Das Elfenportal
Haufen Ärger. Aisling, die nicht glaubte, dass ihre Eltern sich trennen würden, die nicht glaubte, dass irgendetwas je ihre kleine heile Welt stören würde, hatte auf einmal beschlossen zu glauben, dass Henry überzeugt war, einen Elfen gerettet zu haben. Vielleicht wollte sie auch nur Stimmung machen.
»Wir machen uns Sorgen wegen dieser Elfengeschichte«, sagte sein Vater unvermittelt nach dem Abendessen.
Henry sah seine Eltern an. »Wegen welcher Elfengeschichte?«
»Mit Mr Fogarty«, sagte seine Mutter ernst.
Aisling hatte es ihnen erzählt! Diese blöde Kuh hatte es ihnen erzählt! Er hatte sich gar nicht vorstellen können, dass sie es ernst nehmen würde, doch nicht, wo er einen Witz daraus gemacht hatte. Wahrscheinlich hatte sie es ihm nicht eine Minute lang abgenommen. Aber erzählt hatte sie es ihren Eltern trotzdem.
Henry zuckte die Achseln. »Da gibt’s nicht viel drüber zu sagen.«
»Ich denke schon«, sagte sein Vater. Er lächelte. »Ich meine, ich kann mir nicht vorstellen, warum ein intelligenter Junge wie du auf einmal an Elfen glauben sollte.« Das Lächeln verschwand. »Aber ich habe ein paar Erkundigungen eingezogen und weiß jetzt doch so einiges über deinen Mr Fogarty. Sein Lebenslauf lässt ehrlich gesagt eine Menge zu wünschen übrig. Er glaubt an Elfen, nicht wahr? Und an eine Invasion kleiner grüner Männchen? Und an einen jüdischen Geheimplan zur Übernahme der Weltherrschaft?«
»Von jüdisch hat er nie was – «, versuchte Henry dazwischenzukommen.
Aber sein Vater hörte gar nicht zu. »Es gibt einen Namen dafür«, sagte er. »Ich bin mir nicht sicher, ob du ihn kennst, Henry. Paranoia. Das heißt Verfolgungswahn.«
Henry kannte das Wort Paranoia schon lange. Er wusste auch, dass Mr Fogarty paranoid war. Aber gerade darum war er ja so interessant. Und das machte noch lange keinen Hannibal Lecter aus ihm. Er erzählte einen Haufen Mist und er war ein zäher alter Brocken, aber Henry mochte ihn. »Papa, ich – «
»Die Sache ist die, mein Guter«, sagte sein Vater ernst, »nur weil Mr Fogarty an fliegende Untertassen glaubt, heißt das noch lange nicht, dass du auch daran glauben musst. Und nur weil er ein Antisemit ist – «
»Papa, er ist kein Antisemit.« Er konnte nur die Schweizer nicht ausstehen, soweit Henry das beurteilen konnte. Schweizer waren doch keine Juden, oder? Henry nahm an, dass die meisten Protestanten waren.
»– und nur weil er an Elfen glaubt, heißt das noch lange nicht, dass du deine Zeit damit verschwenden solltest, irgendwelchen Mondstrahlen hinterherzujagen.«
»Papa, ich hab das mit dem Elfen gesagt, weil ich Aisling ärgern wollte.«
»Das hab ich mir schon gedacht«, sagte seine Mutter. »Aber das ändert ja wohl überhaupt nichts. Mr Fogarty kann wohl kaum als angemessener…« Sie zögerte. »… Umgang für dich bezeichnet werden, oder, Henry?«
»Mama, ich räum bloß das Haus ein bisschen für ihn auf«, versuchte Henry das Ganze herunterzuspielen.
»Deine Schwester scheint zu denken, dass es mehr als das sein könnte«, sagte seine Mutter.
»Mama, Aisling kennt Mr Fogarty doch gar nicht. Und selbst wenn, ist sie nicht gerade – «
»Aber du musst zugeben, mit einem hat sie Recht«, schnitt ihm seine Mutter das Wort ab.
»Und womit?«, fragte Henry.
Martha Atherton schnaubte. »Ein älterer Mann… und ein junger Mann, der leicht zu beeindrucken ist. Du bist kein Kind mehr, Henry.«
»Zuerst mal ist Mr Fogarty kein ›älterer‹ Mann. Er ist alt. Richtig alt, fünfundsiebzig oder achtzig oder so. Der interessiert sich nicht mehr für Sex.«
»Wer hat denn etwas von Sex gesagt?«, fragte seine Mutter. »Ich hab nichts von Sex gesagt.«
Es war einer ihrer Tricks, aber Henry hatte nicht vor, sie damit durchkommen zu lassen. »Aber du hast es gemeint, Mama, stimmt’s? Du hast dir Sorgen gemacht, Mr Fogarty und ich wären… wären – « Er konnte es nicht einmal aussprechen.
»Du musst zugeben, dass es möglich wäre. Du musst – «
Diesmal schnitt Henry ihr das Wort ab. »Es wäre nicht möglich, Mama. Ich interessiere mich nicht für alte Männer – ich interessiere mich für Mädchen!«
Henrys Mutter sagte kühl zu ihrem Sohn: »Wusstest du, dass dein toller Mr Fogarty ein hübsches Strafregister hat?«
Oben in seinem Zimmer starrte Henry lange nach dem Streit sein fliegendes Schwein an und fragte sich, was mit seinem Leben bloß gerade schief gegangen war. Er drehte den Griff, und das Schwein hob sauber
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