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Das Elfenportal

Titel: Das Elfenportal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbie Brennan
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durch die Wildmoor Broads sehen, und als Blue beim Haupttor ankam, fiel ihr auf, dass sich die Temperatur hier fast subtropisch anfühlte. Zu ihrer Überraschung standen die Tore sperrangelweit offen.
    Kitterick schien ebenfalls überrascht. »Immer herein in die gute Stube…«, murmelte er.
    Es war am späten Vormittag des Tages nach dem Streit mit ihrem Vater. Sie hatte sich Kitterick noch einmal von Madame Cardui ausgeliehen, und nun saßen sie Seite an Seite in einem nicht gekennzeichneten Palast-Ouklou, der perfekt für die Broads war, weil er sie über die wuchernden Dornenranken hinwegtragen konnte. Jetzt schwebte er sanft Chalkhills makellose Auffahrt entlang, so dass sie Zeit hatten, die gepflegten Rasenflächen und jasminduftenden Hecken zu bewundern. Als das Landhaus in Sicht kam, sprang Blue ein gewaltiges Blumenbeet ins Auge, auf dem dicht gepflanzte rosafarbene und weiße Rosen in geschwungener, schnörkeliger Schrift das Wort Jasper bildeten.
    »Muss sein Vorname sein«, murmelte Blue. Ihre Miene drückte Missfallen über diese Stillosigkeit aus.
    »Ich glaube, das stimmt, Durchlaucht«, bestätigte Kitterick.
    »Sie müssen aufhören, mich ›Durchlaucht‹ zu nennen, Kitterick. Chalkhill darf auf keinen Fall merken, wer ich bin.«
    Kitterick nickte. »Selbstverständlich, Durchlaucht. Wie soll ich Euch dann nennen?«
    Sie hatte wieder die Sachen an, in denen sie ihrem Vater zufolge wie ein Junge aussah. Nach einem Augenblick des Nachdenkens sagte sie: »Sluce. Sie sollen mich Sluce nennen.«
    »Sluce, Durchlaucht?« Kitterick zog missfällig die Nase kraus. »Klingt ein wenig nach… Kaufmannsmilieu, oder nicht?«
    »Er soll uns ja auch für Fliegende Händler halten«, sagte Blue bestimmt. Ihre Tarngeschichte lautete, dass sie Chalkhill einen Besuch abstatteten, um ihm eine neue Anti-Falten-Creme vorzustellen, die doch tatsächlich den Alterungsprozess umkehrte, so dass die reifere Haut wieder zart wie ein Babypopo wurde. Madame Cardui behauptete, das wäre genau die Sorte Unsinn, auf die Chalkhill ganz bestimmt hereinfallen würde. »Ist alles vorbereitet?«, fragte Holly Blue den orangefarbenen Zwerg.
    »Selbstverständlich… Mr. Sluce«, bestätigte Kitterick und schnaubte missbilligend. »Wir können jederzeit loslegen.« Er klopfte auf seine Aktentasche und schaute geheimnisvoll zum Himmel hinauf.
    Der Ouklou erreichte den Hof und senkte sich sanft auf den Schotter der Auffahrt hinab. Holly Blue und Kitterick stiegen vornehm aus. In Sichtweite der Fenster waren mehrere Gärtner beschäftigt, aber sie ignorierten die Besucher völlig.
    Die Villa war ein einziger Stilbruch. Der Hauptteil sah aus wie ein kleineres Herrenhaus und wäre absolut akzeptabel gewesen, hätte er allein gestanden. Aber jemand hatte ihn um zwei riesige Barockflügel erweitert und gotische Türme hinzugefügt, die mit etwas Glasartigem verkleidet waren, das in der Sonne funkelte. Ein zusätzliches Stockwerk – das eindeutig erst in den letzten paar Jahren erbaut worden war – hockte obendrauf wie ein monströser Kaffeewärmer. Sämtliche Außenfassaden, die nicht funkelten, waren in einem einheitlichen Rosa gehalten, die Fensterrahmen waren in zartem Himmelblau lackiert und die Scheiben mit einem Flüssigzauber besprüht, der die Illusion tanzender Putten hervorrief.
    »Ein wenig… heftig für meinen Geschmack«, bemerkte Kitterick.
    »Pst!«, machte Blue. »Drinnen sieht es bestimmt besser aus.«
    Kitterick verzog das Gesicht.
    Zwei gewaltige Mantikoren aus Bergkristall bewachten die Eingangsstufen. Sie waren ebenfalls verzaubert worden, denn sie wandten die Köpfe und sahen zu, wie Blue und Kitterick näher kamen. Blue hielt größtmöglichen Abstand, aber sie machten keine Anstalten, ihnen den Weg zu versperren. Blue betätigte den Klingelzug an der grell rosafarbenen Eingangstür und wurde mit dem kurzen Anschwellen der Musik eines Phantomorchesters irgendwo tief im Inneren des Hauses belohnt. Die Geldsumme, die Chalkhill in Zaubereien und andere Überflüssigkeiten investiert haben musste, war wirklich beachtlich.
    Sie warteten. Hinter ihnen bewegten sich die Kristallmantikoren langsam wieder in ihre Anfangspositionen zurück.
    Die Tür schwang auf und Blue verschlug es den Atem: Sie sah nichts als einen Schopf üppiger brauner Locken und tiefe, dunkle, seelenvolle Augen. Der Junge war groß. Er war dunkelhäutig. Er war schön. Tatsächlich war er der schönste junge Mann, den Holly Blue je gesehen hatte. Er trug

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