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Das Ende aller Tage

Das Ende aller Tage

Titel: Das Ende aller Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian W. Aldiss
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lautete: ›Die Übertragung von Materie ist nur möglich, wo die zu übertragende Materie den Faktoren der Schwerkraft unterworfen ist.‹«
    »Tut mir leid«, sagte der Direktor. »Das sagt mir gar nichts.«
    »Es hat nur eine Folgerung«, antwortete Milton lustlos. »Es bedeutet, daß die Transferkessel nicht zwischen den Planeten verkehren können, denn dort sind die Anziehungskräfte zu gering. Sehen Sie jetzt, daß dieser blutrote Mond über Solite im Atomfeuer brannte? Sehen Sie jetzt, daß es unser Mond war? Als ich darüber nachdachte, verstand ich alles. Die Soliten sind nichts weiter als Menschen wie wir, von gleichem Ursprung. Ihre Welt ist nichts anderes als unsere Erde, und meine liebe Amada – wenn ich es nur früher gewußt hätte – war kein fremdartiges Wesen von einem anderen Planeten …«
    Der Direktor war totenblaß. »Wenn es so ist«, sagte er schließlich, »und die Soliten keine Raumfahrer sind, wollen Sie damit sagen, daß sie nur in der Zeit zurückgereist sind?«
    Milton nickte. »Fünfzehntausend Jahre.«
    »Warum haben sie es uns dann nicht gesagt? Waren sie verrückt?«
    »Nur menschenfreundlich«, sagte Milton. »Sie wußten, daß wir am Rand der äußersten Katastrophe standen und brachten es nicht über sich, es uns zu sagen. Sie sind die Nachkommen der wenigen Überlebenden eines totalen Krieges. Darum kamen sie zurück, sowie sie die Entdeckung des Zeitwanderns gemacht hatten, um zu retten, was zu retten war – die Vögel und Pflanzen und Lebewesen, die durch die Katastrophe ausgerottet wurden.«
    Eine laute Explosion ließ das unterirdische Bauwerk erbeben. Aus Rissen in der Betondecke rieselte Staub.
    »… durch diese Katastrophe«, ergänzte Milton.
    »Gott sei Dank!« rief der Direktor aus. »Das – das ist eine unglaubliche Neuigkeit! Das verändert alles!«
    Milton blickte kurz auf, dann ließ er sich auf sein Lager zurücksinken und vergrub sein Gesicht von neuem in den Händen.
    »Für mich verändert es nichts«, sagte er.
     
Das sterile Zeitalter
     
    Das Fragment endet. Ob und wie Floyd Miltons Leben andauerte, ist nicht überliefert; es besteht auch kein Anlaß zu der Annahme, daß eine solche Überlieferung von Interesse wäre.
    Milton war ein gebrochener Mann – nicht so sehr durch den Krieg, als vielmehr durch die Konflikte des Krieges in seinem Inneren. Diese Konflikte gingen über seine Kräfte, darum verzweifelte er. Verzweiflung aber gehört zu jenen merkwürdigen Gefühlskategorien, die häufig von Einzelpersonen, jedoch kaum von ganzen Gruppen erlebt werden. Milton verzweifelte. Die Menschheit verzweifelte nicht. Und so ging der Krieg weiter.
    Im Krieg gibt es einen Zeitpunkt, an dem der Konflikt Eigengesetzlichkeit entwickelt und sich selbst am Leben zu erhalten scheint. Wenn die Menschen ihre Heime, ihre Frauen, Familien, Geschäfte oder was immer ihnen etwas bedeuten mag, verloren haben, können sie keine andere Lösung sehen, als weiterzukämpfen, entweder aus Haß oder aus Gleichgültigkeit. Ein Jahr folgte dem anderen. Einmal waren die Verluste hoch, ein anderes Mal geringer. Die Gewinne waren immer geringfügig.
    Zugleich verschoben sich die Machtkonstellationen, als manche Nationen die Bündnisse wechselten. Was als ein Kampf zwischen e inander entgegengesetzten Ideologien begonnen hatte, entwickelte sich zu etwas Häßlicherem: zu einem Rassenkrieg.
    Viertausend Jahre dauerte er an, mit jahrhundertelangen Pausen der Erschöpfung, des Waffenstillstands, der Propaganda und der Drohungen. Zuletzt wurden auch die letzten Stützpunkte des weißen Widerstandes überwältigt. Die Reste der weißen Rasse stellten sich auf dem Mond zum Endkampf; in dem darauf folgenden Feuersturm wurde sie gänzlich ausgelöscht und der Mond in ein nukleares Inferno verwandelt, das die nächsten hunderttausend fahre weiterschwelte.
    Nach diesem zweifelhaften Sieg der Schwarzen und Gelben setzte eine merkwürdige Periode ein, in der sich kleine, erschöpfte Gruppen von Menschen von ihren Mitbürgern isolierten, sei es absichtlich oder durch Gleichgültigkeit. Die siegreichen farbigen Rassen waren nicht nur dezimiert; sie waren entmannt. Geistiger und körperlicher Niedergang ist das Kennzeichen des langen sterilen Zeitalters. Selbst jene Triebe, die bis dahin eine beherrschende Rolle im Leben der Menschen gespielt hatten – der Sexualtrieb und der Raubtierinstinkt – nahmen ab. Überall wurde es still.
    Verschiedentlich wurden Anstrengungen unternommen, den

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