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Das Ekel von Datteln

Das Ekel von Datteln

Titel: Das Ekel von Datteln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo P. Reinhard; Ard Junge
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…«
    Mager lachte los: »Rede bloß nicht von Anstand. Nicht in diesem Gewerbe – und nicht im Zusammenhang mit Roggenkemper. Das ist ein politischer Sittenstrolch, und wenn man dem eins überbraten kann, bin ich mit Vergnügen dabei!«
    »Du ruinierst unseren Ruf!«
    Mager sprang auf und trat an sie heran, zielte mit dem Zeigefinger auf ihre Brust: »Jetzt hör mir gut zu! Wenn du PEGASUS zu einem Verein machen willst, der nur noch auf die Moneten schielt und sich bei Typen wie diesem Ekel prostituiert – dann sind wir geschiedene Leute! Werbung? In Ordnung, bringt Kohle. Aber wenn wir Bilder wie am Samstag auf die Spule kriegen, produzieren wir die – auf Teufel komm raus! Oder du suchst dir einen anderen Partner …«
    Sie schwieg und starrte ihn böse an.
    »Und jetzt hau ab. Ich muss nachher mit Saale nach Datteln.«
     
    Harte Maloche in Dreckbuden und Giftküchen gibt es, seit Pütt und Kokerei abgerissen sind, fast nur noch im Süden Dattelns, rund um den alten Bahnhof, der zu einer Mischung aus Müllhalde und Güterabfertigung verkommen ist. Hier befand sich auch die Zentrale des Puth-Imperiums – im schwarzen Dreieck zwischen Bahnlinie, Bundesstraße und dem Weg nach Horneburg.
    Gellermann hatte die PEGASUS-Leute zur Verwaltung der Fabrik bestellt, die sein Chef per Heirat erbeutet hatte. Der Bau besaß zwei Stockwerke, aus denen jeweils ein halbes Dutzend Fenster zur Straße hinüberschielte. Maschinenfabrik Puth stand auf dem Dach. Die grünen Lettern waren gerade hoch genug, um einen Förderturm dahinter zu verstecken.
    »Nicht schlecht!«, staunte Saale und zeigte zu den beiden Hallen hinüber, die schräg hinter dem Bürobunker lagen.
    Mager nickte. Auch er hatte sich unter der Fabrik eher eine Dreißig-Mann-Klitsche vorgestellt. Doch dann verblasste der gute Eindruck: Die Parkplätze vor Verwaltung und Werkseinfahrt waren beinahe leer.
    »Mach mal deine Augen auf«, knurrte Mager. »Das sieht hier ganz schön nach Pleite aus …«
    »Vielleicht haben die heute frei. Damit sie den Rausch vom Kanalfest ausschlafen können.«
    »Du spinnst ja!«, meinte der Dicke und umkurvte einen Kran, der vor den Büros aufgestellt war. Daneben parkte ein LKW, von dem ein paar Leute neue Leuchtröhren abluden. Die Firma wechselte die Farben – von Grün auf Blau.
    Mager wartete, bis Saale ausgestiegen war, drückte das Knöpfchen an der Beifahrertür und wälzte sich selbst hinaus. Links neben ihm stand ein weißer BMW, rechts ein unauffälliger, beigefarbener Golf. Von dem dunkelblauen Dreihunderter, mit dem ihn Gellermann am Samstag beinahe umgenietet hatte, war weit und breit nichts zu sehen.
    Sie gingen hinein und ließen sich von dem Wachhund in der Glasloge den Weg zur Residenz des Prokuristen beschreiben.
     
    »Sie wünschen?«
    Die Stimme, mit der Gellermanns Sekretärin sie begrüßte, machte das Mädchen hundert Jahre älter. Sie passte auch nicht zu den knallgelben Kanarienvögeln, die sich auf den Gipfeln ihres Sweat-Shirts tummelten. Das Augen-Make-up war hin, und ihr Taschentuch sah aus, als hätte sie damit soeben eine Zechenkaue gewischt.
    Mager ignorierte das alles und blätterte ihr seine Visitenkarte hin. Mit dem Daumen wies er nach rechts: »Mein Mitarbeiter Saale. Wir sind mit Herrn Gellermann verabredet …«
    »Nehmen Sie bitte Platz«, sagte die Frau und dirigierte sie zu ein paar grünen Sesseln mit schwarzen Metallstreben. »Sie müssen sich leider noch gedulden. Herr Gellermann hat Besuch …«
    Sie setzten sich. Hinter der Polstertür hörten sie undeutlich ein paar Männerstimmen, aber das war alles. Die Sekretärin starrte, halb von den PEGASUS-Leuten abgewandt, auf den leeren Monitor eines Computers. Mager glotzte die Decke an, Saale die Frau. Irgendwann merkte sie es und blickte auf.
    »Was bedrückt Sie denn?«, fragte Saale sanft. Er traf genau den Tonfall des Psychologenpapstes, der einmal im Monat auf WDR III die Seelenmesse liest.
    »Es ist schrecklich«, sagte sie leise. Ihre braunen Haare schwangen leicht von Ost nach West und zurück. »Sie war nur ein paar Jahre älter als ich …«
    »Wer?«, erkundigte sich Saale voller Mitgefühl.
    »Ruth, unsere Chefsekretärin …«
    Sie machte eine kleine Pause, grübelte. Neugierig, aber mit allen äußerlichen Anzeichen unendlicher Geduld wartete Saale auf eine Fortsetzung. Und die kam dann auch: »Am Wochenende, auf einer Insel in Holland. Ermordet …«
    Wieder blieb es einen Augenblick still. Nur die Stimmen hinter dem

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