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Das Ekel von Datteln

Das Ekel von Datteln

Titel: Das Ekel von Datteln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo P. Reinhard; Ard Junge
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er schluckte es herunter.
    »Geben Sie mir eine Zigarette«, bat er.
    Der Major blickte den Oberwachtmeister an – er war Nichtraucher. Hoekstra zog die Zigarillos heraus, die ihm Gerrit selbst verkauft hatte. Ein schwaches Lächeln huschte über das Gesicht des Gelockten, dann rauchte er an.
    »Ich war ungefähr drei, dreieinhalb Stunden da«, erzählte er stockend. »Wir haben in dieser Zeit keine zehn Sätze gewechselt. Sie war – na ja, sie war offenbar auf eine wilde Nacht aus und konnte einfach nicht genug bekommen …«
    »Und Sie?«
    »Ich?«
    Bakker schniefte und lächelte leicht. »Ich war nach zwei Stunden groggy. Völlig überrollt …« Er unterbrach den Satz, schien nachzudenken. Die beiden Polizisten ließen ihm Zeit.
    »Wirklich, das war schon seltsam. Nach außen hin wirkte sie ungeheuer cool und souverän. Unnahbar. Aber im Hotel – sie ließ sich völlig fallen …«
    »Und danach?«, fragte de Jong.
    »Wann – danach?«
    »Als Sie – groggy waren …«
    Bakker zögerte erneut – es fiel ihm sichtlich schwer, in die Details zu gehen.
    »Wir haben dann, na ja, noch ein bisschen so rumgemacht. Einfach nur geschmust. Als ich drauf und dran war, einzuschlafen, hat sie mich rausgeschmissen.«
    »Und?«
    »Was: Und?«
    »Sind Sie gegangen?«
    »Klar. Was sonst?«
    »Wohin?«
    »Nach Hause natürlich …«
    »Und wie sind Sie aus dem Hotel gekommen?«
    »Hinten. Die Feuertreppe. Der Schlüsselkasten war ja nicht mal verplombt. Und vorne raus – das war mir zu riskant. Ich wollte Dijkstra nicht in die Arme laufen.«
    »Was hast du mit dem Schlüssel gemacht?«, fragte Hoekstra.
    »Wieder hingehängt …«
    »Du hast also nicht abgeschlossen?«
    »Nein. Wie denn auch …«
    Die Polizisten wechselten einen kurzen Blick: Wenn das stimmte, war Bakker aus dem Schneider. Aber er würde es nie beweisen können.
    »Gerrit«, fragte der Major und beugte sich leicht vor, »sind Sie ganz sicher, dass die Frau noch lebte, als Sie gingen?«
    Einige Sekunden lang hing die Frage in der Luft. Gerrit Bakker sah den Major an. Langsam schien ihm zu dämmern, um was es ging. Seine Lippen begannen zu zucken. Hoekstra fürchtete schon, der Bursche würde wieder die Fassung verlieren, doch er fing sich sofort.
    »Wollen Sie damit sagen …«
    »Irgendjemand hat sie umgebracht. Und so viel wir wissen, waren Sie der letzte Mensch, der sie lebend gesehen hat!«
    »Aber – warum sollte ich sie denn umbringen? Warum?«, schrie der Junge. »Erklären Sie mir das doch!«
    Der Oberwachtmeister legte ihm beruhigend die Hand auf die Schulter. Bakker verstummte, wartete auf eine Antwort. Der Major schwieg.
    »Ich war nicht der Letzte«, beharrte der Gelockte schließlich. »Der Letzte, der sie gesehen hat, war ihr Mörder.«

10
     
     
    Mit gewölbter Brust und durchgedrücktem Kreuz, die Augen wie aus Granit gemeißelt – so stand Roggenkemper auf dem quadratischen Sockel des Fahnenmasts, flankiert von einer alten Schiffsschraube und einem ausgedienten Anker.
    Es war einer seiner Lieblingsplätze und der rechte Ort, einen symbolischen Händedruck mit dem Häuptling seiner Patenkinder, der Flusspioniere vom Rhein, zu wechseln: Schräg hinter sich wusste er seinen Minensucher, vor sich sah er den vom Kaiser eingeweihten Kanal, und über ihm wehten die Fahne der Bundesrepublik Deutschland und das Banner des Dattelner Schiffer-Vereins. Schön war das!
    Die Bun-des-wehr ist un-ge-heu-er:
    Er-stens Schei-ße, zwei-tens teu-er!
    Der Bürgermeister zuckte, als hätte ihn ein Stromstoß getroffen. Seine Augen flackerten auf und irrten am Ufer entlang, um die Ketzer aufzuspüren. Knapp fünfzig Leute mochten es sein: Schüler, Eltern mit Kindern, Rentner. Die übrigen zweitausend blieben stumm. Einige beifällig nickend, andere blieben skeptisch, viele waren aufgebracht: Diese Linken wollten ihnen ein Vergnügen versauen.
    Zwei riesige Transparente gingen hoch: Jesus, der über seinem Knie ein G3 zerbrach, und jene Saurier, die ausgestorben sind, weil sie zu viel Panzer und zu wenig Gehirn gehabt hatten.
    Das PEGASUS-Team stand auf dem Aral- Boot, er mit Stativ und Kamera auf dem Dach, sie mit Mikro und Aufnahme-Rekorder unten, verbunden durch ein Vier-Meter-Kabel, mit dem die Geräte gekoppelt waren. Als Roggenkemper einen Polizeioffizier heranwinkte, drückte Mager – eher aus einem Reflex heraus als in kühler Absicht – auf den Auslöser. Mit großer Geste wies der Bürgermeister auf die Sünder. Der Kommissar zog ein Walkie-Talkie

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