Das Ende - Alten, S: Ende
eines der bedeutendsten und am meisten geschätzten Werke der Weltliteratur. Es ist in drei eigenständige Teile untergliedert – Das Inferno, Das Fegefeuer und Das Paradies. Das Inferno schildert Dantes Reise durch die Hölle, dargestellt als neun Kreise des Leidens. Die Göttliche Komödie ist eine allegorische Darstellung der Reise der Seele zu Gott, wobei im Inferno das Erkennen und die Zurückweisung der Sünde geschildert wird …«
Patrick riss dem alten Mann das Buch aus der Hand. »Ich weiß, wovon die Geschichte handelt. Ich habe das
Buch so viele Male gelesen, dass ich es praktisch auswendig kenne.«
»Und stimmen Sie den Schlussfolgerungen des Autors zu?«
»Welchen Schlussfolgerungen?«
»Dass die Bösen zu einem elenden Leben nach dem Tode verdammt sind, ohne jede Hoffnung auf Rettung.«
»Ich wurde katholisch erzogen. Von daher, ja, das glaube ich.« Die Frage lastete auf Patrick. »Nur aus Neugier: Was glauben Sie?«
»Ich glaube, dass der Mensch selbst im letzten Augenblick seines Lebens noch Erlösung erlangen kann.«
»Sie glauben nicht, dass Gott die Sünder bestraft?«
»Jede Seele muss geläutert werden, bevor sie weiterzieht, aber Bestrafung … Was ich lieber Hindernisse nennen möchte, sind Gelegenheiten, Zugang zum Licht Gottes zu erhalten.«
»Sie klingen wie irgend so ein New-Wave-Guru. Welcher Religion gehören Sie an?«
»Ganz ehrlich, ich bin kein großer Freund von Religion. «
»Also glauben Sie nicht an Gott?«
»Das habe ich nicht gesagt. Ich glaube bloß nicht, dass der Schöpfer vorhatte, dass Spiritualität zum offenen Wettbewerb ausartet. Was ist mit Ihnen? Glauben Sie an Gott?«
Patrick grinste spöttisch. »Ich glaube, dass Gott vor langer Zeit am Steuer eingeschlafen ist. Er ist so nutzlos wie Zitzen an einem Bullen. Ich hab null Vertrauen in Ihn. Der Typ ist ’ne größere Niete als ich.«
»Sie machen Gott für den Verlust Ihres Arms verantwortlich? «
»Ich mache Gott für die Welt verantwortlich. Schauen Sie sich all das Böse an, all das nutzlose Leiden. Zwei
Kriege finden statt, ein dritter rückt bedrohlich näher. Menschen verhungern. Sterben an Krebs …«
»Sie haben recht. Scheiß auf Gott. Wenn Er irgendein Schöpfer wäre, hätte Er diesen Saustall schon vor Äonen ausgemistet. Fauler nichtsnutziger Mistkerl.«
»Ja … Nein, so habe ich das nicht gemeint. Ich meine, einiges davon ist unsere Schuld, von wegen freier Wille und das alles.«
»Aber Sie machen Ihn für Ihr Leben verantwortlich.«
»Nein. Ich mache Ihn dafür verantwortlich, dass er mich von meiner Familie getrennt hat.«
»Sagten Sie nicht, sie ist in New York?«
»Ja, aber …«
»Schließt man Sie nachts ein?«
»Nein.«
»Dann gehen Sie doch einfach. Gehen Sie Ihre Frau und Ihr Kind suchen – oder lassen Sie’s. Aber hören Sie auf, das Opfer zu spielen.«
Das Blut wich aus Patricks Gesicht. »Was haben Sie gesagt?«
»Ich denke, Sie haben mich gehört.«
»Denken Sie, das ist so leicht?« Shep setzte sich auf die Ecke des Bettes, während seine Angespanntheit zurückkehrte. Er spielte mit der Stahlzange herum, fühlte sich unwohl in seiner eigenen Haut. »Es gibt Dinge, wissen Sie … in meinem Kopf.«
»Ach so – die Albträume.«
»Sie sind ein echtes Genie. Ja, die Albträume. Und fragen Sie mich auch nicht nach denen.«
»Sie sind der Boss.« Der alte Mann lehnte sich zurück, blätterte in Dantes Inferno . »Eine interessante Lektüre. Ich mag Bücher, die sich mit Herausforderungen des menschlichen Geistes befassen.«
» Das Inferno befasst sich mit Gerechtigkeit. Mit der Strafe für die Bösen.«
»Wieder bei Gott, der am Steuer eingeschlafen ist?«
»Ich war im Gefecht. Ich habe unschuldige Menschen leiden sehen. Warum muss es so viel Hass geben? So viel sinnlose Gewalt und Gier … So viel Verdorbenheit. Es gibt keine Gerechtigkeit auf der Welt. Genau deshalb passieren diese Dinge.«
»Wollen Sie Gerechtigkeit oder Zufriedenheit?«
»Gerechtigkeit würde mir Zufriedenheit verschaffen. Wenn Gott wirklich dort draußen ist, warum lässt Er dann zu, dass böse Menschen Erfolg haben, während die Guten unter uns leiden?«
»Zählen Sie sich zu den Guten?«
»Nein.«
»Leiden Sie?«
»Ja.«
»Gratuliere, es gibt Gerechtigkeit auf der Welt. Seien Sie froh.«
»Pah! Sie wollen es einfach nicht kapieren, oder?«
»Ich kapiere es sehr wohl. Sie wollen, dass Gott jeden Sünder und jede Sünderin in dem Moment vernichtet, in dem er oder sie sündigt.
Weitere Kostenlose Bücher