Das Ende der Männer: und der Aufstieg der Frauen (German Edition)
Generationen die Texte der Countrysänger und die Reden der Politiker inspirieren. Heute jedoch hält die heranwachsende Generation dauerhafte Liebe für eine Fiktion, die nur noch in diesen Popsongs und Reden überlebt hat.
In der gebildeten Klasse hat die neue wirtschaftliche Macht der Frauen zu einer Renaissance der Ehe geführt. Paare mit Hochschulabschluss sind viel flexibler in Bezug darauf, wer welche Rolle spielt, wer wie viel Geld verdient, und in gewissem Ausmaß auch darauf, wer die Kinderlieder singt. Sie gehen über das Konzept der Gleichheit hinaus und entwickeln ganz neue Ehemodelle. Diese neue Ehe, in der das Verdienstverhältnis zwischen Mann und Frau vierzig zu sechzig oder achtzig zu zwanzig betragen und sich binnen ein oder zwei Jahren durchaus umkehren kann, so dass jeder Partner einmal die Befriedigung hat, mehr zu verdienen, nenne ich »Ehe mit wechselnden Rollen«. Immer mehr Frauen aus der Oberschicht werden eine Zeitlang Alleinverdiener, und dank dieser neuen Freiheit bezeichnen viele dieser Paare ihre Ehe als »glücklich« oder »sehr glücklich«. Schon eine »glückliche« Ehe kann jedoch mit versteckten Komplikationen verbunden sein. Als ich Paare aus dieser Schicht interviewte, merkte ich, dass die Männer, selbst wenn sie das Kästchen für glücklich ankreuzten, nicht annähernd so bereit oder scharf darauf waren, eine neue Rolle auszufüllen, wie die Frauen.
Tatsächlich stieß ich bei all meinen Interviews immer wieder auf ein Duo, das wie aus einem Comic entsprungen wirkte: die »Plastikfrau« und der »Mann aus Pappe«. Die Plastikfrau vollbringt schon ein ganzes Jahrhundert lang wahre Wunder an Flexibilität. Sie hat zunächst fast gar nicht und dann nur bis zur Ehe gearbeitet, dann auch während der Ehe und schließlich auch als Mutter von Kindern und sogar von Säuglingen. Wenn sie die Gelegenheit sieht, mehr zu verdienen als ihr Mann, greift sie zu. Sobald sie sich in der Öffentlichkeit nicht mehr damenhafter Zurückhaltung befleißigen muss, kann sie durchaus einen Wirtshausstreit vom Zaun brechen. Wenn sie damit durchkommt, bis weit über dreißig unverheiratet zu bleiben und ein selbstbestimmtes Leben zu führen, tut sie auch das. Und wenn die Zeiten sexuelle Abenteuerlust verlangen, ist sie auch in dieser Beziehung aufgeschlossen.
Sie hat einen geradezu napoleonischen Eroberungsdrang. Während sie sich eifrig Neues erschließt, hält sie zugleich am Alten fest und produziert damit ein ganz neues Sortiment existenzieller Zwickmühlen (zu viel Arbeit und zu viel häusliche Verantwortung, zu viel Macht und zu viel Verwundbarkeit, zu viel Nettigkeit und nicht genug Glück). Studien, die die Karriere von Frauen verfolgen, nachdem sie den Master of Business Administration gemacht haben, haben sogar eine neue Superspezies der Plastikfrau entdeckt. Sie verdient mehr als weibliche Singles und genauso viel wie Männer. Sie hat Kinder, aber sie arbeitet so viel im Beruf, als ob sie keine hätte. Sie ist die Mutantin, die von unserer Gesellschaft heute am meisten belohnt wird, ein Mensch, der die alten weiblichen und männlichen Pflichten gleichzeitig erfüllt, ohne dabei irgendwie kürzerzutreten.
Der Mann aus Pappe hingegen ändert sich fast gar nicht. Ein Jahrhundert kann vergehen, und sein Lebensstil und seine Ziele sind immer noch fast die Gleichen. Viele Berufe, in denen früher nur Männer tätig waren, werden heute auch von Frauen ausgeübt, aber umgekehrt ist dies kaum der Fall. Fast ein Jahrhundert lang beruhte der männliche Selbstwert auf dem Beruf, den der Mann ausübte, oder auf seiner Rolle als Familienoberhaupt. »Bergmann« oder »Kranführer« waren früher vollständige Identitäten, die den Mann mit einer langen Traditionslinie von Männern verbanden. Und sie schlossen die Funktion als Familienoberhaupt mit ein.
Irgendwann in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts begannen diese offensichtlichen Formen sozialen Nutzens zu verblassen. Nur wenige Männer übten noch einen der körperlich anspruchsvollen traditionellen Berufe aus, und wenn, dann nicht mehr das ganze Leben lang. Die meisten arbeiteten in Büros, oder sie arbeiteten gar nicht mehr und kämpften stattdessen mit der Mikrowelle im 7-Eleven. Und weil immer weniger Menschen heirateten, verloren sie auch ihre Rolle als Familienoberhaupt. Sie verloren die alte Basis ihrer männlichen Identität, haben aber noch keine klar umrissene neue gefunden. Was heute noch übrig ist, sind Accessoires oder
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