Das Elfenlicht von Arwarah (German Edition)
begleitete, plötzlich zischend auf sie zukam. Zitternd und vor Angst halb gelähmt, verpasste Lilly den Moment, in dem sie dem schlängelnden Tier noch hätte ausweichen können. Nun sah sie sich von sieben angriffslustigen Köpfen umringt. Mit weit aufgerissenen Augen starrte das Mädchen auf die verwirrte Schlange, die sie wohl witterte, aber nicht sah. Da schreckte diese auf einmal zurück, weil etwas Schweres ihren empfindlichen Schwanz getroffen hatte. Und noch einmal! Wütend fauchte das Monster auf, schnellte herum und Farzanah wurde aufmerksam. Sie kam herüber und sprach beruhigend auf das Tier ein. Dann fasste sie es am Halsband und zog es mit sich zur Tafel.
„Alles klar so weit! Es tut mir leid!“, hörte Lilly Tills Stimme neben sich wispern. Glücklicherweise war es ihm Rittersaal recht laut und die Tische standen weit genug vom Kamin entfernt, sodass niemand sie hören konnte.
„Du heiliger Bimbam! Bist du ihr etwa auf den Schwanz gesprungen?“
„Ja! Und zwar mit Anlauf! Was sonst hätte ich tun können? Sie hat dich gewittert. Ist ein schlaues Vieh!“
„Danke sehr! Aber wo warst du denn eigentlich? Ich hab‘ mir vor Angst fast in die Hose gemacht!“ Lillys Stimme klang ärgerlich.
„War 'ne dumme Idee, ich weiß. Ich bin noch mal raus zum Wagen und wollte mir so ein Pulverhorn holen. Man weiß ja nie, wozu man es brauchen kann. Als ich zurückkam, da wart ihr schon weg! Ich bin wie verrückt hinter euch her, muss aber falsch abgebogen sein. Ich irrte herum und auf einmal, ich hatte es schon fast aufgegeben, stand ich vor dem Saal. Ich habe Farzanah gesehen und bin mit ihr hereingekommen. Mich hätte die Schlange auch schon beinahe erwischt!“
Vorerst blieb den beiden nichts anderes übrig, als still zu verharren und die Gesellschaft zu beobachten. Farzanah hatte ihr Glas erhoben und hielt eine feurige Rede in der Elfensprache. Lilly und Till strengten sich an, den Inhalt der Rede wenigstens zu erraten, aber das war vollkommen unmöglich. Niemand hatte von dem Zwischenfall mit der Schlange Notiz genommen und da Farzanah sie noch immer am Halsband hielt, waren die beiden momentan nicht in Gefahr, aber sie sahen, dass das schlaue Tier den Kamin nicht aus den Augen ließ.
„Wenn die nicht bald fertig werden, dann sitzen wir um Mitternacht immer noch hier, oder das Biest hat uns verschlungen. Sieh nur, wie die fünf Köpfe dauernd herüberschauen und züngeln, während die anderen von Farzanah gestreichelt und gefüttert werden! Das ist so eklig, aber irgendwie auch cool!“
„Wenn ich nur einen Blick auf die Uhr werfen könnte! Ich fühle sie, aber ich sehe sie nicht. Hast du die Schatulle bereit?“
„Ja, aber du willst doch das Licht nicht vor allen Augen stehlen?“
„Hast du eine bessere Idee? Wir warten noch, bis sie richtig betrunken sind, dann schnappen wir es und sind weg!“
„Hm …“
„Was denn? Die saufen doch wie die Löcher! Und sieh nur in ihre Gesichter! Nichts als die pure Bosheit. Das kommt mit Sicherheit von dem Licht!“
Runde um Runde kreisten die Becher, Trinkspruch folgte auf Trinkspruch und schließlich sank mancher Kopf auf die Brust. Endlich erhob sich Farzanah und verließ den Saal.
„Gott sei Dank, sie nimmt das Vieh mit!“, jubelte Lilly. „Sieh nur, wie es sich noch mal nach uns umdreht. Die Schlange weiß genau, dass wir hier sind! Pech für sie!“
Sie warteten noch ein Weile, dann sagte Till: „Ich finde, wir sollten es jetzt tun. Die Kerzen sind heruntergebrannt und das Feuer im Kamin auch. Wenn die Diener nachlegen, dann ist die Chance vorbei.“
„Okay! Wir machen es so: Ich nehme die geöffnete Schatulle in die Hand und du hebst mich hoch, sodass ich an das Licht herankomme. Ich schnappe es mir, schließe die Schatulle und wir rennen zum Dienstbotenausgang. Der ist der einzige, der offensteht. Danach laufen wir über die Wendeltreppe in die Küche und hinaus. Dann sehen wir weiter!“
„Gut! Pass auf, dass du nichts umstößt oder sonst irgendwie Krach machst“, sagte Till überflüssigerweise, denn das Tohuwabohu der Betrunkenen würde jedes Geräusch übertönen.
Vorsichtig nahm Lilly die Schatulle aus dem Rucksack und schulterte ihn sogleich wieder, damit er unsichtbar blieb. Dann tastete sie nach Till, der sie so weit wie möglich nach oben hob. Ein letzter Blick in die Runde, aber von den Anwesenden nahm keiner Notiz von dem Licht. Flink steckte Lilly es in das Kästchen und ließ den Deckel zuschnappen. So weit war es
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