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Das Ekel von Säffle

Das Ekel von Säffle

Titel: Das Ekel von Säffle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maj Sjöwall;Per Wahlöö
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Gasmaske erbrochen hatte und meine eigene Scheiße zu fressen, um keine Spuren zu hinterlassen. «
    »Was hatte Nyman für einen Dienstgrad?«
    »Er war Sergeant. Vieles, was er lehrte, kann man nicht theoretisch lernen. Zum Beispiel, wie man einen Arm oder ein Bein bricht, wie man einen Kehlkopf zerquetscht oder Augen mit den Daumen herausdrückt. Das muß praktisch ausprobiert werden, an lebenden Geschöpfen. Schweine und Schafe sind dazu geeignet. Wir haben auch verschiedene Sorten von Munition an lebenden Tieren, besonders Schweinen, ausprobiert, und da wurde nicht lange gefackelt und betäubt wie heutzutage.«
    »War das eine normale Ausbildungsphase?«
    »Das weiß ich nicht. Wie meinst du das überhaupt? Kann man so was jemals normal nennen?«
    »Vielleicht nicht.«
    »Aber wenn man sich vorstellt, daß all das aus irgendeinem absurden Grund erforderlich war, so war's jedenfalls nicht notwendig, es mit Stolz und Freude zu tun.«
    »Sicher nicht. Aber das tat Nyman also?«
    »Und ob. Und er brachte diese Kunst vielen jungen Männern bei. Mit Grausamkeit zu prahlen, das Quälen zu genießen. Manche haben dafür eine Veranlagung.«
    »Mit anderen Worten - er war ein Sadist?«
    »Einer von den ganz schlimmen. Er selbst nannte es Härte. Natürliche Härte. Hart zu sein war für einen richtigen Mann das Allerwichtigste. Psychisch und physisch. Er begünstigte stets Kameradenschinderei. Sagte, daß sie zur soldatischen Ausbildung dazugehörte.«
    »Dadurch wird er nicht notwendigerweise zum Sadisten!«
    »Er verriet sich auf viele verschiedene Weisen. Disziplin war für ihn enorm wichtig. Disziplin verlangen ist eine Sache, Strafen erfinden und anwenden, wenn sie übertreten wird, eine andere. Nyman bestrafte jeden Tag einen oder mehrere Männer wegen Bagatellen. Verlorener Knöpfe und solchen Sachen. Und wer erwischt wurde, konnte stets wählen.«
    »Wählen?«
    »Zwischen Meldung oder Schlägen. Meldung bedeutete drei Tage Bau und einen Vermerk in den Papieren. Deswegen wählten die meisten die Schläge.«
    »Was war damit gemeint?«
    »Ich bin einmal darauf reingefallen. Kam an einem Sonnabend abends zu spät in die Unterkunft. Kletterte über den Zaun. Nyman hatte das natürlich spitzgekriegt. Ich hab die Schläge gewählt. Mußte mit Seife in der Schnauze Grundstellung einnehmen, während er mir mit den Fäusten zwei Rippen brach. Dann lud er mich zu Kaffee und Butterkuchen ein und eröffnete mir, daß ich sicher ein harter Kerl werden würde, ein richtiger Soldat.«
    »Und was kam dann?«
    »Sobald der Krieg zu Ende war, stellte ich Antrag auf Entlassung und bekam meine Papiere, die sauber und in Ordnung waren. Dann fuhr ich hierher und wurde Polyp. Und einer der ersten, die ich wiedertraf, war Nyman. Da war er schon överkonstapel bei der Ordnungspolizei.«
    »Und du meinst, er hat auf die gleiche Art als Polizist weitergemacht?«
    »Na, ganz so nicht. Das geht ja wohl kaum. Aber bestimmt hat er sich Hunderte von Übergriffen in unterschiedlicher Form zuschulden kommen lassen. Sowohl gegenüber Untergebenen als auch gegenüber Arrestanten. Ich hab im Laufe der Jahre verschiedenes munkeln gehört.«
    »Er muß doch ab und zu angezeigt worden sein«, meinte Martin Beck nachdenklich.
    »Natürlich. Aber gerade wegen unseres Korpsgeistes existiert sicher keine dieser Anzeigen mehr. Die sind alle im Papierkorb gelandet. Die meisten sind gar nicht weiterverfolgt worden. Deswegen ist hier bei uns wohl nichts zu holen.« Martin Beck hatte eine Idee. »Aber vielleicht beim Ombudsmann.
    Einige, die er wirklich schlecht behandelt hat, müssen sich doch an die Beschwerde und Berufungsstelle gewandt haben.«
    »Auch das war sinnlos. Wie ich Nyman kenne, hat er dafür gesorgt, daß sich immer Untergebene fanden, die auf ihren Eid nahmen, daß er nicht das Geringste getan hatte. Junge Burschen, die die größten Schwierigkeiten bei ihrer täglichen Arbeit bekommen hätten, wenn sie sich geweigert hätten. Und solche, die schon so starr und einseitig festgelegt waren, daß sie es für ihre Pflicht hielten, zu tun, was die Loyalität erforderte. Keiner, der nicht zur Polizei gehört, kann einem Kommissar was anhaben. «
    »Richtig. Aber beim Justizombudsmann werden die Eingaben aufbewahrt, auch wenn nichts veranlaßt worden ist. Sie kommen ins Archiv und können eingesehen werden.«
    »Das ist eine Möglichkeit«, sagte Kollberg langsam. »Gar keine schlechte Idee. Du hast deine hellen Augenblicke.« Er dachte einen Moment

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