Das Ende der Männer: und der Aufstieg der Frauen (German Edition)
vielleicht »Mancessoires« : Jeans, Pick-ups und Designer-Schnappmesser, Superhelden und Gangster, die im Fernsehen herumwüten und schon nach einer Staffel wieder vergessen sind. Dies ist das Phänomen, das die amerikanische Autorin Susan Faludi in den 1990er Jahren als »ornamentale Männlichkeit« bezeichnete, und es hat bis heute keine solidere Gestalt angenommen.
Aufgrund dieser Entwicklung stecken die Männer fest oder sind, wie die Journalistin Jessica Grose es formuliert, »in kulturellem Aspik fixiert«. Sie könnten die neuen Rollen als Hochschulabsolvent, Pflegekraft, Lehrer, Vollzeitvater, die ihnen jetzt offenstehen, schneller übernehmen, aber aus irgendeinem Grund zögern sie. Persönlichkeitstests zeigen seit Jahrzehnten, dass der Mann Neuland nur mit Trippelschritten betritt, während die Frau regelrecht hineinrast. Die Männer machen heute ein kleines bisschen mehr Hausarbeit und Kinderfürsorge als vor 40 Jahren, während die Frauen sehr viel mehr bezahlte Arbeit leisten. Die arbeitende Mutter ist heute die Norm. Aber der Vater, der daheimbleibt, ist immer noch eine schlagzeilenträchtige Anomalie.
Der Bem-Test ist das psychologische Standardinstrument, um Menschen darauf zu testen, wie stark sie mit einer Reihe von Eigenschaften übereinstimmen, die als typisch männlich oder typisch weiblich gelten, zum Beispiel »selbstständig«, »nachgiebig«, »hilfsbereit«, »ehrgeizig«, »liebevoll«, »dominant«. Da der Test schon seit Mitte der 1970er Jahre eingesetzt wird, sind die Frauen inzwischen weit auf das damals noch als männlich definierte Territorium vorgedrungen und betrachten sich typischerweise als »selbstbehauptend«, »unabhängig« oder »bereit, Stellung zu beziehen«. Die typische Bem-Frau ist heutzutage »mitfühlend« und »eigenständig«, »individualistisch« und »anpassungsfähig«. Die Männer jedoch haben die Frauen nicht etwa auf halbem Wege getroffen, sondern finden sich auch heute noch kaum öfter als 1974 »liebevoll« oder »sanft«. Tatsächlich haben sie sich in mancher Hinsicht sogar auf ein noch kleineres Territorium zurückgezogen, scheuen also traditionell weibliche Eigenschaften noch mehr als früher, während die Frauen immer mehr männliche annehmen.
Entwicklungspsychologen haben lange behauptet, wir seien immer noch von Anpassungszwängen aus einer fernen Vergangenheit beherrscht: Männer sind schneller und stärker und darauf programmiert, um knappe Ressourcen zu kämpfen, was seinen Ausdruck heutzutage entweder in der Bereitschaft zu morden oder in dem Bedürfnis, an der Wall Street Gewinne zu machen, findet. Frauen sind eher fürsorglich und entgegenkommend. Deshalb sind sie perfekt für die Aufzucht von Kindern und für die Herstellung von Harmonie zwischen Nachbarn geeignet. Diese Art Denken ist der Rahmen für das, was wir für die natürliche Ordnung halten.
Inzwischen hat es jedoch den Anschein, als seien diese festen Rollen austauschbarer, als wir uns je vorstellen konnten. Eine stärker weiblich dominierte Gesellschaft wird nicht notwendigerweise zu einem weichen, femininen Utopia. Frauen werden auf Arten aggressiver und sogar gewalttätiger, von denen wir früher glaubten, sie seien ausschließlich auf Männer beschränkt. Diese Entwicklung findet in einer neuen Klasse weiblicher Mörder ihren Ausdruck und auch in einer aufsteigenden Klasse weiblicher »Killer« an der Wall Street. Ob dieser Wandel darauf zurückzuführen ist, dass Frauen heute anders sozialisiert sind, oder einfach daher rührt, dass wir sowieso nie richtig verstanden haben, wie Frauen »programmiert« sind, lässt sich jetzt noch nicht beantworten – und es spielt keine Rolle. Auch wenn es schwer zu glauben ist, das allzu rigide Selbstbild, das wir von uns hatten, ist heute jedenfalls eindeutig nicht mehr korrekt. Es gibt keine »natürliche« Ordnung, nur die Dinge, wie sie sind.
In letzter Zeit erleben wir, wie schnell eine Ordnung, die wir einst für »natürlich« hielten, umgestürzt werden kann. Fast so lange, wie die Zivilisation existiert, war das Patriarchat, gestützt auf die Rechte des erstgeborenen Sohns, von einigen wenigen Ausnahmen abgesehen, das Ordnungsprinzip. Männer im antiken Griechenland banden sich den rechten Hoden ab, um männliche Nachkommen zu zeugen; Frauen begingen Selbstmord (oder wurden getötet), weil sie keinen Sohn gebaren. In ihrem bahnbrechenden Buch Das andere Geschlecht äußert die französische Feministin Simone de Beauvoir die
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