lenken will, in die linke Schläfe. Er kann beruhigt damit rechnen, daß Ihr Kriminaler darauf hereinfällt. Und er bindet an die Pistole einen schweren Stein, der die Waffe nach dem Schuß mit sich zieht. Wohin? Dorthin natürlich, wo man sie nicht gleich findet. Ins Wasser. Nirgends geht das so gut, wie auf der Großhesseloher Brücke, die in den Morgenstunden kaum begangen wird. Sollte ich in letzter Zeit etwa ein Beweismittel unterschlagen haben, so habe ich Ihnen auch eins dafür besorgt, noch dazu das wichtigste. Ich würde sagen, wir sind wieder mal quitt.«
    Er angelte sich die Pistole mit seinem Kugelschreiber über die Tischplatte. Nur im Deutschen Fernsehen und in deutschen Kriminalfilmen fassen Polizisten tatverdächtige Waffen noch mit dem Taschentuch an. In Wirklichkeit tun sie das schon seit Sherlock Holmes nicht mehr.
    »Das Kaliber stimmt«, sagte er. »Haben Sie die Waffe angefaßt?«
    »Natürlich nicht. Und da sich Buchinger nicht mit Handschuhen erschossen hat, werden

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