Das Ende - Alten, S: Ende
der Generalversammlung
10:46 Uhr
»Eine Bombendrohung?« Der Agent vom Secret Service musterte den großen Mann in dem orangefarbenen Überdruckanzug misstrauisch. »Wo ist das Bombenräumkommando? «
»Wir sind das Bombenräumkommando.«
»Blödsinn. Das sind doch Umweltschutzanzüge.«
»Die Drohung bezog sich auf einen biologischen Sprengsatz. Und wenn es wirklich eine Bombe gibt und sie geht los, sind wir sicher und sie angeschissen. Also, entweder setzen Sie jetzt den Präsidenten ins Bild, oder ich werde es selbst tun und unter tausend Diplomaten und ihren zu Besuch weilenden Staatsoberhäuptern eine Panik auslösen.«
Laut fluchend ging der Leibwächter und persönliche Attentäter des Präsidenten mit gesenktem Kopf zügig an den Vorhängen vorbei und auf die erhöhte Bühne zum Rednerpult.
»… niemand will Krieg, aber wir werden uns ihm auch nicht entziehen, wenn er bedeutet, die Vernichtung von einer oder mehrerer unserer Großstädte zu verhindern. Angereichertes Uran kann sowohl in Kofferbomben als auch in ballistischen Flugkörpern verwendet werden. Der Iran hat in der Vergangenheit nicht gezögert, terroristische Gruppen wie Hisbollah oder Hamas zu bewaffnen – Gruppen, die ihrerseits nicht zögern würden, eine Koffer-Atombombe gegen Israel oder einen anderen souveränen Staat einzusetzen. Von daher ist jeder Versuch …«
Präsident Kogelo hielt inne, und der hoch aufgeschossene Führer der freien Welt hörte aufmerksam zu, als der Secret-Service-Agent ihm etwas ins Ohr flüsterte.
»Herr Generalsekretär, verehrte Gäste … Soeben wurde mir mitgeteilt, dass die Generalversammlung eine Terrorwarnung erhalten hat. Der Heimatschutz hat die Situation unter Kontrolle, aber als zusätzliche Vorsichtsmaßnahme bittet man uns, den Rest der Tagesordnung dieses Vormittags zu verschieben, während unsere Experten überprüfen, ob dieser Saal sicher ist. Alle Diplomaten und Staatsoberhäupter, mich selbst eingeschlossen, werden gebeten, sich in den jeweiligen Suiten ihrer Nationen im Sekretariatsgebäude zu melden und weitere Instruktionen abzuwarten.«
Der Agent des Secret Service nahm den Präsidenten bei der Armbeuge und führte ihn von der Bühne, während zwei Dutzend schwer bewaffnete Angehörige der New Yorker ESU, alle in weißen Überdruckanzügen, den Saal von den rückwärtigen Türen aus betraten und die geschockten Diplomaten auf den Flur hinaustrieben.
East 22 nd Street & First Avenue
Lower East Side, Manhattan, New York
10:47 Uhr
Noch ein weiterer Block zu laufen, und Wendi Metz war schon völlig erschöpft.
Als alleinerziehende Mutter eines achtjährigen Jungen hatte Wendi versucht, fünfzehn Pfund abzunehmen, seit sie damals im Oktober mit der Online-Partnersuche angefangen hatte. Ihr Trainingsprogramm — von der UN Plaza, wo sie die Frühstücksschicht machte, bis zur Bushaltestelle an der East 23 rd Street zu laufen – hatte geholfen, ihre Taille in drei Monaten um zwei Kleidergrößen zu reduzieren, während sie zugleich U-Bahn-Marken
sparte. Aber an diesem Vormittag fühlte sie sich ausgelaugt, einer Ohnmacht nahe.
Die einladende Bank an der Bushaltestelle war in Sichtweite und verleitete sie weiterzulaufen. Jeder Schritt war schmerzhaft, und sie spürte die Anspannung vom Hals abwärts, das Rückgrat hinunter bis ins Kreuz, die Beine und Füße. Die frische Winterbrise, die vom East River herüberkam, hatte ihren Schweiß getrocknet, aber jetzt, wo aus ihrem schnellen Schritt ein Taumeln geworden war, bemerkte sie das Fieber, das in ihrem Innern wütete.
Ein Windstoß ließ ihren Körper erschauern.
Sie rief sich zum hundertsten Mal das Bild der bleichen Frau, die sich auf der Toilette übergeben hatte, ins Gedächtnis und fragte sich, ob sie sich möglicherweise etwas eingefangen hatte.
Sie sah nur noch verschwommen, und ihre Augen strengten sich an, in der plötzlichen Helligkeit Kontraste zu erkennen. Sie dachte daran, sich bei einem Straßenhändler in der Nähe einen Joghurt zu kaufen – wahrscheinlich war sie unterzuckert –, bis sie den X25-Bus entdeckte, der sich die First Avenue hinaufschlängelte.
Sieh zu, dass du nach Hause kommst. Nimm etwas gegen Erkältung und Grippe, iss einen Teller Suppe, dann spute dich, damit du im Diner bist, bevor die Mittagsschicht beginnt.
Wendi Metz winkte den Bus heran und stieg ein zu den anderen siebzehn Fahrgästen, die unterwegs nach Midtown East und Sutton Place waren.
United Nations Plaza
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