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Das Ekel von Datteln

Das Ekel von Datteln

Titel: Das Ekel von Datteln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo P. Reinhard; Ard Junge
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Zwerg hinter sich her.
    Eine Batterie von Briefkästen gähnte sie an. Auch hier stand nur R. Michalski. Der Kasten war leer.
    Sie fuhren mit dem Aufzug hoch und schauten sich um. Vier Türen, so regelmäßig verteilt, als seien die Wohnungen alle gleich groß. Das wäre eine Menge Platz gewesen, falls die Frau wirklich allein gelebt hatte.
    »Hier«, sagte Brennecke. R. Michalski stand rechts hinten – sie hatte auf die Tankstelle und den Hof blicken können.
    Erneuter Druck auf die Schelle – erneute Fehlanzeige.
    »Und nun?«
    Brennecke blickte seinen Chef lauernd an.
    »Was erwarten Sie?«, fragte Lohkamp. »Soll ich für Sie den Rammbock spielen?«
    Brennecke grinste.
    »Kommen Sie«, meinte Lohkamp. »Wir lassen öffnen.«
    Aber genau das wurde problematisch.
     
    Die Fahrt zum Präsidium im Westerholter Weg dauerte fast zwanzig Minuten. Während Lohkamp versuchte, den zuständigen Richter aufzutreiben, zapfte Brennecke den Computer des Einwohnermeldeamts an und ließ die Daten der Ermordeten ausdrucken: Sie war am 17.11.1957 als Ruth Pohlmann in Datteln geboren, geschieden und hatte Steuerklasse I. Der Exgatte schien allerdings nie in der Ludwigstraße gewohnt zu haben, sonst hätten sie seine Abmeldung und die neue Adresse gefunden.
    Lohkamp brauchte viel länger, bis er Erfolg hatte: Fast zwanzig Minuten, bis er den Richter im Klubhaus eines Bochumer Tennisvereins aufgetrieben hatte, zehn weitere, bis der Mann ihm die Zusage gab, nach Recklinghausen zu kommen und das Formular zu unterschreiben, und mehr als vierzig, bis er endlich in seinem Dienstzimmer im Amtsgericht den Montblanc- Füller zückte.
    Um 19.43 Uhr waren sie wieder in der Ludwigstraße. Wahllos drückten sie eine der privaten Klingeln. Kurz darauf rauschte es in der Sprechanlage: »Ja, bitte?«
    Lohkamp und Brennecke wechselten einen kurzen Blick: Kein Zweifel – der Butler des Terriers. In böser Vorahnung stöhnte Brennecke auf.
    Seine Befürchtungen waren jedoch unbegründet: Das Männlein zeigte sich kooperativ. Nach einer kurzen Verhandlung benötigte der Alte nur etwa neun Minuten, um ihnen die Haustür aufzuschließen.
    Lohkamps alte Dugena war auf sieben vor acht vorgerückt, bis sie wieder vor Ruth Michalskis Wohnung gelandet waren. In ihrer Begleitung befand sich ein Handwerkermeister, der das Schloss aufbohren und dann ein neues einsetzen sollte. Er erledigte solche Arbeiten für Polizei und Staatsanwaltschaft des Öfteren und brauchte für den ersten Akt sieben Minuten.
    Als die Tür aufsprang und geräuschlos nach innen schwang, erkannte Lohkamp auf den ersten Blick, dass die Holländer mit ihrem Hinweis auf die fehlenden Schlüssel recht hatten. Schon der Flur sah so aus, als wäre die GSG 9 vor ihnen dagewesen.

16
     
     
    Der Montag begann für Mager ausgesprochen schlecht. Um sieben stürmte Kalle, mit zwölf Jahren bereits der Schrecken der Steinhammer Straße, ins Schlafzimmer und schmiss ihn aus dem Bett: »Komm, Mamas Karre springt nicht an …«
    Halb blind rollte sich Mager auf die Füße, stakste die Treppe hinunter und riss die Haustür auf. Mechthild stand auf dem Hof, trat wütend gegen das rechte Vorderrad ihres Käfers und fluchte vor sich hin.
    »So springt er auch nicht an«, knurrte ihr Gatte und erntete den ersten Giftblick des Tages. Er startete den Lada, holte das Überbrückungskabel und schloss es an die Batterien an. Der Käfer kam sofort.
    »Vergiss nicht, einzukaufen!«, rief sie, während er die hintere Sitzbank wieder in die Halterung drückte. »Der Zettel liegt unter deiner Tasse. Außerdem tropft in der Küche der Wasserhahn. Und denk an die Steuererklärung …«
    Sie gab Gas und verschwand in Richtung Barop, einem anderen schönen Vorort der Bierstadt. Mit ihrem Job im Evangelischen Kindergarten hielt sie seit Jahren das Familienschiff über Wasser. Denn von dem, was bei PEGASUS abfiel, hätte man nicht mal eine Ziege füttern können.
    Mager seufzte und fischte die Zeitungen aus dem Briefkasten.
    Von der Titelseite der Westfälischen sprang ihm Roggenkemper ins Gesicht. Neben einem Foto, das seinen Händedruck mit dem Boss der Flusspioniere zeigte, prangte die Überschrift: »Dattelns Bürgermeister verteidigt Polizei.« Die Westdeutsche meldete einen »Missklang beim Kanalfest« und belegte das mit einem Schnappschuss vom Auftritt der Punks, und die Nachrichten lobten die Bundeswehr, weil sie die Entschuldigung Roggenkempers für die in seiner Stadt erlittenen Schmähungen generös

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