Das elfte Gebot
„Übrigens, ich bin schon dabei, den Bericht darüber zu schreiben. Ich hoffe, Sie haben alles genau aufgezeichnet. Einige Einzelheiten sind mir möglicherweise entfallen. Ich sollte besser daran tun, alles in den Bericht über meine Forschungsarbeit hier aufzunehmen, oder meinen Sie nicht?“ Er machte eine Pause, in der er Boyd mit einem scharfen Blick zu durchbohren schien. „Selbstverständlich, mein Sohn, beabsichtige ich, Ihren Namen im Hinblick auf die Überlassung Ihres Instruments sowie Ihrer unschätzbaren tätigen Mitwirkung ehrenvoll zu erwähnen. Sie verdienen für all Ihre Hilfe nachdrücklich großen Dank – innerhalb jener Grenzen, wo einem Laien biologische Forschungen nicht untersagt sind.“
Das war reine Erpressung. Boyd hatte nicht die geringste Ahnung, ob und inwieweit biologische Forschungstätigkeit verboten war – und er hütete sich vor der Versuchung, es genauer zu erfahren, da es ihm nur Schwierigkeiten bringen konnte. Er unterwarf sich und hielt den Schein aufrecht, als ob sein Plan schon immer der des Priesters gewesen wäre. Es hatte wenig Sinn, einen unnötigen Eiertanz aufzuführen. Also sprach er ruhig: „Vielen Dank, Vater. Ich glaube, mit etwas Nachschub könnte ich das Problem durchaus noch vor Arbeitsschluß gelöst haben.“
„Sehr gut, mein Sohn. Sie sollen alles haben, was Sie brauchen.“ Mit einem liebevollen Schultertätscheln und vergnügtem Kichern verabschiedete sich der Alte.
Er hielt Wort. Wenig später erschien Ellen mit dem gewünschten Nachschub sowie der Weisung, nur ihm zu helfen und alle ihre sonstigen Pflichten zu vergessen. Als sie Boyds Schilderung der jetzigen Lage hörte, stampfte sie empört mit dem Fuß auf.
„Hab’ ich’s Ihnen nicht gleich gesagt, daß man Priestern nicht trauen darf?“ regte sie sich auf. „Sehen Sie es jetzt nicht selbst? Sie stehlen Ihnen alles.“
Nur Firculo schien über die Entdeckung von Boyds geheimer Tätigkeit erfreut zu sein. Von seinem Standpunkt aus war es egal, wie die Arbeit vorankam. Pettys offizielle Sanktionierung machte die ganze Geschichte für ihn wesentlich erfreulicher, was Boyd dem Mann nicht einmal verübeln konnte. Und während er fortfuhr, das winzige Bündel von Kettenteilen zu manipulieren, vergaß er darüber fast, daß seine gesamten Pläne eigentlich zu nichts zerronnen waren. Vorher hatte er bloß von anderen bereits durchgeführte Experimente nachvollzogen; jetzt war er auf sich selbst gestellt.
Plötzlich war endlich der Fehler beseitigt, und die winzige tiefgefrorene kleine Zelle war vollendet. Er trug die dünne Platte zum Wärmeofen hinüber und legte sie danach in eine Nährlösung. Aufgeregt, als hätte er persönlich die Arbeit ausgeführt, kam Petty herangeeilt, um das Ergebnis zu besichtigen.
„Einen endgültigen Schlußbericht können wir natürlich nicht eher einreichen, bevor wir nicht eine Woche lang überprüft haben, ob alles stimmt“, bemerkte der über die Nährlösung gebeugte Alte. Mochte er auch ein Räuber sein, von seinem erlernten Fach verstand er jedenfalls etwas. „Wer sagt es denn, Boyd – unsere Zelle funktioniert prächtig. Sie vermehrt sich unaufhörlich, und stabil scheint sie auch zu sein. Eine sichere Hand haben Sie für solche Arbeiten – eine gute Hand. Früher hatte ich auch eine gute Hand. Aber wir Studenten mußten meistens büffeln. Gelegenheit zu Versuchen gab es kaum.“
Am nächsten Morgen stand das Ergebnis zwar fest, aber zur Absicherung waren noch ständige Beobachtungen nötig. Der Hefepilz vermehrte sich reinrassig und behielt seine phantastische Fähigkeit bei, aus Pflanzenabfall hochprozentigen Alkohol zu produzieren.
Boyd zählte seine Barschaft, um dann festzustellen, daß er mehr als erwartet ausgegeben hatte. Achselzuckend hob er sein Guthaben ab. Egal, ob er danach blank war oder nicht – er hatte die feste Absicht, seine erste selbständige Arbeit zu feiern.
„Was macht ein Mann, wenn er eine Frau zum Essen einlädt?“ fragte er Ellen.
Sie warf ihm einen erstaunten Blick zu. „Er lädt sie ein, ganz einfach. Haben Sie schon eine Freundin gefunden?“
„Ich möchte Sie darum bitten. Aber ich möchte in ein Lokal, wo das Essen einigermaßen schmeckt, egal war das kostet.“
Sie hatte Einwände, natürlich wegen ihrer Kleidung. Boyd hatte sogar Verständnis dafür. Er selbst verfügte auch nur über zwei komplette Ausstattungen, die ihm eine Frau, von Buckel-Pete besorgt, abwechselnd reinigte. Sauberkeit war bei
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