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Das Ende der Welt (German Edition)

Das Ende der Welt (German Edition)

Titel: Das Ende der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Höra
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wir erwischten, den knüppelten wir nieder.
    Es dämmerte bereits, als wir unsere Jagd beendeten. Mein Arm schmerzte vom Zuschlagen, und meine Hände waren rot verfärbt. Wir trieben die Gefangenen zusammen und legten ihnen Handschellen an. Immer wieder krachten Schüsse.
    Mir war schlecht. Ich hatte mehrere kleine Wunden, die brannten, und ich fühlte mich wie ausgekotzt. Außerdem hatte die Wirkung des Ketamins nachgelassen, und Kälte kroch durch meine Knochen.
    Cato hielt ein Schnellgericht ab. Einer der Offiziere wurde zum Verteidiger ernannt, doch ihm gingen bald die Argumente aus, und Cato verurteilte die Angeklagten zum Tod. Gleich darauf jedoch begnadigte er sie und verurteilte sie zu lebenslangem Arbeitslager. Die Kameraden johlten und lobten sein großes Herz. Cato grinste und hob abwehrend die Hände. Eine unschuldige Geste, die ich noch oft an ihm beobachten sollte. Es war bereits dunkel, als wir endlich aufbrachen. Ich saß auf demselben Wagen wie Cato und Sönn, die sich leise unterhielten und lachten. In ein paar Jahren bin ich wie ihr, dachte ich und sank vor Erschöpfung in einen farblosen Schlaf.

08
    Ich zog meinen wasserdichten Umhang über und kontrollierte meine Ausrüstung. Wir würden die Senatsbürger bei der Wahl vor Anschlägen schützen und die Zefs fernhalten. Wählen durften nur Senatsbürger und ihre Sippen und ranghohe Offiziere.
    Aus dem Lautsprecher quasselte es unaufhörlich, und die wahlberechtigten Familien wurden dazu aufgerufen, ihre Stimmen abzugeben. Am Abend zuvor hatte Cato noch eine Rede gehalten. »Männer, ihr seid die Besten«, rief er.
    »Nur ihr garantiert die Freiheit. Die Senatsbürger können sich glücklich schätzen, von euch beschützt zu werden.«
    Wir jubelten und riefen Catos Namen. Er lächelte. Klein und gefährlich stand er vor uns wie ein tödlicher Skorpion. Bereit zum Zuschlagen. Sönn hatte uns erzählt, dass Cato für den Senat kandidierte.
    »Wir brauchen einen Mann, der diese Quasselbude aufmischt. Die Senatsbürger bekommen sonst immer mehr Macht«, war Sönns Kommentar gewesen. »Und Cato ist der Einzige, der das Zeug dazu hat.«
    Mir war es rätselhaft, was Cato im Senat zu suchen hatte, er war doch Soldat. Reden war etwas für die verweichlichten Senatsbürger. Aber wenn Cato und Sönn das für richtig hielten, dann tat ich es erst recht.
    Das Wahlhaus war eine ehemalige Kirche, deren Dach an vielen Stellen mit Wellblech geflickt war. Wir bezogen rund um das Gebäude Stellung. Der Himmel war steingrau, und es regnete wie gewohnt. Und doch standen viele Senatsbürger an, um ihre Stimme abzugeben.
    In ihren weißen, weiten Gewändern zogen sie an mir vorbei wie ein blasser Wurm. Wolf hatte mir verraten, dass sie diese Kleider trugen, weil sie Angst hatten, dass sich in den Nähten krankmachendes Ungeziefer einnistete.
    Als Cato in seiner Prachtuniform auftauchte, um seine Stimme abzugeben, jubelten wir ihm zu. Er erinnerte uns noch einmal an unsere Pflicht, den Staat zu schützen, worauf sogar einige Senatsbürger Beifall klatschten und »Hört! Hört!« riefen.
    »Unser Land ist in Gefahr!«, sagte er laut mit seiner hohen, dünnen Stimme. »Der Feind steht schon vor unseren Toren. An uns selbst ist es, zu entscheiden: Wollen wir kämpfen oder haben wir uns schon aufgegeben. Die Terroristen nutzen jede Schwäche gnadenlos aus.« Er hob den Zeigefinger. »Wir aber werden sie verfolgen und mit Stumpf und Stiel ausrotten. Keine Gnade!«
    »Keine Gnade!«, riefen jetzt auch einige der Senatsbürger, und immer mehr stimmten ein.
    Cato hatte uns zur Feier des Tages heiße Kartoffeln bringen lassen, die wir unter einer aufgespannten Plane aßen. Prüm zerdrückte ein paar Wanzen, die er aus den Nähten seiner Uniform gepult hatte und mischte sie in sein Essen. »Wenigstens ein bisschen Fleisch«, sagte er kichernd.
    Plötzlich war alles in Aufruhr. Der Kanzler fuhr in einem offenen Wagen vor. Ich stand auf, um ihn besser sehen zu können. Sein Name war Amandus. Was für ein weibischer Name, dachte ich. Doch der Mann, der aus dem Wagen stieg, sah ganz anders aus, als ich ihn mir vorgestellt hatte. Amandus war groß und hager und trug sein graues Haar militärisch kurz, was unüblich war für einen Senatsbürger. Sein prachtvoller, langer Mantel war mit roten Runen bestickt.
    Unter uns Soldaten war Amandus verhasst. Es war bekannt, dass er keinen Krieg und keine Kämpfe mochte. Amandus setzte auf Friedensverhandlungen und streckte unseren Feinden die Hand

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