Das Ende - Alten, S: Ende
Rottweiler würgende Geräusche von sich. Gleich darauf folgte der zweite und schließlich der letzte. Alle drei Tiere würgten an etwas, das in ihrer Kehle steckte.
»Patrick, ist alles in Ordnung? Patrick …«
Shep schüttelte die Erinnerung an Abu Ghuraib ab, bis er wieder sah, dass er auf dem Wartungsgelände
in der Unterführung stand. Virgil war direkt neben ihm. An der rechten Hand des alten Mannes klebte Schlamm.
Die drei Hunde gaben noch immer ein Würgen von sich. Ihre Mäuler waren voller Unrat.
Die kräftig gebaute Frau hatte sich schon in Bewegung gesetzt. Sie schob sich an den Hunden vorbei und verschwand die Betontreppe hinab, während sie eine Spur aus Abwasser und Schlamm hinter sich her zog.
Virgil musterte Shepherd, der bleich und mitgenommen wirkte. »Noch eine Halluzination?«
»Eine schlimme Erinnerung.«
»Erzähl mir davon.«
Patrick starrte die Hunde an. Die Szene vor seinem geistigen Auge war noch immer sehr lebendig. »Mein zweiter Einsatz. Ich war nach Abu Ghuraib befohlen worden, als Systemadministrator – aber das war nur ein wohlklingender Titel, den sie dem Soldaten gaben, der sich um die Computer kümmerte. Die Neuankömmlinge wurden der Nachtschicht zugeteilt. Da sind eine Menge Dinge passiert.«
»Mit Dinge meinst du Folter? «
Shep nickte.
»Ich wurde gezwungen, dabei mitzumachen. Als ich mich beschwerte, sagte man mir, ich solle die Klappe halten und meinen Job erledigen. Die Situation wurde immer schlimmer, als die Verhörspezialisten aus Guantánamo ankamen – Geheimdienstleute. Kranke Schweine. Sie arbeiteten mit Schlafentzug und ließen rund um die Uhr Kinderlieder laufen. Es machte die Gefangenen wahnsinnig. Manchmal fesselten sie einen Häftling in einer völlig verrenkten Körperhaltung und ließen ihn stundenlang so verharren. Das Waterboarding habe ich
selbst nie mitbekommen, aber ich habe davon gehört. Ein paarmal gingen die Verhörspezialisten zu weit, sodass der Gefangene dabei ertrank. Wenn das geschehen war, steckten sie die sterblichen Überreste dieses Menschen in einen Leichensack und befahlen uns, ihn nachts irgendwo verschwinden zu lassen.«
»Aber das ist es nicht, was dich in deinen Träumen heimsucht.«
Sheps Blick wurde trüb. Er schüttelte den Kopf. »Da gab es diesen irakischen Flaggoffizier, Hamid Zabar. Um ihn zum Reden zu bringen, holten diese Typen seinen sechzehnjährigen Sohn. Sie folterten den Jungen, während der Offizier gezwungen wurde, zuzusehen … während ich gezwungen wurde, zuzusehen.«
Nur unter Mühen gelang es Patrick, sich wieder zu fassen. »Ich war dort sechs Monate lang stationiert. Ein paar von uns schafften es, einige Details bis nach Hause durchsickern zu lassen. Etwas später gab es eine Untersuchung. Ich war damals zurück in New York und wollte mich für eine Zeugenaussage zur Verfügung stellen, aber sie weigerten sich, eine mögliche Aussage von mir einzubeziehen. Die ganze Untersuchung war eine einzige Farce. Sie sollte die Medien und die amerikanische Öffentlichkeit ruhigstellen und die ganze Schuld ein paar schwarzen Schafen zuschieben, von denen keiner zu den verantwortlichen Offizieren gehörte, obwohl unser Oberbefehlshaber den Einsatz von Folter autorisiert hatte. Um Rumsfeld, der zu den übelsten Exzessen ermutigt hatte, ging es überhaupt nicht. Auch nicht um seinen Gefolgsmann und Stellvertreter Paul Wolfowitz, der von den Einzelheiten persönlich Kenntnis hatte, und ebenso wenig um Generalmajor Geoffrey Miller, den Rumsfeld nach Abu Ghuraib geschickt hatte, um das Gefängnis in
ein zweites Guantánamo zu verwandeln. Kein einziger dieser Schuldigen wurde jemals angeklagt oder bestraft – nur Idioten wie ich, Menschen, die das Ganze öffentlich gemacht hatten. Weil wir aussagen wollten, wurden wir um eine Gehaltsstufe herabgesetzt und auf eine geheime Liste der Personen gesetzt, die für einen ständigen Wiedereinsatz vorgesehen waren. Acht Monate später war ich wieder im Irak.«
»Und die Häftlinge?«
»Das war das Schlimmste. Die meisten von ihnen waren unschuldig und an terroristischen Aktionen vollkommen unbeteiligt. Sie waren bei Razzien in Gefangenschaft geraten, die Mitglieder privater Sicherheitsdienste durchführten, oder sie waren wegen der ausgesetzten Belohnung von ihren eigenen Nachbarn verleumdet worden. Bei vielen von ihnen kümmerte man sich überhaupt nicht darum, woher sie kamen, und registrierte sie nicht einmal. Und trotzdem wurden sie endlos lange festgehalten – einfach
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