Das Ende der Männer: und der Aufstieg der Frauen (German Edition)
Scheidungsrate wurde – wie so viele Phänomene in den heutigen USA – durch das Prisma der sich verschärfenden wirtschaftlichen Ungleichheit gebrochen. Die Scheidungsraten fielen bei dem Bevölkerungsteil mit Hochschulabschluss, während sie beim ganzen Rest stabil blieben. Die April Wheeler in Yates’ Roman hatte genau richtiggelegen. Bei den aufstrebenden Schichten lag der Schlüssel zum Glück in der Möglichkeit, dass auch die Frau Geld für die Familie verdienen konnte. Tatsächlich hat der bisher gründlichste Forschungsbericht zu dem Thema das Ergebnis, dass eine Ehe stabiler ist, wenn auch frau arbeitet. Paare, bei denen die Frau ebenso arbeitet, haben eine sehr viel geringere Scheidungswahrscheinlichkeit, womöglich weil der finanzielle Stress geringer ist. Hätte April Wheeler heute gelebt, hätte sie es wahrscheinlich genauso weit gebracht wie eine Washingtoner Freundin von mir. Sie wäre amerikanische Botschafterin der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ( OECD ) in Paris geworden, während ihr Mann nur sporadisch arbeiten und sich zum Schreiben Zeit nehmen würde. Wenn sie dann in die USA zurückkehrten, könnte sie sich Zeit für die Jobsuche nehmen, während er wieder bei seiner großen Firma arbeiten würde.
So funktioniert die neue Ehe mit wechselnden Rollen. Die Paare orientieren sich nicht an Gerechtigkeit und Fairness, wie sie irgendeinem externen Maßstab der Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern entsprechen würden. Sie streben vielmehr individuelle Selbstverwirklichung an, und beide Partner bekommen an bestimmten Punkten der Ehe jeweils eine Chance dazu. Das Modell hat sich in einer Ära etabliert, in der die Kreativen in Bezug auf ihre Arbeit viel flexibler sind als früher und niemand mehr erwartet, das ganze Leben denselben Arbeitsplatz zu haben. Diese Haltung wird in einer Gesellschaft gefördert, die Selbstausdruck mehr Wert beimisst als Pflichterfüllung. Sie ist fortschrittlich, was die instinktive Gleichbehandlung der Geschlechter und die Ablehnung obligatorischer Arbeit betrifft, und total konservativ in Bezug auf ihr positives Verhältnis zur traditionellen Ehe. Wegen dieser freiwilligen Selbstbeschränkung auf die Genüsse, die innerhalb der alten, biblisch sanktionierten Verbindung möglich sind, besteht ein riesiger Unterschied zwischen den neuen Ehepaaren und Germaine Greer und den heißen Lesbierinnen, die in der Town Hall auf der Bühne waren. Tatsächlich ist die bürgerliche Boheme so überzeugt von ihrem aktuellen Ehemodell, dass jede Abweichung vom Drehbuch, etwa als Geschiedene, als alleinerziehende Mutter oder durch irgendein anderes »ungewöhnliches Arrangement«, wie die Journalistin Katie Roiphe nicht müde wird zu betonen, den »Abweichlern« mitleidige Kommentare auf dem Spielplatz und das Schandmal der Ehebrecherin einbringt.
Und was ist mit den männlichen Akademikern in dieser neuen Ära des ehelichen Glücks? Haben sie, was ihre Rolle als Familienernährer betrifft, endlich den Kopf aus der Schlinge gezogen? Ein kluger Mann ist sich bewusst, dass seine Frau keine finanzielle Belastung mehr ist. Ganz im Gegenteil, die Frau ist für ihn das Ticket zum Wohlstand. Kurz vor dem Ruhestand hat ein verheiratetes Paar in den Vereinigten Staaten durchschnittlich Vermögenswerte im Wert von 410 000 Dollar angesammelt. Dagegen bringt es jemand, der nie verheiratet war, auf 167 000 und ein Geschiedener auf 154 000 Dollar. Eine Untersuchung ergab, dass die Vermögenswerte bei Paaren, die zusammenblieben, im Lauf von fünf Jahren doppelt so schnell wuchsen wie bei Paaren, die sich hatten scheiden lassen.
Zahlreiche Studien beweisen, dass Männer viel stärker von der Ehe profitieren als Frauen, und das nicht nur in dem augenzwinkernd konstatierten allgemeinen Sinn, dass der Mann durch die Ehe »gezähmt« wird. Exzellente Untersuchungen aus Dutzenden von Ländern beweisen, dass verheiratete Männer glücklicher, gesünder und langlebiger sind als unverheiratete. (Außerdem haben sie, im Gegensatz zu dem alten Junggesellenmythos, ihrer eigenen Aussage nach ein glücklicheres Sexualleben.) Wie aus diversen Studien hervorgeht, haben verheiratete Männer seltener Lungen- oder Herzkrankheiten, Krebs, hohen Blutdruck, Diabetes oder schwere Depressionen. Eine neuere Studie der Canadian Medical Association bewies, dass verheiratete Männer, wenn sie einen Herzinfarkt erleiden, im Durchschnitt eine halbe Stunde früher im Krankenhaus ankommen
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