Das Ende aller Tage
bin J. Smithiao, Psychodynamiker von Charles Gunpat«, antwortete Smithiao. Er mußte sich bei jedem Besuch dieser Prozedur unterziehen. Beim Sprechen wandte er der Maschine sein Gesicht zu. Sie summte, verglich Bild und Auskunft mit ihren gespeicherten Daten und sagte schließlich: »Sie sind J. Smithiao, Psychodynamiker von Charles Gunpat. Zweck?«
Während er die Langsamkeit der Maschine im stillen verfluchte, sagte Smithiao: »Ich habe eine Verabredung mit Charles Gunpat, für eine Haßstärkung um zehn Uhr.« Dann wartete er, bis der Roboter die Auskunft verdaut hatte.
»Sie haben eine Verabredung mit Charles Gunpat, für eine Haßstärkung um zehn Uhr«, bestätigte die Schildkröte endlich. »Folgen Sie mir.«
Sie drehte sich mit erstaunlicher Behendigkeit herum und wiederholte den anderen zwei Robotern mit mechanischer Präzision die erhaltenen Auskünfte für den Fall, daß sie die Tatsachen noch nicht registriert hatten.
Inzwischen sprach Smithiao zu seiner Flugmaschine. Der Teil der Kabine, der seinen Sitz enthielt, löste sich und senkte sich mit ausgefahrenen Rädern zu Boden. Dann fuhr er Smithiao den anderen Robotern nach in das düstere Haus. Automatisch gesteuerte Bildschirme leuchteten auf. Er konnte seinen Gesprächspartner nur auf diesen Bildschirmen sehen und wurde selbst auf die gleiche Weise gesehen. Der Haß und die Angst des Menschen seinen Mitmenschen gegenüber waren so groß, daß keiner es dulden konnte, unmittelbar betrachtet zu werden.
Gunpats dunkles Gesicht zeigte beim Anblick seines Psychodynamikers nur milde Abneigung. Diese Selbstbeherrschung war seine Eigentümlichkeit; bei seinen geschäftlichen Besprechungen, wo es darauf ankam, den Gegenspieler durch Wutausbrüche einzuschüchtern, wirkte sie sich zu seinem Nachteil aus. Aus diesem Grund wurde Smithiao immer dann zur Verabfolgung einer Haßstärkung bestellt, wenn etwas Wichtiges auf dem Tagesprogramm stand.
Smithlaos Maschine rollte ihn bis auf einen Meter an das Abbild seines Patienten heran, viel näher, als es nach den Gesetzen der Höflichkeit zulässig war.
»Ich habe mich verspätet«, begann Smithiao beiläufig, »weil ich es nicht ertragen konnte, mich eine Minute eher Ihrer beleidigenden Anwesenheit auszusetzen. Ich hoffte, irgendein glücklicher Zufall hätte seit meinem letzten Besuch Ihre einfältige Visage verunstaltet. Aber leider ist es immer noch dieselbe, mit den widerwärtig behaarten Nasenlöchern, die wie Rattengänge Ihren hohlen Schädel durchbohren.«
Smithiao beobachtete aufmerksam das Gesicht seines Patienten, konnte jedoch nur die leiseste Spur von Gereiztheit feststellen. Kein Zweifel, Gunpat war ein schwieriger Patient und nicht so leicht in Wallung zu bringen. Glücklicherweise war Smithiao in seinem Beruf Experte.
»Ich kann mich noch erinnern«, fuhr er fort, »wie Sie an der Reihe waren, ins Paarungszentrum zu gehen. Sie haben nicht einmal begriffen, daß man dort hinter seinem Bildschirm hervorkommen muß. Sie dachten, Sie könnten über den Bildschirm zeugen. Und das Resultat? Eine verdrehte Tochter. Eine Tochter mit einem Dachschaden, Gunpat! Finden Sie das nicht zum Weinen? Was glauben Sie, wie Ihre Geschäftsfreunde darüber lachen. ›Der dicke Murkser Gunpat und seine bescheuerte Tochter‹ werden sie sagen.«
Die Stichelei begann den erwünschten Effekt zu zeigen. Eine dunklere Tönung überzog Charles Gunpats Bild.
»Ployploy fehlt gar nichts«, schnappte er. »Sie ist ein wenig zurückgeblieben, das ist alles. Sie selbst haben es gesagt!«
Daß er antwortete, war ein gutes Zeichen. Seine Tochter war schon immer der schwache Punkt in seiner Rüstung gewesen, seine Achillesferse.
»Zurückgeblieben!« höhnte Smithiao. »Wie weit kann man zurückbleiben, Gunpat? Sie ist freundlich und sanft – haben Sie mich durch die Haare in Ihren Ohren gehört? Sie will lieben!« Er beute sein ironisches Lachen. »Wenn das nicht obszön ist! Sie ist schlimmer als die Primitiven – sie ist einfach verrückt!«
»Sie ist nicht verrückt!« Gunpat umklammerte die Armlehnen. Wenn es so weiterging, würde er in zehn Minuten für die Konferenz fit sein.
»Nicht verrückt?« fragte der Psychodynamiker, spöttisch mit den Augen zwinkernd. »Nein, Ployploy ist nicht verrückt. Das Paarungszentrum hat ihr bloß die Zuchtgenehmigung verweigert, das ist alles. Die Regierung hat ihr das Wahlrecht aberkannt, das ist alles. Die Erziehungsbehörde hat sie vom Schulbesuch freigestellt, das ist alles.
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