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Das Elbmonster (German Edition)

Das Elbmonster (German Edition)

Titel: Das Elbmonster (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerner, Károly
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verheißungsvollen Angebot vermag der überaus hold Umworbene nicht länger zu widerstehen, und er will es auch gar nicht.
    Erwartungsgemäß greift er hastig zu einem alten, stark lädierten Rucksack, in dem sich zwölf (!) Gegenstände befinden, die ihrer Bestimmung nach gleichartig sind, jedoch in der Form- und Farbgebung sich voneinander unterscheiden.
    Ein paar Utensilien gehören ebenfalls zu seiner Ausrüstung. Und nun geht er bestens gewappnet mit flottem Schritt zu seiner reizenden Partnerin. Kein anderer wird jemals begreifen, was sich kurz darauf zwischen beiden abspielt.
    Erahnen wir es vielleicht schon, zumindest schemenhaft? Bildet sich in unseren Gedanken allmählich die Silhouette vom potenziellen Kern des rätselhaften Geschehens, obgleich anscheinend immer noch recht nebulös?
    Was verbirgt sich wirklich hinter seinen rituellen Handlungen, die er mit unerhörter Hingabe und strenger Regelmäßigkeit vollführt?
    Gegebenenfalls übersteigt manches davon vorerst noch unser normales Vorstellungsvermögen. Und sollten wir es dennoch bald annähernd erfassen, so wird uns augenblicklich jedweder Silberstreif am Horizont entfliehen, weil es danach keinerlei Hoffen auf einen positiven Ausgang von alledem mehr geben kann, womit Abel seit Langem aufs Engste verbunden war und wohl auch künftig bleiben dürfte.
    Ist er womöglich obendrein auch noch vom Leibhaftigen besessen, ergo dem berüchtigten Satanskult verfallen, der zuweilen auch Menschenopfer fordert?
     
     
    Die Zeit: Ende August und das erste Dutzend Tage im September 2001.
     
    „Verdammt, da ist es wieder, das verhasste Gespenst, welches sich stolz Gewissen nennt und hierzulande allenthalben Furcht und Schrecken verbreitet, besonders in den Parlamenten! Es mag ja noch halbwegs angehen, dass es bisweilen in Gestalt eines unbelehrbaren Moralapostels irgendwo im gewöhnlichen Leben fordernd auftritt. Dagegen ist eigentlich nichts Ernsthaftes einzuwenden. Im Grunde genommen wäre das sogar wünschenswert, um gewisse Leute besser im Zaum zu halten.
    Aber Himmel, Kreuz und Donnerwetter, was sucht es denn gerade im Deutschen Bundestag? Hat es sich denn mittlerweile vollkommen verirrt? Nicht zu fassen! Wo kämen wir denn hin, wenn dieser schnöde Bazillus, der eigens für das gemeine Volk gezeugt wurde, sich nun auch noch in manchen Köpfen von Abgeordneten fest einnistete und sie deshalb womöglich ihre moralischen Wehwehchen nach eigenem Gutdünken offen zur Schau trügen? Hier geht es doch ausschließlich um Macht und nicht um abstrakte ethische Werte oder dadurch verursachte nebulöse Schuldgefühle.
    Demzufolge werde ich, Franz Müntefering, kraft meines Amtes als Generalsekretär der SPD unverzüglich dafür sorgen, dass die Abtrünnigen konsequent zur Rechenschaft gezogen werden. Einer festen Rückendeckung durch den Kanzler (Schröder) bin ich mir dabei absolut sicher. Wie viele waren es soeben von unserer Fraktion, die den Mazedonieneinsatz der Bundeswehr aus fadenscheinigen Gewissensgründen nicht zustimmten?
    Was, neunzehn, einundzwanzig gar? Unglaublich, da muss postwendend etwas getan werden! Sicher, es ist das verfassungsmäßig verbriefte Recht eines jeden Parlamentariers, bei der Wahl zwischen verschiedenen Möglichkeiten allein seinem Gewissen zu folgen, also zwischen Gut und Böse zu unterscheiden und entsprechend zu handeln. Das sollte für den Normalbürger auch durchweg gelten, eine Art geistige Richtschnur des sittlichen Verhaltens sein. Mich hingegen interessiert bei wichtigen Entscheidungen nicht das Grundgesetz, sondern in erster Linie die Parteidisziplin, sprich der Fraktionszwang. Anders lässt sich unser erklärter Herrschaftsanspruch auf längere Dauer nicht sichern. Das ist die Wahrheit. Ergo machen wir sofort Schluss mit Bruder Lustig, Punktum!“
     
    So oder ähnlich muss sich das betreffende Ereignis zu jener Stunde im heiß gelaufenen gedanklichen Räderwerk des besorgten Parteigenerals abgespielt haben, und wir waren teilweise Zeuge seiner empörten Fassungslosigkeit.
    Längst Geschichte? Schön wär’s!
    Am Ende gilt: Man entgeht wohl der Strafe, aber nicht dem Gewissen, falls wir dies überhaupt persönlich verinnerlicht haben und ihm nicht ständig wie einem Phantom nachjagen, weil wir es aus eigener Erfahrung unzureichend kennen.
    Im harten Politgeschäft wird es ohnehin nur äußerst selten anzutreffen sein. Da ist eher zu beobachten, dass sich nicht wenige der „Erlauchten“ unentwegt in Rhetorik üben und

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