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Das Ende der Privatsphäre: Der Weg in die Überwachungsgesellschaft

Das Ende der Privatsphäre: Der Weg in die Überwachungsgesellschaft

Titel: Das Ende der Privatsphäre: Der Weg in die Überwachungsgesellschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Schaar
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zusammenwirkt oder diese erst gewährleistet. Dies gilt insbesondere für die Meinungs- und Pressefreiheit (Artikel 5 Grundgesetz). Wenn journalistische Recherchen überwacht werden, wenn die individuelle Meinungsbildung und das Informationsverhalten des Einzelnen registriert und nachvollzogen wird, ist auch dieses Grundrecht massiv gefährdet. Wer für eine immer weiter gehende Überwachung und Kontrolle der Telekommunikation und des Internets eintritt, muss sich dieser Konsequenzen bewusst sein.
    Statt das Fernmeldegeheimnis weiter einzuschränken, sollte es zu einem umfassenden Kommunikations- und Mediennutzungsgeheimnis weiterentwickelt werden, da sich die Grenze zwischen Telekommunikation, Tele- und Mediendiensten, zwischen Individual- und Massenkommunikation immer schwieriger ziehen lässt. Ein solches – im Grundgesetz zu verankerndes – allgemeines Kommunikations- und Mediennutzungsgeheimnis wäre ein Kernelement der modernen und demokratischen Informationsgesellschaft. Angesichts der beschriebenen Gegenbewegungen wird der Weg dahin allerdings nicht leicht werden.

3.4 Online-Durchsuchungen – »staatliches Hacking«
     
    Wir buchen Flüge und Bahnfahrkarten über das Internet, korrespondieren per E-Mail, nehmen an elektronischen Selbsterfahrungsgruppen teil und geben dabei Informationen über unseren Gesundheitszustand preis. Fotos, Videos und Musikstücke werden ebenso auf dem Computer gespeichert wie wichtige Dokumente und persönliche Tagebücher. Angesichts dieser gewandelten Verhaltensweisen setzen sich Vertreter von Sicherheitsbehörden und Innenpolitiker vehement dafür ein, Polizei und Nachrichtendiensten den heimlichen Zugriff auf die Computersysteme per »Online-Durchsuchung« zu ermöglichen. 34 Ihre Argumentation ähnelt in frappanter Weise derjenigen, mit der vor zehn Jahren die Einführung des »Großen Lauschangriffs« gefordert wurde (vgl. 3.2): Ohne Online-Durchsuchung hätten Terroristen und sonstige Kriminelle leichtes Spiel gegen einen hilflosen Staat. Die Ermittler müssten hinsichtlich ihrer technischen Möglichkeiten endlich mit den Verbrechern gleichziehen.
    Um was es sich bei den Online-Durchsuchungen genau handeln soll, deuten die Befürworter nur an. Klar ist nur, dass die Sicherheitsbehörden unter Verwendung des Internetanschlusses in Rechner eindringen sollen, um sich Zugriff auf die dort gespeicherten Daten zu verschaffen. So ist davon die Rede, man wolle den gesamten Inhalt von Festplatten, also im Regelfall mehrere Gigabyte an Daten, über das Internet an die Ermittlungsbehörden senden. Nach anderen Aussagen geht es bloß darum, gespeicherte Passwörter zu ermitteln, um bei der Telekommunikationsüberwachung verschlüsselte Datenströme lesbar zu machen. Wieder andere Aussagen verweisen darauf, dass man nur so auf »virtuelle Festplatten« im Internet zugreifen könne.
    Zunächst wurde von den Befürwortern der Eindruck erweckt, es handele sich um nichts anderes als eine besondere Variante der Hausdurchsuchung, die ja als zulässige Ermittlungsmaßnahme in der Strafprozessordnung vorgesehen sei. Dies ist jedoch eine unzulässige Verharmlosung, denn die Online-Durchsuchung geschieht heimlich, während bei der Hausdurchsuchung Zeugen anwesend sind. Zudem sollen nicht nur Polizeibehörden, sondern auch die Nachrichtendienste die Erlaubnis zu Online-Durchsuchungen bekommen, während ihnen die Befugnis zur Hausdurchsuchung und zur Beschlagnahme nicht zusteht.
    Online-Durchsuchungen sind deshalb besonders gravierend, weil die auf einem Computer gespeicherten Daten in ihrer Vielzahl und besonderen Sensibilität einen tiefen Einblick in die Persönlichkeit der Betroffenen geben können. Kritisch zu sehen ist auch, dass sich die Reichweite einer derartigen Maßnahme kaum begrenzen lässt, sodass dabei auch sensibelste Daten (etwa medizinische Informationen oder Tagebücher) zur Kenntnis der Sicherheitsbehörden gelangen würden. Dies wiederum würde dem Schutz des absoluten Kernbereichs der Privatsphäre widersprechen, den das Bundesverfassungsgericht als unverrückbare Grenze staatlicher Ermittlungsmaßnahmen festgelegt hat (vgl. 3.2). Zudem könnte der Zugriff nicht nur einmalig, sondern fortlaufend erfolgen. Eine derartige Dauerbeobachtung ist schon für sich genommen ein besonders gravierender Eingriff in die Privatsphäre.
    Die öffentliche Diskussion verschärfte sich Anfang Februar 2007, nachdem der Bundesgerichtshof (BGH) festgestellt hatte, dass »Online-Durchsuchungen«

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