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Das Ende der Männer: und der Aufstieg der Frauen (German Edition)

Das Ende der Männer: und der Aufstieg der Frauen (German Edition)

Titel: Das Ende der Männer: und der Aufstieg der Frauen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Rosin
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fühlen.« Warum bleibt sie mit ihm zusammen? »Weil wir uns gegenseitig ergänzen«, erklärt sie. Ihre Mutter befürchtet etwas anderes. Sie glaubt, Hannah sei mit Billy aus demselben Grund zusammen, aus dem sie sich 800 Seiten dicke Romane über Indien aus der Bücherei ausleiht: Sie fühlt sich zu Leid und Herzschmerz hingezogen.
    Im Jahr 2009 waren in den USA zum ersten Mal in der amerikanischen Geschichte mehr Frauen als Männer beschäftigt, und Frauen stellen auch weiterhin etwa die Hälfte der amerikanischen Beschäftigten. Etwa 80 Prozent der Frauen im Alter zwischen 25 und 54 Jahren sind erwerbstätig, und der Anteil der Frauen mit Hochschulabschluss ist sogar noch höher. Nach den Angaben des Bureau of Labor Statistics waren im Jahr 2011 51,4 Prozent der Personen in leitenden Positionen oder in akademischen Berufen weiblich – 1980 waren es nur 26,1 Prozent. Frauen stellen 61,3 Prozent der Beschäftigten im Bereich Buchhaltung und die Hälfte aller Beschäftigten im Banken- und Versicherungswesen. Etwa ein Drittel der amerikanischen Ärzte ist weiblich, ebenso 45 Prozent der Mitarbeiter in Anwaltskanzleien – und beide Zahlen steigen schnell, da der Anteil der weiblichen Studierenden in den Fächern Jura und Medizin mittlerweile über dem der männlichen liegt. In Großbritannien wird die Zahl der Medizinstudentinnen die ihrer männlichen Kommilitonen voraussichtlich im Jahr 2017 übersteigen, was eine nationale Debatte darüber auslöste, ob die Medizin »zu weiblich« werde. In Frankreich stellen Frauen 58 Prozent der Ärzte unter 35 Jahren, in Spanien sind es 64 Prozent.
    Irgendwann in den vergangenen 40 Jahren war auf dem Arbeitsmarkt der Punkt erreicht, wo Kraft und Größe keine Rolle mehr spielten, und von da an büßten die Männer ihre Vormachtstellung ein. Der technische Fortschritt arbeitete ebenfalls gegen die Männer, denn viele Tätigkeiten, für die Muskelkraft erforderlich war, wurden von Maschinen übernommen, wodurch die von Wirtschaftswissenschaftlern als »soziale Kompetenzen« bezeichneten Eigenschaften immer wichtiger wurden. Fortan waren zukunftsträchtige Qualifikationen verlangt, etwa Spezialkenntnisse oder soziale Kompetenzen für Aufgaben, die ein Roboter nicht so einfach übernehmen konnte. Traditionell weibliche Eigenschaften wie Empathie, Geduld und die Fähigkeit zur Problemlösung im Team ersetzten allmählich das vertikal ausgerichtete Modell für Autorität und Erfolg. Zum ersten Mal in der Geschichte haben Frauen in der Weltwirtschaft zunehmend mehr Erfolg als Männer.
    Frauen aus der Oberschicht bleiben nicht länger zu Hause, sondern gehen arbeiten und mehren so die stetig wachsende Zahl der Kreativen – als PR -Beraterinnen, Weinkritikerinnen, Foodstylistinnen, Nachhaltigkeitsmanagerinnen oder Drehbuchautorinnen. Dadurch entstehen wiederum Arbeitsplätze auf Grundlage der Tätigkeiten, die Frauen früher kostenlos leisteten – Kinderbetreuung, Essenszubereitung, Altenpflege. Die boomende Gesundheits- und Pflegebranche bietet die entsprechenden Arbeitsplätze, von der Gastroenterologie bis zur Hilfe in der häuslichen Pflege. Und genau dazwischen liegt die Pharmazie.
    Unter den vielen Berufen, in denen Frauen in den vergangenen Jahren allmählich die Vorherrschaft übernommen haben – Buchführung, Finanzverwaltung, Optometrie, Dermatologie, Genetik, Forensik, Jura und Tiermedizin, um nur einige wenige zu nennen –, sticht die Pharmazie noch einmal besonders hervor. 1960 waren nur 8 Prozent der Pharmazeuten weiblich, heute sind es fast 60 Prozent. In den Anfangszeiten hatten Apotheker noch etwas von Schamanen; großgewachsene Gestalten und Zauberer, die Tränke mischten, was als viel zu gefährliche Tätigkeit für eine Frau galt. Man denke nur an Monsieur Homais, den wichtigtuerischen Apotheker in Gustave Flauberts 1857 erschienenem Roman Madame Bovary, der in der Schlusssequenz des Buches Mitglied der Ehrenlegion wird, während Emma Bovary in sein Labor einbricht und Arsen stiehlt, um sich zu vergiften. In Hannahs Kurs sind es meistens Frauen, die die Tütchen mit der leuchtend roten Gefahrenwarnung handhaben, und es sind auch Frauen, die fast alle Auszeichnungen erhalten. Im Fach Pharmazie sind weit über 60 Prozent der Absolventen weiblich. Dazu kommt, dass männliche Apotheker früher in den Ruhestand gehen als Frauen. Eine Pharmaziezeitschrift stellte deshalb in einem Leitartikel bereits die Frage: »Wird die Pharmazie zur Domäne der Frauen?«
    Historisch

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