Das Elbmonster (German Edition)
somit ihre Vokabelkrallen schärfen, um die vermeintlichen Gegner in theatralisch ausgetragenen Wortgefechten scheinbar zu zerfleischen. Je spitzer die Zunge und ausgeprägter die Starallüren einzelner Abgeordneter, desto wirkungsvoller ihr gespielter Auftritt à la Westerwelle, Rösler oder Brüderle, die regelrecht Musterexemplare dafür bieten. Das Ganze nennt sich dann hochtrabend Demokratie, und manchmal ergötzen wir uns sogar daran, als hätte der heroische Begriff keinen besseren Inhalt verdient.
Sicher, die vollkommene, lupenreine Volksherrschaft wird es niemals geben.
Wie sollte das auch praktisch funktionieren? Sie bleibt stets pure Theorie (um nicht zu sagen Utopie). Vielmehr kommt es darauf an, den Menschen ein Höchstmaß an Mitbestimmung zu gewähren. Und das ginge sogar! Blickt man nämlich entsprechend kritisch auf die Geschichte und Gegenwart so mancher Staaten und Völker, werden sich schnell qualitative Unterschiede herausstellen, teils sogar von großer Tragweite. Freilich steht Deutschland im internationalen Vergleich aktuell nicht schlecht da. Dessen ungeachtet könnte manches sinnstiftender und daher humaner ablaufen. Die Schweizer praktizieren das anschaulich und ebenso erfolgreich.
Wie stünde es zumindest einmal versuchsweise damit, wenn die obersten „Vertreter des Volkes“ fortan nicht schlechthin ihrem halbseidenen Gewissen gegenüber verantwortlich wären, sondern den Wählern klare Rechenschaft über ihr tatsächliches Wirken geben müssten? Dann würde vielleicht das übliche Politspektakel einem wirklich redlichen Bemühen weichen, parteiübergreifend und daher echt gemeinsam nach wohlerwogenen Lösungen für jeweils anstehende Probleme zu suchen. Und Bürgerbefragungen zu besonders wichtigen Themen?
Ach, was sind das doch für unbedarfte Wunschträume eines naiven Provinzlers!
Mithin wieder stracks zur obigen Parlamentsposse, um jetzt (2001) hautnah dabei zu sein!
Der gute Franz wird sogleich seinen Abweichlern wegen ihrer verwegenen Freveltat den Entzug ihres Listenplatzes ankündigen, was juristisch einer Nötigung gleichkommt. Werden hernach einige Beherzte eventuell Strafanzeige gegen ihren verständnislosen und darum ziemlich erbosten General erheben?
Ist ja auch fast egal, denn der makabre Politzirkus erweist sich inzwischen ohnedies schon reichlich vom privaten Klamauk des Verteidigungsministers überschattet. Beim Barte des Propheten, es sind tolle Kapriolen, Herr Scharping! Oh, wie peinlich!
Nun hetzt abermals eine Treibjagd die andere, und sensationslüsterne Vertreter diverser Boulevardmedien stürmen unaufhaltsam hinterher, denn sie wittern üppige Beute, mit der sie erneut die schier maßlose Neugierde unzähliger Voyeure zu befriedigen suchen.
Diese fresslustigen Topfgucker sind wir: du, ich und Millionen andere! Wir alle schauen doch oft und gerne durchs Schlüsselloch und mögen die Objekte unserer Leidenschaft noch so ordinär sein. Wie sonst könnten voyeuristische Einblicke etwa in die Welt der „Reichen und Schönen“ beinahe täglich unsere Zuneigung gewinnen, obwohl sie als gewollte Spezialität entsprechender Magazine uns mit nichts anderem als oberflächlichen Klatsch und Tratsch überschütten?
Auf nicht viel höherem Niveau halten uns etliche schräge Typen mit ihren absonderlichsten Ergüssen in behelfsmäßig erträglicher Gemütsverfassung. Hierzu zählen solch bunte Vögel wie beispielsweise die ewige Kreischsäge Hella von Sinnen und partiell wohl auch der stets ferkelnde Stefan Raab. Ihnen kann freilich in mancher Hinsicht eine imposante Veranlagung nicht abgesprochen werden, denn Extravaganz reicht bestenfalls, um gezielt aufzufallen, nicht aber für teils große Beliebtheit, was ja mittlerweile insbesondere für den vielseitig begabten Mann mit den auffallend kräftigen und ebenso schönen Zähnen fraglos zutrifft. Er hat anscheinend überaus fleißig gerackert, um sich vom einstigen „Harald-Schmidt-Verschnitt“ oder gar „Rüpel der Nation“, wie er früher manchmal auch bezeichnet wurde, zum weithin anerkannten Fernsehstar emporzuarbeiten.
Als echt widerwärtig empfinde ich dagegen bestimmte Unterhaltungssendungen, die buchstäblich im Sumpf menschlicher Abgründe wühlen (Big Brother, Girlscamp, House of Love und eine Reihe ähnlicher Abscheulichkeiten). Wesentlich trivialer dürfte es kaum noch gehen.
Doch auch hier hat der Schwachsinn Methode: Wenn es derlei nicht schon reichlich gebe, müsste man es eigens
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