Das Ende der Männer: und der Aufstieg der Frauen (German Edition)
einen Eimer mit kaltem Wasser, sagte seinem Sohn, er sei ein »tapferer Junge«, und schlug ihm vor, in den Eimer zu steigen. (Auf so etwas wäre ich nie gekommen.) Wenn Xaviers Stoffwindel voll war, wusch Steven sie grob unter laufendem Wasser ab und ließ sie im Waschbecken liegen. (Laut seinem Ehevertrag muss er den »schmierigen Inhalt« beseitigen, aber Sarah, die auf Stoffwindeln bestanden hat, muss sie waschen.) Nach ein paar Stunden ist es Zeit fürs Mittagessen oder vielleicht für ein Nickerchen. Einmal wollte Sarah Steven eine Website zeigen, über die er sich mit anderen Hausmännern in der Nachbarschaft hätte treffen können. »Warum sollte ich das tun?«, sagte er. »Ich schließe keine Freundschaft, nur weil irgendein Typ einen Jungen in Xaviers Alter hat. Darauf steh ich nicht.« An den allermeisten Tagen gehen Steven und Xavier nicht aus dem Haus.
Steven sieht sich keineswegs als jemand, der ein neues Experiment in Sachen moderner Ehe oder Geschlechterrollen durchführen würde. Er würde lachen, wenn er Mythos Männermacht von Warren Farrell lesen würde. Eines Abends, als wir auf der Terrasse saßen, versuchte Sarah, die einen Master in Theatergeschichte hat, ihn davon zu überzeugen, dass er ein Beispiel für »postfeministische Männlichkeit« sei. Seine Reaktion: »Das halte ich für kompletten Schwachsinn.« Für Steven, der einen Bachelor in Elektrotechnik hat, wirkt ihr Arrangement genauso logisch wie eine einfache Gleichung. Im Jahr 2001 war er in einer beruflichen Sackgasse. Er arbeitete als Techniker für Telekommunikation und beriet Firmen bei der Platzierung ihrer Sendetürme, als plötzlich der Markt zusammenbrach. Danach mussten sie sich als Paar »diversifizieren«. Sarah überlegte, ob sie einen Doktor in Theatergeschichte machen sollte, aber Steven meinte, das sei »ein teurer Weg, um als Barista zu enden«. Sie züchteten eine Zeitlang seltene Katzen. Dann schlug Steven vor, sie solle den LSAT machen. Sie bestand den Zulassungstest für ein Jurastudium so gut, dass die Universität ihr anbot, umsonst zu studieren. »Ich wusste gar nicht, dass man für ein Jurastudium ein Stipendium bekommen kann«, sagte Steven.
Danach ergab sich alles wie von selbst. Es stellte sich heraus, dass Sarah, wie Steven es formulierte, »sehr gut schreiben« und »sehr gut reden« und komplizierte Ideen auf eine präzise Art darstellen konnte. Sie machte einen hervorragenden Juraabschluss und hatte bald hervorragende Jobs. »Hey, wenn du gewinnen willst, stellst du deinen besten Schlagmann auf die Home Plate«, sagte er. »Ich wusste, dass ich eine Frau heiraten wollte, die klug, gebildet, selbstmotiviert und fleißig war. Ich bekam eine hochbegabte Frau, die mich in bestimmten Bereichen übertraf.« Während Sarahs Studium peilte Steven als Ziel an, dass sie 50 000 Dollar im Jahr verdienen würde, aber sie bekam mehr als das Dreifache angeboten. Als ich Steven fragte, ob er sich schlecht oder weniger männlich fühlte, weil sie die Familie ernährte, verstand er offenbar den Sinn meiner Frage nicht. »Ich kann meine Frau zu Hause bleiben und mein Geld ausgeben lassen, oder ich kann sie arbeiten und eine Menge Geld verdienen lassen. Hmmm« war alles, was er antwortete.
Und was wird nun aus Steven? Theoretisch ist das gegenwärtige Arrangement nur befristet, und Steven, der inzwischen im dritten Jahr seines Jurastudiums ist, hinkt seiner Frau nur ein paar Jahre hinterher (auch wenn Sarah seine Gliederungen schreibt, sein Material durchsieht und ihm sagt, was er unbedingt lesen muss). Nach dem Studium will er als Rechtsanwalt Klienten gegen Großunternehmen vertreten, weil er den Kampf liebt. »Ich habe Zeit herauszufinden, was ich will. Ich muss mich nicht beeilen. Sarah hat einen guten Job, also kann ich einen annehmen, der weniger einbringt. Ich kann eher machen, was ich will. Es ist mir unwichtig, ob ich viel Geld verdiene. Ich bin nicht darauf angewiesen, weil meine Frau die Familie ernährt.« Wenn er seinen Abschluss in der vorgesehenen Zeit macht, dann mit achtunddreißig.
Kurz vor sechs Uhr abends kam Sarah von der Arbeit zurück, setzte sich hin, um ihre Turnschuhe auszuziehen, und stand dann gleich wieder auf. Es ist schwer zu beschreiben, was als Nächstes passierte, ohne tote Metaphern wie »Wirbelwind« zu benutzen. In Minutenschnelle saß Xavier mit eingecremtem Hintern in seinem Kinderstuhl und aß Blaubeeren. Erdbeeren kamen auf den Tisch, um für einen Kuchen geschnitten zu werden,
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