Das Ekel von Datteln
Apotheken verhilft er ganz nebenbei zu einem Schulterklopfen. Wenn Puth vor Gericht steht, wird sich keiner mehr daran erinnern, dass er ihn den Kollegen frei Haus geliefert hat.
Das Telefon klingelte. Seine Frau ermahnte ihn, an den Geburtstag der Schwiegermutter zu denken und nicht ohne Blumenstrauß aufzutauchen.
»Mach ich, Mäuschen!«
Um kurz nach halb zwölf steckte Brennecke den Kopf durch die Tür, faselte etwas von Krebsvorsorgeuntersuchung und trollte sich.
Er griff zum Telefon, wählte das Dattelner Rathaus an, aber Roggenkemper war schon wieder unterwegs. Wie der Mann das schaffte, war ihm schleierhaft …
Fünf Minuten später summte sein eigener Apparat.
»Lohkamp?«
»PEGASUS hier …«
Auch das noch.
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»Volltreffer!«, sagte Lohkamp lakonisch und bediente sich aus der Vorratskiste mit den Selbstgedrehten. »Wollen Sie nicht bei uns anfangen?«
Mager grinste zurück: »Sie können mich doch gar nicht angemessen bezahlen!«
Er steckte sich auch eine an und fand, dass seine Hausmarke so gut schmeckte wie schon lange nicht mehr: Endlich hatte er diesen Burschen mal gezeigt, was eine Harke ist! Und es hatte dem Bullen glatt den Schuh ausgezogen – das war ihm deutlich anzumerken. Der rüde Umgangston vom Montag war passé. Bis zum nächsten Mal jedenfalls.
»Hören Sie – ich brauche diese Bänder. Dringend.«
Mager zog zwei Kassetten aus dem Regal: »Schon fertig. Kopien. Aber sauber …«
»Im Grunde genommen müsste ich die Originale …«
»Die kriegen Sie, wenn es einen Prozess gibt.«
Lohkamp schwieg.
»Kann man das feststellen – dass dies Kopien sind?«
»Klar. Ihre Leute – ich meine, diejenigen, die auf Jagd nach den Raubkassetten sind – haben da ein paar schöne Methoden entwickelt. Man kann sogar eindeutig sagen, die wievielte Nach-Kopie das ist …«
Der Polizist zögerte noch.
»Sie können sich ja die Originale holen«, stichelte Saale, der unbemerkt hereingekommen war. »Ich meine: die Brieföffner, Herr Lohkamp.«
»Mal sehen.«
Er trank seinen Kaffee aus und stand auf.
»Wissen Sie wirklich noch nicht, was Sie jetzt unternehmen?«, bohrte Saale nach.
»Doch. Ich setze mich erst einmal an meinen Schreibtisch und denke nach!«
Er klemmte sich die Kassetten unter den Arm und wandte sich zum Gehen. In der Tür fiel ihm aber noch ein guter Ratschlag ein: »Und Sie muss ich bitten, wie bisher …«
»Klar«, nickte Mager. »Wie bisher!«
Kaum war der beigefarbene Polizei-Golf aus dem Hof gerauscht, zogen sich die PEGASUS-Männer in Saales Dachkammer zurück.
»Was machen wir?«, fragte Mager.
Statt einer Antwort griff Saale zum Telefon. Wählte Roggenkempers Nummer an. Fragte die Vorzimmerdame. Erhielt eine freundliche Antwort. Aber keine brauchbare Information.
Zu Hause: die Gattin.
»Tut mir leid – aber mein Mann ist so viel unterwegs, dass ich das wirklich nicht nachhalten kann …«
»Ruf mal bei Puth an!«, empfahl Mager. Ausnahmsweise gehorchte der Lange ohne Widerworte.
Das Freizeichen ertönte. Ein, zwei Minuten vergingen. Nichts. Keine Gattin, keine Hausdame, kein Pferdepfleger.
»Dieser Lohkamp – der wird nicht lange an seinem Schreibtisch sitzen bleiben. Der greift sich die beiden – jede Wette!«
Mager nickte: »Und da möchte ich bei sein! Versuch’s doch mal in Roggenkempers Unterbezirksbüro.«
Schon nach dem ersten Durchstellen bekamen sie eine richtige Information: »Herr Roggenkemper ist gerade aus dem Haus. Aber er hat vorher mit Herrn Puth telefoniert …«
Mager griff schon zu seiner Jacke: »Los, Saale. Pack die Klamotten!«
Eine halbe Stunde später bremste der Lada am Anfang des Kiesweges. Ohne abzuschließen, rannten die beiden zu der Villa hinunter. Klingelten, als ob ihnen der Leibhaftige auf den Fersen wäre. Und erst als drinnen schnelle Schritte nahten, fiel Mager siedend heiß ein, dass er absolut nicht wusste, was er der Frau erzählen sollte: Guten Tag, ich will Ihren Mann überführen? So ging’s wohl doch nicht …
»Guten Tag. Sie wünschen?«
Sie stellten sich vor und sagten, dass sie den Herrn Gemahl sprechen wollten.
»Ach, das tut mir leid. Gerade, das heißt natürlich: vor einer halben Stunde sind die beiden losgezogen …«
Mager kam es überhaupt nicht in den Sinn zu fragen, wer der zweite Mann war. Das konnte nur einer sein.
»Es ist wirklich sehr dringend. Können Sie uns verraten, wohin?«
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»Ist doch immer noch schön hier«, schwärmte Roggenkemper und blickte
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