Das Ende der Welt (German Edition)
beruhigen.
»Mach’s Maul auf«, brüllte unser Anführer den Vater an. »Sonst schlag ich deinem hässlichen Balg seinen Idiotenschädel ein.«
Als der Mann nicht sofort reagierte, bekam er einen Knüppel zwischen die Rippen, worauf er sich ächzend krümmte. Zwei andere Männer sprangen auf, doch da droschen die Kameraden schon mit ihren Schlagstöcken auf sie ein. Ich schwang meinen wie eine Keule und schlug ihn einem Jungen auf den Rücken, der seufzend zu Boden fiel, wie ein Sack, dem man die Luft rausgelassen hatte. Wir prügelten eine Weile auf sie ein, bis wir sicher waren, dass sie sich nicht mehr wehren konnten. Dann zogen wir weiter und arbeiteten uns von Wohnung zu Wohnung. So oder ähnlich lief es überall.
Unsere Ausbeute nach sechs Stunden bestand aus einem alten rostigen Revolver, zwei Macheten, acht Messern, einem Dolch mit abgebrochener Klinge, einem kleinen Beutel Amphetamin und zwei von der Stadtmiliz gesuchten Männern.
Unseren Kameraden war es nicht besser ergangen.
Keine Drogenküche, keine Drogendepots, nur etwa ein Dutzend Gefangene und ein paar Krümelchen Crack.
Cato baute sich drohend vor den Gefangenen auf, von denen viele in meinem Alter waren. Sie stanken, waren schmutzig, hatten wirres Haar und sahen aus wie bösartige Tiere. Während die Mädchen stumm auf den Boden starrten, blickten ihn die Jungs herausfordernd an. »Also, ihr Ratten. Ihr habt die Wahl. Entweder sagt ihr uns, wo die Giftküchen sind, oder wir nehmen euch mit. Und das bedeutet für jeden von euch ein paar Jahre Arbeitslager.«
Er sah einen nach dem anderen an, aber niemand machte den Mund auf. »Das Gesetz des Schweigens, was? Wir werden euch die Schnauzen mit der Brechstange aufhebeln.« Er gab den Wachen einen Wink. »Ladet diesen Abfall auf.«
In der Zwischenzeit hatten sich immer mehr Bewohner in einiger Entfernung gesammelt. Anfangs standen sie nur da und sahen uns zu. Dann fingen die ersten an zu rufen: »Gebt uns unsere Kinder zurück!«
»Dieses verdammte Geschmeiß!« Cato war rot vor Wut.
»Wenn sie näher kommen, knallt ihr sie ab«, befahl er den Sperbern. Da trat ein älterer Mann aus der Gruppe vor und kam langsam auf uns zu. Er hatte die Arme erhoben, an seinem Handgelenk flatterte ein weißes Tuch wie eine Fahne. Komisch, dachte ich noch, irgendwie passt so eine zivilisierte Geste gar nicht zu diesen Leuten, da überschlugen sich die Ereignisse. Ein Stein, von einem Kind geworfen, verletzte einen Kameraden am Bein. Als dieser aufschrie, hielt einer der Sperber das für das Signal zum Losschlagen und schoss in die Menschenmenge, die sich schreiend zu Boden warf. In dem allgemeinen Wirrwarr gab Cato den Befehl zum Angriff. Brüllend und mit erhobenen Stöcken, stürmten wir auf die Zefs los, die aufsprangen und wie die Hasen flüchteten. Aufgepeitscht von Catos spitzen Schreien, schlug ich auf alles ein, was sich bewegte. Dann krachten wieder Schüsse. Vor mir fiel jemand um. Mehrere Zefs gingen mit Steinen und Ästen auf uns los. Drei von ihnen hatten einem Kameraden den Schlagstock weggerissen und schlugen schreiend auf ihn ein. Ein Stein riss mir die Wange unterhalb des Auges auf. Rasend vor Wut knüppelte ich eine Frau nieder. Sie fiel wie vom Blitz getroffen zu Boden und presste schützend die Arme vor das Gesicht. Sie wimmerte, und zwischen ihren Fingern quoll Blut hervor. Als ich erneut zuschlagen wollte, fiel mir auf, dass sie etwa im Alter meiner Mutter war. Ich ließ sie liegen und stürmte weiter. Ein unbeschreiblicher Lärm erfüllte die Luft, eine Mischung aus menschlichen Stimmen, Kinderweinen, splitternden Knochen und Schüssen. Doch dann kam noch etwas dazu: ein feines Summen, als ob die Luft vibrierte. Und dann explodierte ganz in meiner Nähe ein Sprengsatz. Ich fühlte die Hitzewelle siedend über mich hinweggehen. Und plötzlich war mir, als hätte jemand die Welt verlangsamt. Jede Bewegung war schleppend, wie unter Wasser. Ich sah eine Gewehrkugel aus dem Lauf fliegen und hatte das Gefühl, ich könnte sie einfach aus der Luft pflücken. Dann war es vorbei, und die Erde drehte sich wieder in ihrer normalen Geschwindigkeit. Ich hörte Schreie, die schrill wie eine Kreissäge in meinen Ohren schmerzten. Ich sah das Blut, das die Straße herunterfloss. Überall lagen Verwundete. Ich hätte mich am liebsten ausgeruht, doch da stürmte Cato mit ein paar Männern an mir vorbei, und ich rannte automatisch mit. Wer von den Angreifern noch laufen konnte, floh in wilder Hast. Wen
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