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Das Ende aller Tage

Das Ende aller Tage

Titel: Das Ende aller Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian W. Aldiss
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nach den Lehrbüchern nichts zwischen den Welteninseln war, daß unüberbrückbare Leere die eine von der anderen trennte, wie der Tod die Lebenden von den Verstorbenen trennte. Er konnte nur vermuten, daß dies ein wandernder Stern war; so etwas war eine bekannte Erscheinung, aber man fand sie gewöhnlich innerhalb der riesigen Linse des galaktischen Systems und in Bahnen, die seiner Gravitationskraft unterworfen waren. Shouter ließ das Problem ungelöst wieder fallen. Was für ihn von lebenswichtigem Interesse war, konnte nur die Frage sein, ob diese Sonne einen oder mehrere Planeten mit Sauerstoffatmosphäre besaß.
    Shouter hatte Glück. Die Sonne war ein weißer Zwerg mit einem Planeten von fast gleicher Größe. Shouter ließ sein Schiff in eine Umlaufbahn gehen und untersuchte die Atmosphäre. Sie bestand aus einem atembaren Sauerstoff-Stickstoff-Gemisch. Der Spulenverkäufer ging weiter hinunter und landete. Ein von Hügeln und Wäldern lieblich umrahmtes Tal nahm ihn auf.
    Er ging frohgemut aus der Luftschleuse, nachdem er Pumpe und Luftreinigungsanlage in Betrieb gesetzt hatte, die seinen Sauerstoffvorrat ergänzen sollten.
    Draußen war es heiß. Shouter gewann einen Eindruck allgegenwärtiger Frische. Alles schien ihm wie neu gemacht zu sein, alle Farben leuchteten in blendender Frische und Lebhaftigkeit.
    Fünfzig Schritte vom Landeplatz entfernt war das Ufer eines Sees. Er näherte sich ihm, wurde sich aber schon nach wenigen Schritten eines seltsamen Unbehagens beim Atmen bewußt. Er atmete langsamer und flacher, weil er glaubte, die Luft sei zu reich an Sauerstoff.
    Draußen auf dem See kam etwas an die Oberfläche. Es sah wie der Kopf eines Menschen aus, aber Shouter konnte es nicht klar erkennen; ein leichter Dunst über der Wasserfläche verschleierte die Einzelheiten. Das Wasser schien heiß zu sein.
    Der Schmerz in seinen Lungen wurde deutlicher. Ein unbekanntes Lähmungsgefühl breitete sich in seinen Gliedern aus, und alle Dinge vor seinen Augen erschienen plötzlich wie mit einem pulsierenden Regenbogenrand umgeben. Er hatte die Gewißheit seiner Instrumente, aber sie bedeutete nun nichts mehr. Er litt.
    In Panik floh er zurück zu seinem Schiff, doch das Schwindelgefühl wurde übermächtig. Er hustete und fiel. Nun sah er, daß das Ding im dunstverhangenen See wirklich ein Mensch war. Shouter rief um Hilfe.
    Du blicktest zu ihm hinüber und machtest dich sofort daran, zum Ufer zu schwimmen.
    Aber Shouter lag im Sterben. Sein Hilferuf füllte seine Kehle mit Blut, das ihm aus dem Mund und über die Hand floß. Er würgte und hustete und versuchte sich noch einmal zu erheben. Du klettertest nackt an Land und gingst auf ihn zu. Er sah dich, drehte schwerfällig den Kopf zur Seite und zeigte mit schwacher Gebärde zu dem Schiff, das ihm Sicherheit bedeutete. Als du neben ihm knietest, starb er.
    Eine Weile bliebst du nachdenklich bei dem Toten, dann gingst du langsam auf das kleine Raumschiff zu, die Augen voll Verwunderung.
    Die Sonne durchquerte fünfundzwanzig Male den Himmel, bevor du alles beherrschtest, was Shouters Schiff enthielt. Du berührtest alles scheu, beinahe ehrfürchtig. Zuerst bedeuteten dir die Mikrospulen nicht viel, aber dann gelang es dir, ihr Geheimnis zu entschleiern, die Bruchstücke ihres Wissens zusammenzusetzen und ein vollständiges Bild zu gewinnen. Shouters Projektor war kaum noch brauchbar, als du zum Ende kamst. Dann erforschtest du das Schiff selbst.
    Deine Gedanken müssen in diesen fünfundzwanzig Tagen eine merkwürdige Wandlung durchgemacht haben, wie Schleusentore, die sich zum erstenmal öffnen. In dieser Zeit wurdest du, der du bist.
    Alles, was du damals lerntest, war bereits Wissen; die Art und Weise, wie du es zusammensetztest, war genial. Nichtsdestoweniger war es ein Wissen, das bereits viele Menschen miteinander teilten, das Resultat von Forschung und Erfahrung. Erst danach, als du dieses Wissen übersehen konntest, kamst du zu eigenen Schlußfolgerungen. Was sie ergaben, war so ungeheuerlich, so überwältigend, daß du ihnen auszuweichen versuchtest.
    Es gelang dir nicht; es war unausweichlich. Eine Tatsache war der Tod Shouters; du wußtest, warum er gestorben war. So mußtest du deinem ersten moralischen Imperativ gehorchen und handeln.
    Lange blicktest du auf deine helle Welt. Du würdest zu ihr zurückkehren, aber zuerst hattest du deine Pflicht zu erfüllen. So klettertest du in Shouters Schiff, stelltest den Computer auf einen Kurs ein und

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