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Das Ekel von Säffle

Das Ekel von Säffle

Titel: Das Ekel von Säffle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maj Sjöwall;Per Wahlöö
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»Okay, die Polizei hält zusammen. Das ist ein Grundsatz. Aber gegen wen eigentlich?«
    »Der Tag, an dem jemand diese Frage beantwortet…« Martin Beck sprach den Satz nicht zu Ende und Kollberg ergänzte mit Nachdruck:
    »Den Tag werden weder du noch ich erleben.«
    »Was hat denn das mit Nyman zu tun?«
    »Alles.«
    »Nämlich?«
    »Nyman ist tot und braucht keinen Verteidiger mehr. Der ihn ermordet hat, ist höchstwahrscheinlich geisteskrank, gefährlich sowohl für sich selbst als auch für andere.«
    »Und du glaubst, daß er in Nymans Vergangenheit zu suchen ist?«
    »Ja. Da muß er irgendeine Rolle spielen. Der Vergleich, den du eben ge* zogen hast, war gar nicht so abwegig.«
    »Welcher Vergleich?«
    »Mit Challenor.«
    »Ich kenne die Wahrheit über Challenor nicht«, entgegnete Martin Beck kühl. »Du vielleicht?«
    »Nein, das tut keiner. Aber ich weiß, daß viele Menschen mißhandelt und noch viel mehr zu langen Gefängnisstrafen verurteilt wurden, weil Polizeibeamte vor Gericht falsche Aussagen machten. Ohne daß Vorgesetzte oder Untergebene einschritten.«
    »Die Vorgesetzten aus falscher Loyalität und die Untergebenen aus Angst um ihren Job.«
    »Schlimmer. Viele der Untergebenen glaubten einfach, daß das so seine Richtigkeit hätte. Die hatten nie was anderes gelernt.« Martin Beck stand auf und ging hinüber ans Fenster. »Erzähl jetzt, was du von Nyman weißt und was wir anderen nicht wissen.«
    »Nyman hatte auch so einen Posten, von dem aus er eine große Zahl junger Polizisten kommandieren konnte, im allgemeinen wie es ihm paßte.«
    »Das ist schon lange her«, wandte Martin Beck ein.
    »Aber noch nicht so lange, als daß viele, die heute Dienst tun, den größten Teil ihrer Ausbildung von ihm erhalten haben. Begreifst du, was das bedeutet? Im Laufe der Jahre ist es ihm gelungen, Dutzende von jungen Polizeibeamten zu verderben. Die also von Anfang an eine falsche Einstellung zu ihrem Beruf mit auf den Weg bekamen. Und viele von denen haben ihn bewundert und gehofft, daß sie mal genauso werden könnten wie er. Ebenso schneidig und eigenmächtig. Verstehst du?«
    »Ja«, gab Martin Beck müde zu. »Ich verstehe, was du meinst. Du brauchst es nicht mehrmals wiederzukäuen.« Er drehte sich um und sah Kollberg an. »Aber das soll nicht heißen, daß ich mit dir übereinstimme. Kanntest du Nyman?«
    »Ja.«
    »Hast du unter ihm Dienst getan?«
    »Ja.« Martin Beck kniff die Augenbrauen zusammen. »Wann soll denn das gewesen sein?« fragte er mißtrauisch.
    »Das Ekel aus Säffle«, sagte Kollberg vor sich hin.
    »Was hast du gesagt?«
    »Das Ekel aus Säffle. So wurde er genannt.«
    »Wo?«
    »Beim Militär. Während des Krieges. Vieles, was ich kann, hab ich von Stig Nyman gelernt.«
    »Zum Beispiel?«
    »Das ist eine gute Frage«, murmelte Kollberg abwesend.
    Martin Beck sah ihn forschend an und fragte ganz ruhig: »Was denn, Lennart?«
    »Zum Beispiel, wie man einem lebenden Eber den Sack abschneidet, ohne daß er schreit. Wie man dem gleichen Eber die Beine abschlägt, ohne daß er schreit. Wie man ihm die Augen aussticht. Wie man ihm schließlich den Bauch aufschlitzt und ihm die Haut abzieht, immer noch ohne daß er schreit.« Er gab sich einen Ruck und fuhr fort: »Weißt du, wie man das macht?« Martin Beck schüttelte den Kopf.
    »Ganz einfach. Man schneidet ihm zuerst die Zunge raus.« Kollberg blickte aus dem Fenster hinauf in den kalten blauen Himmel über den Dächern der Häuser auf der anderen Straßenseite.
    »Oh, ich hab noch viel mehr von ihm gelernt. Wie man einem Schaf mit Klavierdraht den Hals abschneidet, bevor es überhaupt zu blöken anfangen kann. Wie man eingeschlossen in einem Kleiderschrank mit einer ausgewachsenen wilden Katze fertig wird. Wie man brüllen muß, wenn man losrennt und mit dem Seitengewehr in den Körper einer Kuh sticht. Und was passiert, wenn man nicht auf die richtige Art und Weise brüllt. Dann muß man den Affen voll Ziegelsteine packen und die Leiter am Ubungsturm raufklettern. Fünfzigmal hoch und fünfzigmal runter. Die Katze durfte man übrigens nicht umbringen, die wurde noch gebraucht. Weißt du, wie man das gemacht hat?«
    »Nein.«
    »Man heftete sie mit dem Dolch an der Wand fest. Durch das Fell durch.«
    »Du warst Fallschirmjäger, nicht wahr?«
    »Ja. Und Nyman war mein Nahkampfausbilder. Unter anderem. Er brachte mir bei, wie man sich begraben in den Innereien frisch geschlachteter Tiere fühlt, aufzuessen, was ich selbst in meine

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