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Das Ende aller Tage

Das Ende aller Tage

Titel: Das Ende aller Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian W. Aldiss
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sei.
    »Der Gebäudeteil, von dem aus Sie sprechen«, antwortete eine glatte Roboterstimme, »ist vom Einschlag einer Kobaltbombe in Mitleidenschaft gezogen worden. Die Instandsetzungsarbeiten haben schon begonnen.«
    Der Direktor warf durch das Fenster der Kontrollzelle einen Blick in den Saal und sah, daß die langen Reihen der Träumer in unruhige Bewegung geraten waren. Einige setzten sich sogar auf. Bald würden sie alle wach sein und von Panik erfaßt umherrennen. Das mußte unter allen Umständen verhindert werden.
    Der Direktor wandte sich erneut dem Mikrophon zu.
    »Injizieren Sie die dreifache Dosis Beruhigungsmittel durch alle Nahrungsschläuche dieses Flügels – und zwar sofort.« Darauf würden sie schnarchen wie die Siebenschläfer, und ein bißchen Kopfweh würde ihre Träume nur beleben.
    Eilig verließ der Direktor die Zelle und eilte durch die Reihen der Feldbetten zu Floyd Miltons regloser Gestalt. Mit rascher Drehung schloß er die Absperrventile der Schläuche, die den Mann mit intravenöser Nahrung versorgten. Dann nahm er ihm Visier und Kopfhörer ab.
    »Milton!« sagte er. »Floyd Milton! Wachen Sie auf!«
    Der Mann öffnete die Lider und blinzelte.
    »Ich bin Ihr Freund«, fuhr der Direktor fort, zweifelnd, ob der andere ihn sah. »Ich weiß, warum Sie gekommen sind, und ich weiß auch, daß Sie ein zu wertvoller Mensch sind, um Ihr Leben unter allen diesen Versagern hier zu verplempern. Sie können mit dem, was Sie getan haben, allein fertigwerden. Sie müssen sich damit auseinandersetzen! Männer wie Sie werden gebraucht!«
    »Ich bin ein Mörder!« stöhnte Milton. Er setzte sich mühsam auf. »Mein Gott, was habe ich getan …«
    »Ich weiß, was Sie getan haben«, sagte der Direktor. »Ich habe Ihren Traum verfolgt. Sie sollten es nicht Mord nennen. Sie haben es als eine Art Pflicht getan, um wegzukommen.«
    Milton starrte ihn leer an.
    »Die Soliten haben Sie zurückgebracht und eigens zu diesem Zweck noch eine Reise unternommen«, erinnerte ihn der Direktor. »Man hat es mir berichtet, als Sie hier eintrafen. Es beweist, daß die Soliten Sie nicht für Ihre Tat verantwortlich gemacht haben können. Was Sie taten, zeigte ihnen, daß es falsch gewesen war, Sie auf Solite festzuhalten. Darum schickten sie Sie nach Hause.«
    »Sie sind verrückt!« sagte Milton. »Die Soliten haben mich nicht ›nach Hause geschickt‹, Sie haben mich ausgestoßen! Sie wollten mich keinen Augenblick länger unter sich haben. Ich stieß sie ab, verstehen Sie? Sie sahen, daß ich ein Höhlenmensch war, und darum fanden sie es am besten, mich in meine eigene Höhlenmenschenwelt zurückzuschicken und dort sterben zu lassen. Das ist ihre zivilisierte Methode, mit einem Mörder umzugehen.«
    »Aber Chun Hwa – er war doch Ihr Feind«, sagte der Direktor verständnislos. »Als Sie ihn töteten, war das ein Akt…«
    Milton ächzte und schlug die Hände vors Gesicht.
    »Ich habe Chun Hwa nicht getötet«, schrie er plötzlich. »Ich habe Amada umgebracht, meine Frau …«
    Gebrochen und mit tonloser Stimme schilderte er die Szene. Amada war auf den Steg gelaufen, hatte ihn gebeten, die Harpune wegzuwerfen und sich sogar schützend vor den bedrohten Chun Hwa gestellt. Als sie dann noch um Chun Hwas Leben gebettelt hatte, war Milton vor Eifersucht außer sich geraten und hatte abgedrückt.
    Amada war mit der explodierenden Harpunenladung in der Brust vom Steg gefallen, durch die abschnurrende Fangleine immer noch mit ihm verbunden.
    Milton krümmte sich unter dem frischen Eindruck der Erinnerung. Der Direktor stand hilflos neben ihm, eine Hand auf der zuckenden Schulter des Unglücklichen. Neue Explosionen an der Erdoberfläche ließen den Betonboden erzittern. Die Regierungen hatten versprochen, daß dieser Krieg, der alle Kriege ein für allemal beenden sollte, hauptsächlich in den menschenleeren Wüsten des Mondes ausgetragen würde. Nun, es war nicht das erste Mal, daß Regierungen gelogen hatten.
    »So haben Sie nie erfahren, wo Solite ist und warum es unerreichbar bleibt«, sagte der Direktor. »Das zu wissen, hätte alle Leute interessiert – bevor dieser Krieg ausbrach.«
    Milton blickte mit geröteten Augen auf.
    »Ich weiß, wo Solite ist«, sagte er. »Durch Zufall habe ich es auf der Rückreise erfahren; sie liehen mir ein technisches Buch über Transferkessel. Ich war zu niedergeschlagen, um es zu lesen. Ich schlug es nur einmal auf, dann legte ich es weg. Aber ein Satz blieb mir im Gedächtnis. Er

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