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Das elektronische Glück

Titel: Das elektronische Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dieverse Autoren
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Rücken…
     Er war keine vierzig, würde noch viele solche Tage erleben.

    Satty Tovious saß, die Hände auf die Knie gestützt, und beantwortete einsilbig die Fragen des Professors. »Wie fühlen Sie sich?«
     »Gut, danke.«
     »Sie wissen, daß man Sie aus dem Jenseits zurückgeholt hat?«
     »Ja, danke.«
     »Und, wie sieht es aus?« Der Professor wagte einen Scherz.
     Der Kopf des Patienten zuckte schwach, am mageren Hals spannten sich die Sehnen.
     »Bin ich gesund, Herr Professor?« Satty Tovious antwortete, ohne die Augen zu heben, mit einer Gegenfrage.
     »O ja. Das heißt, natürlich ging diese Erschütterung nicht spurlos an Ihrem Organismus vorüber. Mäßigung und noch einmal Mäßigung! Nicht aufregen, nicht trinken, viel an die frische Luft. Und keinerlei Schlafmittel. Kei-ner-lei! Nach so einer Vergiftung wären für Sie schon zwei Pectalan tödlich. Doch ich hoffe, Sie beabsichtigen nicht, das Experiment zu wiederholen.«
     Diesmal verzog sich das Gesicht des Patienten zu einem Lächeln, und der Professor verlor die Fassung. Unter der pergamentenen Haut schien nichts zu sein als Knochen:
     »Ich war ein Dummkopf, Professor. Ja natürlich, ein Dummkopf.«
     »Na, ausgezeichnet!« Der Professor zeigte lärmende Freude. Er wollte dieses Gespräch jetzt schnell beenden. »Dann wünsche ich Ihnen das Allerbeste im neuen Leben.«
     Er erhob sich. Auch Satty Tovious stand auf, sah dabei starr auf seine Füße.
     »Hören Sie, Professor…«
     »Ja?«
     »Könnten Sie nicht… Dieses Band mit den Bioströmen, oder was das' ist… Ich meine die Aufzeichnungen… jenes Lebens, könnten Sie mir die nicht zur Nutzung überlassen?«
     Der Professor schüttelte den Kopf. »Das ist unmöglich.«
     »Aber…warum?«
     »Erstens braucht man dazu eine spezielle Apparatur, sie kostet Hunderttausende. Zweitens strenge ärztliche Kontrolle. Drittens – verstehen Sie, das ist die Hauptsache – kann man kein künstliches Leben leben.«
     »Warum?«
     »Weil… Aber das liegt doch auf der Hand. Übrigens sind auch die ersten beiden Gründe hinreichend.«
    »Klar…«
     Satty Tovious verbeugte sich linkisch, wobei sein Kopf gegen die Schulter fiel, und wandte sich zum Ausgang. Teufel, selbst sein Anzug wirkte wie er: schlaff, fade, trostlos.
     Der Professor trat ans Fenster: Durch die Alleen des Krankenhausparks schleppte sich jener Mann, den er gerettet hatte. Ja, ja, er hatte ihn aus dem Nichts zurückgeholt, indem er ihm ein künstliches Glück gab und seinen Lebenswillen wachrüttelte. Die Methode hatte sich bewährt, sie würde noch viele Menschen retten, und ihn, der sie entwickelt hatte, erwartete der Ruhm. Alles war herrlich an diesem sonnigen Morgen.
     Erstaunt bemerkte der Professor, daß in seiner Hand eine brennende Zigarette steckte. Er sah in die Schachtel – tatsächlich, sie war halb leer.

    Der Professor kam zu spät. Als er die Treppe hinaufstieg, empfing ihn der Diensthabende Arzt und meldete im gewohnten Stenogrammstil: »Satty Tovious, wiederholter Suizidversuch. Die üblichen Maßnahmen, Zustand bedenklich, doch die unmittelbare Gefahr ist vorüber.«
     »Ist er bei Bewußtsein? Kann er sprechen?«
     »Ja.«
     Der Professor stürzte so schnell zum Krankenzimmer, daß die Schöße seines Kittels hinter ihm herflatterten wie die Flügel eines Erzengels. Drinnen erhellte die Nachtlampe spärlich Satty Tovious' spitzes, wächsernes Gesicht.
     »Warum… weshalb haben Sie das getan?«
     »Ich wollte… daß sich der Strand wiederholt.«
     Die röchelnde Stimme schien aus zerrissenen Lungen zu kommen.
     »O Gott! Aber warum?«
     »Ich habe… so etwas… nie erlebt… Nichts dergleichen.«
     Du wirst es auch nie erleben, dachte der Professor und starrte stumpf auf die klägliche Karikatur von einem Menschen, die Satty Tovious hieß.

Olga Larionowa

    Der Überläufer

    Es war schon nach fünf. Astor ging den leeren Institutskorridor entlang, und in dem Maße, in dem die gläsernen Türen der Labors und Werkstätten hinter ihm zurückblieben, schwanden die gewohnten Tagesgedanken, trat alles in den Hintergrund, was ihn zu einem Physiker wie viele machte. Zwanzig Schritte waren noch zu gehen, dann die traditionellen Vestibülstufen hinab, die Kiefernallee entlang, schließlich würde er sein Haus betreten, fünf Minuten Fußweg vom Institut entfernt und zwanzig Flugminuten vom Studio des Schriftstellerverbandes.
     Zu Hause angelangt, würde er ganz aufgehört haben,

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