Das einzig glueckliche Ende einer Liebesgeschichte ist ein Unfall
Gesicht ganz nah an die Jungen heran und beginnt, sie zu inspizieren.
28
Kazumi, du kommst von der Arbeit, mit festen Schritten über den Bürgersteig auf dem Weg nach Hause. Es ist Nacht, und das Geräusch deiner Stiefel, die auf den Stein treffen, betont deine Anwesenheit auf der einsamen Straße. Es hat dir immer gefallen, einen Raum einzunehmen, der größer war als du selbst, als Tänzerin und als Begleiterin kennst du die Tricks, die man dazu braucht.
Über deinen Weg verläuft eine Brücke, über die nun der letzte Zug fährt. Vom Licht des Mondes und den Schatten der Pfosten geleitet, sagst du in die Leere hinein deinen Text auf, ein paar Kilometer lang, bis du am Durchgang zum Hanazono-Schrein, einem dunklen Korridor mit hölzernen Türen und roten Lampen, eine Gruppe Jugendlicher um einen brennenden Müllhaufen herum stehen siehst. Es sind Jugendliche der unteren Mittelschicht, tagsüber unsichtbar und in Kapuzenjacken und hohen Turnschuhen. Als du an ihnen vorbeigehst, fällt dir auf, dass sie dich nicht anschauen.
Als seist du für sie unsichtbar, Kazumi.
Ein paar Meter weiter spürst du einen Schlag in die Kniekehlen und dein Körper fällt nach vorne, in einer kurzen Bewegung, bis dein Kopf in einer Pfütze im Straßenpflaster versinkt. Du denkst: Meine Klamotten sind dreckig. Dann denkst du: Wieso bin ich gestürzt? Als du die Augen aufschlägst, siehst du mehrere Füße in Schuhen. Du überlegst, darum zu bitten, dir aufzuhelfen, doch dann hörst du einen erstickten Laut. Du umklammerst deinen Körper. Schon nach den ersten Schlägen weißt du nicht mehr genau, wo der Schmerz herkommt.
Schützt du dein Gesicht mit den Händen, ist der übrige Körper schutzlos und umgekehrt. Du willst aufgeben. Nach Minuten (oder Stunden, du weißt es nicht) denkst du: Ich will schlafen, bis es vorbei ist. Ich will sterben, damit es vorbei geht. Es wird nicht vorbei gehen, Kazumi.
Du wirst auf die Füße gestellt, an den Haaren und an deiner Kleidung vom Boden hochgezerrt wie eine Marionette. Die Männer zerfetzen mit scharfen Fingernägeln deine Kleidung. Sie entblößen deine Brust und dein erster Gedanke ist: Ich bin schön.
Das finden sie auch und sie fallen über dich her wie ausgehungerte Kälber und beißen und kratzen wie Hunde deine rosigen Brustwarzen, deinen entblößten Hals. Du wirst geleckt von all diesen kleinen Verbrechern, die jünger sind als du selbst, am Tag unsichtbar, ein paar Jugendliche vielleicht, und du spürst auf eigenartige Weise erleichtert: So kräftig ihr Saugen auch sein mag, es ist wenigstens schwächer, als wenn ihre Schuhe auf deine Brustwarzen treffen. Du willst etwas tun, willst fliehen, doch deine Füße kommen nicht auf den Boden, deine Arme greifen ins Leere. Du bist eine Taube, gefangen in einem Spiegelsaal, die immer nur gegen die Wände knallt.
Nun hörst du eine Sirene und öffnest mit Mühe die Augen, gerade, um einen blauen Lichtschein zu erkennen, der um die Gebäude, die Säulen und Steindrachen am Weg zum Schrein von Hanazono kreist. Du siehst ein Polizeiauto langsam herankommen. Du versuchst zu schreien und kannst es nicht. Die Hände, die deinen Körper festhalten, lassen dich auf dem Boden zurück: Die Schreie der Männer verstummen und auch die Sirene. Die Polizisten halten ihr Auto an und sehen dich an. Sie lächeln, Kazumi.
Dann kreischen die Reifen und tragen das Auto, seine Sirene und das blaue Licht fort.
In die Arme, die dich umklammern, kommt wieder Leben, die heben erneut deine Füße vom Boden. Jetzt trägt man dich zu einem riesigen Müllcontainer. Du spürst, wie deine Füße kalt werden, und denkst: Meine Schuhe sind weg. Du spürst deine nackten Beine und denkst: Mein Rock. Du spürst einen Schauer zwischen den Beinen.
Die Männer sind trocken wie du. Es geht nicht so leicht, das macht sie wütend und sie schlagen dir ins Gesicht. Du spürst nichts, aber du hörst das Klatschen der Schläge, das lauter ist als dein unverständliches Wimmern, ein Durcheinander von Lauten, Konsonanten unter Schock. Einer von ihnen dreht dir die Arme auf den Rücken und zwei andere halten deine nun bleich schlotternden Beine. Einer kommt von vorne, die anderen lassen schnell ihre Hosen herunter (du hörst das Zippen der Reißverschlüsse) und reiben Brocken von heißem Fleisch an deinem Gesicht, schmieren ihre Schweißmischung auf deine Haut. Du versuchst zu ergründen, woher die Geschmäcker, die Gerüche kommen, und denkst: Der Jüngste ist süß, der
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