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Das Ende der Welt (German Edition)

Das Ende der Welt (German Edition)

Titel: Das Ende der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Höra
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ihrem Begleiter: »Ich dachte, er wäre größer.«
    Leela gefiel ihre Rolle. Sie ließ sich von einem Jungen bewundern, der zu einer Gruppe aus dem Nordteil der Stadt gehörte.
    »Ich muss hier weg«, sagte ich, als wir später auf unseren Schlafsäcken lagen. »Ein Mädchen wollte sogar, dass ich ihr meinen Namen auf eine Muschnik-Verpackung schreibe. Wir müssen abhauen, auch auf die Gefahr hin, dass wir uns hier unten verlaufen und sie irgendwann unsere Knochen finden.«
    »Von mir können sie gar keine Knochen finden, die sind nämlich aus Diamant«, sagte Leela.
    »Aus was?«, fragte ich.
    »Das ist der härteste Stein der Welt«, antwortete sie.
    »Was?«, fragte ich.
    »Ja, das ist bei allen Senatsbürgerkindern so. Damit wir länger leben. Unsere Mütter schlucken kurz vor unserer Geburt eine Diamanttinktur und …« Sie fing an zu lachen. »Du hast es geglaubt«, rief sie.
    »So ein Schwachsinn«, knurrte ich.
    »Für einen winzigen Moment hast du es geglaubt«, lachte sie. »Ich hab’s in deinen Augen gesehen.«
    Ich stürzte mich auf sie, und lachend rollten wir über den Boden. Wir rangen miteinander, wobei sich unsere Gesichter versehentlich näher kamen, und dann berührten sich unsere Lippen.
    »Gibt’s was zu feiern?«, fragte eine spöttische Stimme. Leela und ich fuhren auseinander. Tomasz lehnte im Türrahmen. »Ich wollte euch nur sagen, dass wir uns entschlossen haben, euch rauszubringen. Es ist besser, wenn jeder wieder seiner eigenen Wege geht. In einer halben Stunde geht es los.« Leela und ich sahen uns verblüfft an. Irgendwas stimmte da nicht, verriet mir mein Gefühl.

36
    Die ganze Gruppe hatte sich versammelt. Tomasz verteilte Regenumhänge. Die Kapuzen tief ins Gesicht gezogen, nahmen die anderen Leela und mich in ihre Mitte, so dass wir vor Blicken geschützt waren. Wir liefen durch den Regen und näherten uns auf Umwegen unserem Ziel, einem Hochhaus aus Backstein mit grüner Kuppel, vor dessen Tor schwerbewaffnete Einheiten standen. »Wir sind da«, verkündete Tomasz. Leela und ich sahen ihn fragend an.
    »Da drin sitzt die Stadtregierung. Catos Leute«, sagte er und zeigte auf das Hochhaus vor uns. »Das ist das schwarze Herz der Stadt. Wenn wir das zerstören, können wir auch den Rest zerstören.«
    »Und was sollen wir hier?«, fragte Leela.
    »Es gibt zwei Zu- und Ausgänge in die Stadt«, erklärte Tomasz. »Da, wo ihr reingekommen seid und hier.« Er zeigte auf eine Wachstation rechts des Hochhauses, die mit Soldaten besetzt war.
    »Wir haben keine Passierscheine«, wandte ich ein.
    »Die braucht ihr nicht«, sagte Astrid. »Das sind Leute von uns, sie lassen euch durch.«
    Mittlerweile waren ein paar Soldaten auf unsere Gruppe aufmerksam geworden. »Los jetzt«, sagte Tomasz. »Sonst ist es zu spät.«
    Ich verabschiedete mich von Astrid, die mir abwesend zunickte. Dann gingen Leela und ich auf die Wachtposten zu. Je mehr wir uns ihnen näherten, desto mehr hatte ich das Gefühl, in eine Falle zu laufen.
    Ein Mann, der auf einem eigenartigen Gefährt mit drei Rädern saß, beobachtete uns. Er war lang und dünn wie ein Grashüpfer und trug eine Lederkappe. Der Fremde sah uns aufmerksam an, und ich hatte den Eindruck, als ob er uns etwas mitteilen wollte.
    Leela zog mich weiter. »Hier stimmt was nicht«, flüsterte sie.
    Als wir auf der Höhe der Stadtregierung waren, passierte es: »Da ist Kjell! Da ist der Terrorist!«, rief jemand laut. Ich drehte mich um. Es war Tomasz gewesen, der jetzt mit dem Finger auf uns zeigte. Augenblicklich kam Bewegung in die Soldaten. Einer richtete sein Gewehr auf uns. Für einen winzigen Moment war es still geworden, alle starrten mich an. Nur ein Rabe war zu hören, der über uns kreischend seine Kreise drehte. Ich zog mir die Kapuze tiefer ins Gesicht, als könnte ich mich dadurch unsichtbar machen. Dann brach das Chaos aus. Ein Sprengsatz zersplitterte vor dem Eingang der Stadtregierung.
    Tomasz, Astrid und die anderen warfen Molotowcocktails auf die Soldaten und schrien: »Tod dem Tyrannen!« Schüsse krachten. Ein Soldat versuchte seinen brennenden Mantel zu löschen. Aus allen Richtungen liefen Bewaffnete auf Leela und mich zu. Wir waren wie gebannt und wussten nicht, in welche Richtung wir flüchten sollten, da zerrte mich jemand am Arm. »Kommt mit!« Es war Lale. Als wir zögerten, rief sie: »Ich bringe euch hier raus!«
    Eine Sirene schrillte. Wir hasteten hinter Lale her. Mittlerweile zog beißender Qualm über den Platz und

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