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Das Ende der Unschuld: Roman (German Edition)

Das Ende der Unschuld: Roman (German Edition)

Titel: Das Ende der Unschuld: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Abbott
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eigentlich schon länger geschieht, schon ganz lange, ich habe das Gefühl, ins Bodenlose zu stürzen, etwas Namenloses, das Gefühl einer Gefahr, und ich weiß nicht, was ich damit anfangen soll.
    Ich habe sie gesehen, ihre dunklen Haarsträhnen, die Sportsocken hoch bis übers Knie gezogen. Ich habe sie gesehen.
    Evie war da, und dann war sie weg.
    Ich schiebe die Finger zwischen die Lamellen der Jalousie und spähe zum hell erleuchteten Haus der Ververs hinüber.
    Erst vor fünf Tagen habe ich dort übernachtet, wir haben Pyjamas getauscht und Musik gehört und uns sogar ein Kapitel aus dem dicken Taschenbuch vorgelesen, das neben Mrs. Ververs Sessel lag, das mit dem leicht geöffneten Frauenmund auf dem Cover, und ein männlicher Finger berührt ihn. Evie meinte, der Finger sei so behaart, und ihr gefalle es nicht, dass sie immer Sex im Stehen haben. Trotzdem lasen wir einige der Szenen zwei- oder dreimal, immer abwechselnd. Ich versuchte mir vorzustellen, wie das wohl ist, diese Körper und das rauschende Blut und die hervorschnellenden Zungen. Es schien alles so heftig, drängend, feucht. Ich hatte ein komisches Gefühl im Bauch, und wir legten das Buch beiseite, und ich war froh darüber.
    Stunden später dachte ich noch immer an das Buch, in Evies Zimmer war es dunkel, ich betrachtete das Fußball-Mobile, das tanzende Schatten an die Wand warf. Dusty und Mr. Verver saßen auf Gartenstühlen auf der Veranda, ihre Stimmen drangen zu uns herauf. Ich hörte sie lachen, sein Lachen war immer so heiter, so heiter, wie er nun mal ist.
    Man spürt Mr. Verver immer im ganzen Haus, dieses Lachen, tief und karamellig. Er erfüllt das Haus, durch ihn ist es voller schöner Dinge und Dummheiten und Spaß. Als wir noch kleiner waren, hat er mit uns Brettspiele gespielt und dabei immer geschummelt, aber man konnte ihm nicht böse sein. Er hat es angekündigt, als wäre es Teil seiner Strategie, und dann zwinkerte er, und man fühlte sich wie sein Komplize. Man wollte ihm fast noch dabei helfen. Dusty schimpfte immer mit ihm und ließ ihn manchmal auch einfach eine Runde aussetzen. Diese Spiele dauerten Stunden, und man wollte nicht, dass sie je aufhörten.
    »Dusty ist von ihrem Date zurück«, flüsterte Evie, und mir wurde klar, dass sie ebenfalls den beiden da unten lauschte. Ich setzte mich in meinem Schlafsack auf und rutschte an ihr Bett heran.
    »Mit Tom Mullan?«, fragte ich, und Evie machte »pssst«.
    »Hör mal«, wisperte sie, »hör einfach zu.«
    Die Stimmen von Dusty und Mr. Verver drangen ganz leise durchs Fenster zu uns herauf. Wir hörten Dusty, sie klang abgeklärt und albern zugleich, so war sie immer gegenüber ihrem Dad, bei niemandem sonst.
    »Er macht also den Motor aus und …«
    »Sag nicht, er hat behauptet, das Benzin wäre alle.«
    Schallendes Gelächter von Dusty. Ich erinnerte mich an eine Woche im letzten Sommer, als mein Bruder ein paar Mal mit Dusty ausgegangen war, und überlegte, ob sie danach auch mit Mr. Verver da gesessen und mit ihm über meinen Bruder gelacht hatte.
    »Nein, er macht einfach den Motor aus und dreht sich zu mir um und sagt: ›Baby …‹«
    »Baby? Er hat dich im Ernst Baby genannt? Der Arme. Der muss echt komplett verknallt sein.«
    »Er sagt also: ›In diesem weißen Kleid siehst du aus wie ein Engel.‹ Und dann …«
    »Aber das bist du ja auch, Baby, das bist du …« Ich konnte Mr. Ververs Grinsen geradezu sehen.
    »Dad, hör auf!« Dusty konnte sich vor Lachen kaum noch halten. »Er beugt sich also zu mir, und auf einmal lutscht er an meinem Ohr rum.«
    »Und, hast du das bei ihm auch gemacht? Ich habe dir doch Benimm beigebracht. Ich meine, er wollte dich doch zum Essen einladen, oder?«
    Dusty quiekte nur noch atemlos.
    »Sag schon. Was hast du gemacht?« Mr. Verver lachte. »Der arme Junge.«
    »Was soll ich schon gemacht haben? Er hat meinen Perlenohrring verschluckt und wäre fast erstickt. Ich konnte nur noch lachen. Ich hab ihm auf den Rücken gehauen, und da kam er wieder raus.«
    »Kann ich mir gut vorstellen, dass er da wieder rauskam«, sagte Mr. Verver, eine winzige Atempause folgte, und dann schrien beide vor Lachen wieder los.
    Evie starrte mich die ganze Zeit an, wartete darauf, dass ich lächeln oder etwas sagen würde, aber ich blieb still, ich wusste nicht, was sie hören wollte.
    Ich war einfach fasziniert – ach, diese beiden. Jeder lässt sich gern von ihnen verzaubern, sie mit ihrem harten, taxierenden Blick, er mit seinem weichen,

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