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Das elektronische Glück

Titel: Das elektronische Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dieverse Autoren
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einer Landzunge, rechts verlor er sich in der blau schimmernden Ferne, und in all dieser Weite sah man keine Spur von einem Menschen. Als wären sie beide aus der Zeit gefallen. Als hätten sie den Kreis der täglichen Pflichten durchbrochen.
     Bei dem Gedanken, daß dieser ganze Strand, dieses ganze Meer ihnen gehörte und sie selbst auch nur einander gehörten, erbebte er.
     »Ich pack' gleich die Badesachen aus.«
     Er beugte sich über den Rucksack.
     »Wozu?« fragte Renata. »Wozu?«
     Er lachte. Wirklich, wozu? Sie hatte noch vor ihm begriffen, daß es ihr Strand war.
     Er sah zu, wie Renata sich auszog, wie sich ihre Schultern, der Rücken, die Brust enthüllten, und er fühlte plötzlich übergroße, überwältigende Zärtlichkeit. Die ebenmäßige Linie ihres Körpers war ein Wunder, auch die Natürlichkeit der Bewegungen, mit denen sie sich offenbarte, die sonnengebräunten Hände, die sanfte Wölbung ihrer Schenkel, die das letzte Kleidungsstück abschüttelten, und ihr zerstreutes Lächeln – alles war wundervoll.
     Auch er streifte seine Sachen ab, und die Berührung des seidenweichen Sandes mit den bloßen Füßen erregte ihn wie eine Erinnerung an die Kindheit.
     Einige Meter ungestüm gekrault – andernfalls würden Lebensfreude und Energie ihn zerreißen –, und er konnte sich beruhigen, konnte zusehen, wie der Widerschein der gekräuselten Wasseroberfläche sich in Strahlen flüssigen Goldes über den Sandgrund ergoß. Oder er konnte sich auf den Rücken drehen, mit zurückgeworfenem Kopf so im salzigen Meeresbett liegen, daß er nur Sonne und Himmel sah.
     Doch selbst da spürte er die Nähe des Mädchens. Ein magischer Kreis schien um sie gezogen, hinderte ihn, sich ihr zu nähern. In dieser Welt konnte durch ein falsches Wort, eine einzige ungeschickte Bewegung etwas anders werden, zerbrechen. Oder, im Gegenteil, sich in höchste Glückseligkeit verwandeln, wenn alles natürlich blieb.
     Ein Vogel, weiß wie Meersalz, schoß im Gleitflug über ihn hin.
     Und Satty begann grundlos zu lachen. Er stellte sich vor, wie er hier mit Renata leben würde, wie das Abendessen überm Feuer kochen, die Nacht sie zudecken, der Kiefernwald hinterm Zeltvorhang rauschen, wie morgens über der blauen Wasserebene die Sonne aufgehen und wie das alles lange, lange dauern würde – so lange, wie sie es nur wünschten.
     Renata stand ein wenig entfernt, flüchtige Lichtreflexe glitten über ihr Gesicht. Er tauchte, und als er schon keinen Atem mehr hatte, berührten seine gespreizten Finger endlich etwas Glattes, Biegsames, Davonstrebendes, und er stieß sich nach oben, den starken, schweren, sich wehrenden Mädchenkörper umzuwerfen. Plantschen, Spritzer, Sonne, ein entrüsteter Aufschrei, die nahen, lachenden Lippen – und ein neuer Sprung in die Tiefe und alles von vorn: die blendenden Spritzer in den Augen, das Lachen des Mädchens, Verwirrung und ein Regenbogen, der in der Sonne funkelte.
     Satty umarmte Renata, merkte einen Augenblick lang den Widerstand ihrer Arme, der unverhofft aufhörte, und das Mädchen, groß, schlank und warm, wurde auf einmal klein und zutraulich und schmiegte sich an ihn, den Kopf im Nacken, den Mund halb geöffnet. Und alles verschwamm vor seinen Augen, nichts blieb außer der Kühle des Meeres, den ineinanderfließenden Umarmungen, dem zurückgebogenen Gesicht, das froh war und rätselhaft, nah und vertraut – und das wartete.
     Im selben Moment ließen sie voneinander. Alles rückte an seinen Platz: der mittägliche Strand, der Duft der Kiefernnadeln und der Geruch des Meeres, die Wassertropfen in Renatas Haar.
     Sie wateten ans Ufer, ließen sich von den heißen Strahlen trocknen. Dann gingen sie still den Saum der Brandung entlang.
     Sie bedurften keiner Worte mehr. Nicht nur, was sie taten, sondern auch ihre Wünsche, die Gedanken verschmolzen jetzt so sehr, daß die Seligkeit unendlich wurde. Er schritt neben Renata, betrachtete die ihn rührenden Abdrücke ihrer Füße im Sand und fiel, für ihn selbst überraschend, auf die Knie, küßte diese Spur. Renata blieb stehen, schloß die Augen, grub die Finger in seinen Schopf und zog leicht daran. Er blickte zu ihr auf, zu diesem achtzehnjährigen klugen Kind, und sein Herz klopfte so heftig, daß er sich eilig erhob, ihre Wange mit der Hand berührte und weiterlief.
     Auch früher hatte er gewußt, daß sie schön war, doch das war jetzt ohne Bedeutung. Auch früher hatte ihm ihr gewandter, frischer Körper

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