Das Ende - Alten, S: Ende
bist der Nächste. Wie viele willst du an Bord bringen?«
Der gebrechliche Mann mit silbernem Haar und einer gefütterten Pilotenmütze war Ende siebzig. Gestützt von zwei großen Leibwächtern lehnte sich seine Frau auf eine Gehhilfe. »Wir sind etwa achtzig oder neunzig. Die eine Hälfte des Geldes wurde bereits überwiesen, die andere bekommen Sie, wenn wir sicher ankommen. Meiner Frau wurde gerade ein künstliches Hüftgelenk eingesetzt. Sorgen Sie dafür, dass sie irgendwo auf dem Schiff einen bequemen Platz erhält.«
»Sieht das in Ihren Augen wie die Queen Mary aus? Ihre Frau kann sich wie alle anderen zwischen die Abfälle setzen.«
Die Stimme des gebrechlichen Mannes klang rau und giftig. »Wie können Sie es wagen! Haben Sie überhaupt eine Vorstellung davon, wer ich bin?«
Virgil zog Shep beiseite. »Wir müssen hier verschwinden. Sofort.«
»Was ist mit den Kindern? Ich habe noch immer zehn Fläschchen mit Impfstoff. Wenn ich zwei für meine Familie aufhebe, bleiben noch …«
»Versteck das Kästchen und sag kein Wort. Unsere Wege werden sich mit denen anderer Seelen kreuzen, die es mehr wert sind, gerettet zu werden.«
»Was ist, wenn ich ihnen ein paar Fläschchen gebe, die sie zu den Gesundheitsbehörden in New Jersey bringen können? Dr. Nelson hat gesagt …«
»Mach die Augen auf, Patrick. Das hier ist die Klasse der Unersättlichen. Sie haben nicht die Absicht, irgendjemanden zu retten außer sich selbst. Reich und mächtig, wie sie sind, haben sie ihr ganzes Leben in dem seligen Glauben zugebracht, dass die Welt nur da ist, um von ihnen allein beherrscht zu werden. Ihre Verdorbenheit ist wie ein Schleier, der ihnen das Licht verhüllt, ihre Gier fesselt sie an Satan. Hinter diesen Masken verbergen sich die Gesichter von Menschen, die die Pensionsfonds hart arbeitender Familien geplündert haben, obwohl sie bereits mehrere zehn Millionen Dollar an Boni einstreichen konnten. Sogar jetzt versuchen sie noch, sich mit ihrem zusammengeraubten Vermögen eine Überfahrt in die Freiheit zu verschaffen, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, dass ihre Flucht aus Manhattan die Pest möglicherweise über die ganze Welt verbreiten könnte. Sieh sie dir genau an, mein Sohn. Sieh sie dir an und erkenne, was diese von Unersättlichkeit zerfressenen Gestalten wirklich sind.«
Patrick starrte den silberhaarigen alten Mann an, der lächerlicherweise seine Schutzmaske abgesetzt hatte, um sich mit der Schwarzen zu streiten. »Jetzt hören Sie mir mal zu. Meine Vorfahren haben dieses Land bereits regiert, als Ihre Vorfahren noch immer nackt durch den Dschungel gerannt sind. Und was dich angeht, mein sizilianischer Freund: Wer hat wohl diese kleine Exkursion, die uns aus Manhattan führen wird, arrangiert? Was meinst du? Dein Boss arbeitet für mich, genauso wie der Senator! Ohne mich würdet ihr Arschlöcher keine dreißig Meter von dieser Pier wegkommen. «
Der Mafia-Capo richtete seine Taschenlampe auf den Ausweis des alten Mannes. Dann entfaltete er ein Blatt
Papier und überprüfte den Namen. »Ah, verdammt, lasst ihn durch.«
»Sorg dafür, dass ein paar von deinen Gangstern meiner Frau helfen, und dann schaff uns endlich nach Governor’s Island. Mein Privatjet wartet schon in La Guardia. Ich muss in acht Stunden in London sein.«
Plötzlich hielt der silberhaarige Mann inne, als spüre er eine fremde Präsenz. Er drehte sich langsam um und sah Patrick an …
… und seine Nachtaugen funkeln wie die einer Katze. Seine spitzen Ohren gleichen denen einer Fledermaus. Dünne Lippen ziehen sich zurück und legen faulende, gelbe Zähne frei, die sehr scharf aussehen. Die schmalen Finger enden in Klauen. Obwohl der alte Mann noch immer gebrechlich wirkt, strömt er zugleich eine große innere Kraft aus. Ein lebender Leichnam, der eher einem Reptil als einem Menschen gleicht. Eine Kreatur der Nacht.
Seine Bediensteten weichen nicht von seiner Seite. Schwärme von Wespen und Hornissen hüllen ihre Körper ein. Ihre Gesichter sind angeschwollen und blutig von den Stichen der Insekten, eine aufgenähte Einhundert-Dollar-Note versiegelt ihre Münder.
Der silberhaarige Nosferatu wendet sich mit heiserer Stimme an Shep. Seine Worte klingen wie das Zischen einer Schlange. »Wassss? Willsssst du etwassss?«
Das Gesicht von Charon, der Schwarzen, schwebt über der rechten Schulter des Vampirs. Sie lächelt Shep verführerisch an. Ihr Ledermantel ist zu einem gewaltigen schwarzen Flügelpaar geworden. Die
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