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Das Ende aller Tage

Das Ende aller Tage

Titel: Das Ende aller Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian W. Aldiss
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Kontraste. Jene Planeten und Systeme, die in der Ära der Föderation und des immerwährenden Krieges wenigstens durch die Bande der Feindschaft miteinander verbunden gewesen waren, hatten nun nicht mehr genug Gemeinsames, um Rivalen zu sein. Es war eine Zeit der Hoffnung und der Resignation, die Zeit der Geschichtsschreiber und Propheten. Der Mensch hatte die äußersten Grenzen seiner räumlichen Ausdehnung erreicht und konsolidiert; nun wendete er sich nach innen, seinem eigenen Selbst zu. Dort ging er allein – ohne die Wissenschaft, der er so lange vertraut hatte.
    Die Menschheit hatte sich vervielfacht. Jede Welt trug eine gewaltige Menschenmenge, aber die Menge johlte und schrie nicht mehr. Jedes Individuum blieb für sich, eine Insel. Es war die silberne Periode, die Zeit vergehenden Glanzes und des Sternenlichts. Bald sollte nur das Sternenlicht übrigbleiben.
    Am Ende eines historischen Festspielaufzugs ist die Bühne am meisten überfüllt; ein Meer hell beleuchteter Gesichter und bunter Kostümierungen grüßt uns, während schon der Vorhang zum letztenmal niedergeht. Am Ende einer Symphonie vereinigen sich alle Instrumente des Orchesters zum großen Schlußthema, bevor die Stille sich herabsenkt und die Musik zur Erinnerung wird.
    Über die ganze riesige Arena senkte sich Stille herab, die letzte, endgültige Stille.
     
1
     
    Shouter war ein unbekannter Mann. Er operierte weit von dem, was die meisten Leute als Zivilisation betrachteten, am äußersten Rand der Milchstraße, so daß er bei seinen häufigen Reisen von einem Planeten zum anderen nur wenige Sterne vor seinen Kabinenfenstern sah. Manchmal brannte das ganze galaktische System hell und strahlend auf der einen Seite, während auf der anderen ein Abgrund der Leere gähnte, ein Abgrund, den die von fern herüberschimmernden Welteninseln nur noch unermeßlicher erscheinen ließen.
    Shouter pflegte gewöhnlich auf die Seite der Sterne zu blicken.
    Aber nicht auf dieser Reise. Shouter war von Beruf Spulenverkäufer; sein kleines Raumfahrzeug war mit Regalen vollgestopft, in denen sich die Mikrospulen türmten. Er hatte alle Arten auf Lager, neue und antiquarische, über Philosophie, Mathematik, Soziologie und Kunst; arbeitete man sie systematisch durch, hatte man ein fast lückenloses Bild der äonenalten Menschheitsgeschichte vor sich. Immerhin waren es nicht so sehr diese wissenschaftlichen Spulen, an denen Shouter am meisten verdiente. Sie brachten ihm die Treibstoffkosten ein, aber nicht viel mehr. Die wirklich gewinnbringenden Spulen beschäftigten sich mit einem Gegenstand, der älter als die Geschichte und alle Wissenschaften war: mit dem menschlichen Verlangen. Erotische Spulen bildeten Shouters Grundstock, und weil derartiges Material illegal war, lebte Shouter in beständiger Angst vor den Zollbehörden einiger hundert Welten.
    Nun befand er sich in einer seltenen Hochstimmung. Soeben hatte er die kleinlichen Hüter der Moral wieder einmal hereingelegt und unter ihren wachsamen Augen nahezu die Hälfte seines Vorrats verkauft.
    Daß er zur Feier dieses Erfolgs zuviel trank, sollte sein ganzes Leben beeinflussen. Eine leere Flasche rollte zu seinen Füßen. Es war heiß in der kleinen Schiffskabine, und nach einer Weile nickte Shouter ein und sank vornüber auf sein Armaturenbrett…
    Er erwachte verkatert. Er fühlte, daß etwas nicht stimmte, und sein Kopf wurde mit einemmal frei, als er nach vorn blickte. Keine der gewohnten Sternenhaufen und -wolken waren in Sicht. Hastig schaltete er den Bildschirm ein, der ihm volle Rundsicht geben sollte: Da lag die Galaxis wie ein schräg in der Luft hängender Teller – weit hinter ihm. Shouter schluckte und überprüfte den Treibstoffvorrat. Er war zusammengeschmolzen, mußte aber für die Rückreise reichen. Dann kam ein neuer Schreck. Mit dem Treibstoff sah es besser aus als mit der Luft. In der Eile seiner letzten Abreise hatte er unterlassen, seine Sauerstofftanks aufzufüllen. Mit dem noch vorhandenen Rest würde er niemals lebendig die Milchstraße erreichen.
    Shouter wendete sich wieder den vorderen Fenstern zu, um einen Gegenstand zu betrachten, den er zuvor übersehen hatte. Abgesehen von fernen Spiralnebeln war es das einzige Objekt in der grenzenlosen Leere des Alls – und es war eine Scheibe. Er untersuchte sie mit seinen Bordinstrumenten. Tatsächlich, es mußte eine kleine Sonne sein.
    Das verwunderte Shouter. Sein astronomisches Wissen war gering, aber er wußte immerhin, daß

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