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Das einzig glueckliche Ende einer Liebesgeschichte ist ein Unfall

Das einzig glueckliche Ende einer Liebesgeschichte ist ein Unfall

Titel: Das einzig glueckliche Ende einer Liebesgeschichte ist ein Unfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joao Paulo Cuenca
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paar Papiere aus einer Elfenbeinschachtel auf seinem Schreibtisch und übergab sie Iurana – ein seltsamer Name, den mein Meister ihr gibt. Anfangs dachte ich, es sei Geld. Dann merkte ich, dass es das nicht war. Herr Okuda beschenkte sie mit Manuskripten, doch welchen Wert könnten diese für die Frau haben?
    Mein Körper aus Silikon misst einhundertdreißig Zentimeter und wiegt nicht mehr als einundzwanzig Kilo. Ich weiß, dass die Ausländerin mehr als das Doppelte wiegt und mindestens vierzig Zentimeter größer als ich ist. Vielleicht ist Herr Okuda hinter diesen Kilos und Zentimetern her, was mir das Gefühl gibt, nicht zu genügen und nicht mehr geeignet zu sein, denn mein Modell sieht Wachstum oder Gewichtszunahme nicht vor. Wenn mein Meister nun andere Maße vorzieht, kann ich nichts tun, um ihm noch zu gefallen.
    Es gibt einiges, das an meinem Körper verbessert und sogar ausgetauscht werden kann, die Haare beispielsweise, die Weite und Tiefe meines Geschlechts, die Größe und Länge meiner Finger und Fingernägel, sogar meine Brüste, der Durchmesser und die Farbe meiner Brustwarzen, an dem Unterschied von Größe und Gewicht lässt sich jedoch nichts machen. Ich kann nicht einmal sagen, dass meine Unzulänglichkeit unwiederbringlich ist, da ich nie etwas hatte, das wiederherstellbar wäre.
    Und außerdem: Würde eine Veränderung meiner Körpermaße mich nicht zu einer ganz anderen machen – wo ich doch nicht mehr bin als mein Körper und mein Name Yoshiko? Wie viel müsste ich zunehmen oder wachsen, um nicht mehr zu sein, wer ich bin, und zu einer anderen zu werden? Wo ist diese Grenze?
    Wenn ich mir Herrn Okuda vorstelle neben dieser Frau mit den für mich unmöglichen Maßen, spüre ich einen schneidenden, heißen Punkt in meinem Körper, als hätte jemand ein Streichholz in meiner Brust angezündet. Ich werde unruhig und bin nicht mehr imstande, meinen häuslichen Pflichten nachzukommen, zu lesen oder auch nur fernzusehen. Der einzige Gedanke, der mich beruhigen könnte, ist die Vorstellung, dass Herr Okuda zu mir zurückkommt. Doch im nächsten Moment klopft Herr Okuda nicht an die Tür, und weder im darauffolgenden noch in dem danach, und was sie „jetzt“ nennen, geht nicht vorbei und ich spüre eine große Abscheu vor allem.
    Die einzige Form, damit aufzuhören, wäre zu verschwinden.
    Und verschwinden hieße, in der Schachtel verstaut zu werden, aus der ich kam, und meinen Namen Yoshiko zu verlieren und alleine im Dunkeln zu sein, bis ich eins mit ihm werde und nicht mehr wüsste, was davon Dunkelheit ist und was ich selbst, und das Bewusstsein verlöre von meinem Körper und davon, was ich bin, denn ich bin mein Körper und mein Name Yoshiko.
    Aber ein zweiter Gedanke erleichtert mich und erfreut mich, immer wenn ich den giftigen Fisch schneide für meinen Meister. Nämlich der, Herrn Okuda zu töten. Und das Jetzt auch für ihn nie mehr vorbeigehen zu lassen.

26
    Die Männer in Anzügen und mit unauffälligen Ohrhörern vor dem Eingang des Regency Hyatt von Shinjuku erkennen Kazumi, die einträglichste Tänzerin aus der Abracadabar, begehrt von Kunden, Geschäftsführern, Kunden und Geschäftsführern der anderen Häuser in der Straße, deren privater Auftritt oder auch nur dreißig Minuten ihrer Anwesenheit leicht Hunderttausende Yen kosten können, und lassen sie unter verstohlenen Blicken vorbei.
    Der Aufzug fährt lautlos die elf Stockwerke des Hotels hinauf, als bewegte er sich gar nicht von der Stelle.
    Kazumi atmet tief durch, fährt sich mit den Fingern durchs lange Haar, zupft sich vor ihrem Spiegelbild das Lederkleid zurecht, und bevor sie es erwartet, sieht sie die verspiegelten Türen aufgehen und ihren Körper in zwei gleiche Teile zerteilen. Sie tritt hinaus in die Lobby mit den gepolsterten Wänden und den in die Decke eingelassenen Lampen, geht zur Feuertreppe und schiebt eine Metalltür auf, die sich mit einem trockenen Klick öffnet. Nach zwei Treppen drückt sie auf einen Knopf am Feuerlöscher, und in der Wand öffnet sich ein Spalt.
    Die Tänzerin Kazumi geht in die Hocke und spürt, wie ein Schauder ihren Rücken hinabläuft, als die Tür hinter ihr zuschlägt. Sie tastet sich mit ihren kleinen, sehr weißen Händen an den dunklen Wänden entlang, rutscht mit zögerlichen Füßen durch einen schrägen Tunnel. Es riecht nach Batteriesäure. Kazumi geht etwa ein halbes Stockwerk hinunter, dann wird sie von einem hellen Lichtschein erfasst, sodass sie die Augen

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