Das Ende der Männer: und der Aufstieg der Frauen (German Edition)
dazu Butter und Mehl. Wo war die Gelatine? Gleich waren auch verschiedene Gemüse, Hackfleisch und Mais auf dem Tisch, und ich hatte ein kaltes Bier in der Hand. Das Bier hatte Steven besorgt, aber den Rest der Zeit saß er auf seinem Stuhl und sah Sarah bei der Arbeit zu. Sie machte Kuchenteig und holte eine Schale getrocknete Erbsen, um Xavier zu beschäftigen. (Nebenher machte sie ein paar Sprachübungen mit ihm.) Aus dem Hackfleisch wurden Hamburger geformt. »Steven, in ein paar Minuten bitte ich dich, die zum Grill rauszubringen.« Sie deckte den Tisch, badete das Kind, machte die Burger und den Kuchen. Habe ich erwähnt, dass sie im siebten Monat schwanger war? Wir bekamen das Gefühl, als hätten wir das Haus nur besetzt und die ganze Zeit gefaulenzt und als sei jetzt die rechtmäßige Besitzerin zurückgekehrt und brächte alles wieder in Ordnung.
Während ich die paar Tage mit Sarah und Steven verbrachte, wurde mir etwas über meine eigene Ehe bewusst. Meine Vorahnung, als ich mich verlobte, war korrekt gewesen. In all den Jahren haben mein Mann und ich die Arbeit im Haus ziemlich gerecht aufgeteilt. Wir arbeiten beide, wir kochen beide, wir sorgen beide für die Kinder. Daraus hatte ich immer geschlossen, dass ich mich von meiner Bindung an traditionelle Geschlechterrollen weitgehend befreit hatte. Nun jedoch erkenne ich, dass ich sehr viel überlegter und voreingenommener vorging, als ich dachte. Ich gestattete es mir nie, nicht zu arbeiten, weil diese Entscheidung von Feministinnen als Verrat betrachtet wird. Ich erlaubte meinem Mann nie, herumzusitzen und ein Bier zu trinken, während ich in der Küche arbeitete. Und mein Mann blieb nie zu Hause, weil ihm das nie eingefallen wäre. In Pittsburgh erkannte ich, dass sich selbst unsere intimen Beziehungen in einem bestimmten kulturellen Moment entfalten und dass meine Einstellung immer noch zu stark von feministischer Wut geprägt war, als dass ich die kleinen Entscheidungen im Haushalt von dieser Befrachtung hätte trennen können.
Steven und Sarah treffen ihre Entscheidungen auf einer viel klareren Grundlage. Sie verhalten sich fast wie Geschäftspartner auf einer Arbeitstagung, analysieren Trends und gehen entsprechend vor. Sarah arbeitet, weil sie »das bessere Sortiment von Begabungen« hat, um als Rechtsanwältin Erfolg zu haben, und Steven bleibt zu Hause, weil in dieser modernen Volkswirtschaft »Testosteron marginalisiert worden ist«. Steven fühlt sich im Recht, wenn er abends und an den Wochenenden ausgeht, und das macht Sarah »müde und manchmal zornig«. Aber es bedeutet auch, dass X in der besten aller möglichen Welten lebt, weil ein Kind mit einem Hausmann als Vater, wie Sarah in einer Studie las, mehr Elternzeit bekommt. Es gewinnt nämlich die gesamte Zeit des Vaters und behält fast die ganze Zeit der Mutter, deshalb sind auch seine Testergebnisse besser. Alles klar?
Beide Ehepartner wurden mit dem üblichen Wirrwarr geschlechtsspezifischer Erwartungen aufgezogen. Beide kommen aus konservativen Familien des amerikanischen Mittelwestens mit proletarischen Wurzeln. Sarah sah sich in ihrer Jugend als eine Evangelikale und bekam in dem von ihr so genannten »Jesuslager« beigebracht, dass der Mann, wie die Bibel vorschreibt, der Herr im Haus ist und die Frau ihm gehorchen muss. Als Studentin rebellierte sie gegen diese Ideologie und schrieb ihre Examensarbeit über die Einschränkung des Körpers durch das Korsett. An das genaue Thema kann sie sich nicht mehr erinnern. Und das ist exakt der Punkt: Solche feministischen Konstrukte sind nur noch ferne Erinnerungen. Auf ihrem Regal sah ich ein Buch mit »Gebärmutter« im Titel, doch es war hinter einem Notizbuch mit Rezepten verborgen. Von den Büchern, die ich bei Sarah sah, kam der Ratgeber Working Mother’s Guide to Life einem feministischen Text am nächsten. Er war gut durchgearbeitet, und nützliche Stellen waren markiert, etwa wie man sich in einem hochkarätigen Job die Milch aus den Brüsten abpumpt.
An manchen Tagen kommt Sarah nach Hause und entdeckt einen Fleck auf der Wand, den wegzumachen Steven nicht für nötig gehalten hat, und dann hat sie das Gefühl, als hätte sich seit ewiger Zeit nichts geändert. An solchen Tagen erkennt sie eine Wahrheit, was ihre Situation als Familie betrifft: Steven bleibt tagsüber zu Hause, aber trotzdem herrscht sie über beide Reiche. Als sie beschloss, Vollzeit zu arbeiten, hat sie den häuslichen Bereich nicht wirklich abgegeben,
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