Das Ekel von Datteln
länglicher, silbern blinkender Gegenstand. Umgeben von Filzern, Bleistiften, Kugelschreibern. Mager drückte auf Stopp.
»Derselbe Löffel, derselbe Leuchtturm!«, sagte Saale und gähnte.
»Sonst fällt euch gar nichts auf?«
»Dass wir Product placing für die Brieföffner & Leuchtturm Company machen und abkassieren sollen«, grinste Saale.
Mager ließ sich nicht irritieren, sondern schwenkte zwei Kassettenhüllen durch die verqualmte Studioluft. »Erkenntnis Nummer eins«, sagte Mager, »sowohl bei Puth als auch bei Roggenkemper gibt es einen Brieföffner mit Leuchtturm.«
Er wandte sich zum Mischpult: »Jetzt passt mal auf.«
Er ließ Bild für Bild in langsamer Geschwindigkeit auf dem Monitor erscheinen, bis am unteren Rand der Wiese, auf der der Leuchtturm stand, ein halbkreisförmiger Schriftzug auftauchte. In Großbuchstaben.
Mager stoppte das Band.
»Was steht da?«
Susanne kniff die Augen zusammen: »Friesland oder so.«
Saale wurde blass.
»Vlieland.«
40
Lohkamp wählte die Nummer von Hauptkommissar Harder.
Der kaute wohl wieder einmal an einem Bienenstich und muffelte mit vollem Mund vor sich hin.
»Lohkamp hier. Ich will die Sache Puth hinter mich bringen. Haben Ihre Untersuchungen etwas ergeben?«
»Tach, auch.«
Harder schien beim Namen Puth einen Adrenalin-Schub bekommen zu haben, jedenfalls wurde seine Stimme um eine Tonlage freundlicher.
»Da haben Sie uns ein dolles Ding übergeben, Herr Kollege. Der Mann ist was fürs Lehrbuch der Wirtschaftskriminalität. Wenn ich nicht dienstlich damit zu tun hätte, könnte ich mich glatt über seine Eulenspiegelei amüsieren …«
»Lassen Sie hören!«
»Okay, also erste Bilanz! Die Unterlagen, die wir bei Puth und bei diesem Dr. Boos beschlagnahmt haben, geben Hinweise auf ein gutes Dutzend Straftatbestände. Betrug wäre eine milde Beschreibung …«
»Herr Kollege, können Sie es kurz machen? Ich muss gleich weg«, log Lohkamp. Die Pressekonferenz war nämlich vertagt worden. Ohne Roggenkempers Aussage zum falschen Alibi war der Fall nicht abgeschlossen.
»Ihr immer auf die Schnelle. Na, gut. Also: Puth hat die Bundesbahn, von der er das Grundstück gekauft hat, irgendwie dazu bekommen, dass die diesen Dr. Boos als neutralen Gutachter bestellt hat. Der Mann ist allerdings bekannt dafür – das haben wir jetzt spitzgekriegt – dass er für ein paar Scheine auch seine Großmutter verkauft. Also schätzte er das Grundstück auf hundertdreißigtausend und ein paar Gequetschte.«
Pause. Offenbar schob Harder gerade eine neue Fuhre Kalorien nach.
»In Wirklichkeit war das Gelände das Zigfache wert. Puth kaufte also billig, eigentlich ohne einen Pfennig Geld zu haben. Nur drei Tage später wurden auf das Grundstück bereits Belastungen in Höhe von einer Million eingetragen …«
»Von den Krediten hat Puth dann die Bahn bezahlt?«
»Nicht nur das. Zwei Tage später kam eine neue Million an Belastung dazu. Diese sogenannten Eigentümer-Grundschulden hat Puth zur Absicherung von Krediten bei einem Schweizer Bankhaus angegeben …«
Lohkamp schüttelte den Kopf und lehnte sich zurück.
»Wie ist das denn möglich, dass ein amtlich auf hundertdreißigtausend Mark geschätztes Grundstück Tage später so hoch beliehen werden kann?«
»Ganz einfach. Noch ehe Dr. Boos das Gelände auf diese Summe runterrechnete, hatte Puth andere Zinker an der Hand, die das Grundstück so schätzten, dass über 3 Millionen zusammenkamen.«
»Genial!«
»Stimmt. Aber Betrug! Puth hat seine Freunde für ihren Sachverstand nicht schlecht belohnt.«
Lohkamp machte sich Notizen. »Beweise?«
Harders Gelächter dröhnte aus dem Hörer.
»Mehr als genug. Der Mann war so penibel, dass er die Belege für seine Geschenke fein säuberlich abgeheftet hatte. Wahrscheinlich wollte er sie von der Steuer absetzen.«
»Eine Frage noch«, setzte Lohkamp nach. »Gibt es Hinweise darauf, dass sein Prokurist Gellermann oder seine Sekretärin Michalski etwas mit diesen Tricks zu tun hatten?«
»Tut mir leid. Aber das lässt sich aus den Unterlagen nicht ersehen. Wäre aber nicht unwahrscheinlich.«
Sie tauschten noch ein paar Artigkeiten aus, dann legte Lohkamp auf.
Missmutig starrte er auf die Akte Michalski. Daneben, nicht ganz so vollgepackt, ein Schnellhefter mit der Aufschrift »Gellermann«. Das Ganze war nicht gerade erfreulich abgelaufen. Der Mörder begeht Selbstmord. Sein eigener Fall hängt durch, aber den Jungs vom Kommissariat Zahnärzte &
Weitere Kostenlose Bücher