Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Ende der Welt (German Edition)

Das Ende der Welt (German Edition)

Titel: Das Ende der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Höra
Vom Netzwerk:
Inseln hielt uns davon ab.
    »Du siehst aus wie ein Krebs«, lachte Leela, nachdem wir uns einen Sandhügel hochgekämpft hatten.
    Krebse kannte ich von Bildern, sie waren längst ausgestorben.
    »Hatten Krebse nicht Scheren?«, fragte ich und zwickte Leela, die kreischend flüchtete, dabei stolperte und den Berg in einer Staubwolke runterrollte. Unten angekommen, knirschte sie mit den Zähnen und spuckte mehrmals aus. »Ich muss was trinken«, stöhnte sie.
    »Lass uns weitergehen, wir werden bald etwas finden«, versuchte ich sie aufzumuntern, wusste aber selbst nicht, woher ich die Zuversicht nahm.
    Ich verlor jegliches Zeitgefühl. Als ich mich einmal umdrehte, sah ich, dass der Sandhügel nur ein paar hundert Meter hinter uns lag. Dabei hatte ich das Gefühl gehabt, wir wären seitdem mindestens drei Stunden marschiert.
    »Klettere mal auf meine Schultern«, sagte ich zu Leela. »Du kannst mich nicht tragen.«
    »Das will ich auch nicht«, gab ich zurück. »Du sollst gucken, ob du von oben etwas entdeckst. Einen Baum, Häuser oder was auch immer.«
    Leela kletterte auf meinen Rücken. Ich stand schwankend da und wäre fast umgefallen, so schwach fühlte ich mich.
    »Nichts zu sehen«, sagte sie nur und kletterte runter. Wir schleppten uns weiter. Manchmal hatte ich den Eindruck, nicht wir würden uns vorwärtsbewegen, sondern der Sand. »Was ist das denn?«, lenkte Leela mich ab. Ein Schiff tauchte vor uns auf. Es lag auf der Seite, gestrandet mitten in diesem sandigen Ozean.
    »Hier muss mal ein See oder ein Fluss gewesen sein«, erklärte ich Leela. Wir umrundeten das Schiff, es war verrottet und ausgeplündert. Aus dem Inneren wehte ein ekelerregender Gestank, so dass wir schnell weiterzogen.
    Der Durst nagte wie eine Ratte an mir. Erst war er nur in meiner Kehle, dann in meinem Bauch, und als ich schon dachte, so schlimm ist es gar nicht, breitete er sich im ganzen Körper aus. Sogar in den Beinen, die immer schwerer wurden. Wenn ich etwas trinken könnte, nur einen winzigen Tropfen, würde sich das Blei in meinen Adern wieder in Blut verwandeln, dachte ich. Wir redeten kaum noch, das war einfach zu anstrengend.
    Leela taumelte und fiel öfter gegen mich. Dann sah sie mich verwundert an, als wäre sie gerade aus einem Traum erwacht.
    »Ich kann nicht mehr«, sagte sie tonlos und blieb stehen. Ich trieb sie an, nur noch wenige Meter, dann würden wir auf Wasser stoßen. Wenn sie stolperte, zog ich sie wieder hoch. Als wir am Abend völlig erschöpft rasteten, waren wir davon überzeugt, noch so einen Tag nicht zu überleben.
    Die Nacht rettete uns: Es wurde eiskalt, und am nächsten Morgen hatte sich unter den Felsen Tau gesammelt. Wir leckten die Flüssigkeit ab, liefen von einem Stein zum anderen und hatten nach einer Weile den schlimmsten Durst gelöscht, so dass wir mit neuen Kräften weiterziehen konnten. Trotzdem würden wir nicht mehr lange überleben, wenn wir nicht bald auf eine Siedlung stießen.
    Doch außer Sand und einem verrotteten Stuhl gab es nichts. Einmal stürzten wir uns auf eine Kolonne Ameisen, die in Reih und Glied marschierte, stopften uns so viele wie möglich in die Münder und gruben die winzigen Löcher auf, in die sie sich flüchteten. So überlebten wir den Tag.
    Als wir auf eine Piste mit zahlreichen Reifenspuren stießen, fielen wir uns jubelnd in die Arme. Wir waren auf die Straße zum Lager gestoßen. Wenn wir den zahlreichen Reifenspuren folgten, müssten sie uns direkt dorthin führen. Mittlerweile waren wir so abgemagert, dass uns niemand erkennen würde. Wir dachten uns neue Namen aus. Ich wurde zu Manes, Leela zu Ines. Wir würden uns als Flüchtlinge, Geschwister, aus den Vereinigten Niederlanden ausgeben. Seit das Meer einen Großteil ihres Landes verschluckt hatte, waren von dort immer mehr Menschen geflüchtet.
    Wir marschierten eine Weile auf der Straße und hörten bald ein tiefes Brummen, unterbrochen von kleineren Explosionen hinter uns. Ich sah mich verzweifelt nach einem Versteck um. Ich wusste, was da auf uns zufuhr: ein Lastwagen der Armee. Ich schubste die protestierende Leela in den Sand, schaufelte möglichst viel Erde über sie, legte mich daneben und grub mich so gut es ging ein. Die Erde bebte, als der Wagen an uns vorbeidröhnte.
    Nachdem das Motorengeräusch abgeklungen war, kam Leela Sand spuckend hoch. »Mist!«, schimpfte sie. »Was ich auf dieser Flucht schon alles schlucken musste.«
    Ich lachte, während in der Ferne das Motorengeräusch

Weitere Kostenlose Bücher