Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Ende der Welt (German Edition)

Das Ende der Welt (German Edition)

Titel: Das Ende der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Höra
Vom Netzwerk:
damit, dass er jeden Moment zubeißen würde. Aber scheinbar war ich kein Leckerbissen für ihn, denn er wandte sich wieder Leela zu. Er schnüffelte an ihrer Hand und ließ sich dann widerstandslos von ihr kraulen.
    »Braver Hund«, flüsterte Leela und umarmte das Tier, das sich mit einem leisen Seufzer an sie schmiegte.
    »Streichele ihn auch mal, damit er weiß, dass du kein Feind bist«, forderte sie mich auf.
    »Ich fasse doch dieses Vieh nicht an«, sagte ich und richtete mich langsam auf.
    »Ich habe was für dich«, sagte Leela und hielt dem Hund ein Stück Muschnik hin. Der sah es nur kurz an und warf uns einen mitleidigen Blick zu. Wahrscheinlich hatte er schon seine Erfahrungen mit Muschniks gemacht.
    »Mach’s gut«, sagte Leela zum Abschied und ließ das Tier noch einmal an ihrer Hand lecken.
    Wir gingen langsam rückwärts, ohne den Hund aus den Augen zu lassen. Er sah uns traurig nach, wahrscheinlich war er enttäuscht, dass seine neuen Freunde das Weite suchten.
    »Ihr seid auch nicht mehr das, was ihr mal wart«, sagte ich und winkte ihm zum Abschied.

37
    Wir liefen ein ganzes Stück durch den Wald, der hin und wieder von sumpfigen Wiesen unterbrochen wurde, in denen Mücken Jagd auf uns machten. Mittlerweile dämmerte es, von den Wiesen stieg weißer Nebel auf, und es wurde ungewöhnlich warm. Wir zogen die dicken Pullover unter unseren Regenumhängen aus.
    Am schlammig gelben Himmel zog eine Formation Wildgänse schnatternd über uns hinweg. Bald hörte es auf zu regnen, wir zogen die Umhänge aus und banden sie um unsere Hüften. Anfangs hatten wir in der Ferne noch Siedlungen gesehen, die wir im weiten Bogen umliefen, jetzt schien es, außer uns, kein menschliches Leben mehr zu geben.
    Es hieß, dass der Norden völlig verwüstet war und niemand dort leben konnte. Dass dort nichts wuchs außer Kakteen und verdorrten Büschen. Und tatsächlich betraten wir, wie in einem Traum, eine vollkommen andere Landschaft, als wir den Wald verließen. Die Erde war so trocken, dass unsere Stiefel staubigen Sand aufwirbelten. Es regnete kaum noch, und der Wind war weniger kühl und schneidend. Auch das Licht war anders; es war heller, da die dürre Sichel der Sonne im Norden anscheinend schärfer war und besser durch die Wolkenschichten schnitt als anderswo. Von einem verkrüppelten Gewächs, das seine fleischigen Blätter ausgebreitet hatte, stieg ein fauliger Geruch auf. Wir hielten uns die Nasen zu, als wir daran vorbeigingen.
    Kurze Bäume, deren dicke Stämme mit einem Pilz überwachsen waren, säumten den Weg. Dazwischen wucherten Farne mit bräunlich gelben Blättern. Die ganze Landschaft wirkte verdorben, wie mit Schimmel überzogen.
    »Es gibt gar keine Mücken mehr«, sagte Leela verwundert. Jetzt fiel es mir auch auf, ich hatte mich seit einiger Zeit nicht gekratzt. Frösche schien es auch nicht zu geben, es gab keine feuchten Wiesen, keine Tümpel. Stattdessen stießen wir auf Spinnen, die ihre Netze zwischen Sträuchern spannten. Wir probierten eine, aber sie schmeckte etwas bitter. Als wir Beeren an einem Strauch entdeckten, probierten wir sie zögernd und warteten ein paar Minuten, ob sie giftig wären. Als nichts geschah, stopften wir sie uns händeweise in die Münder. Abends machten wir uns ein Lager und spannten unsere Regenumhänge auf, um den Tau aufzufangen.
    Je nördlicher wir kamen, desto weniger Pflanzen gab es, was bedeutete, dass es bald nicht mehr genug Wasser geben würde. Nachdem wir einen halben Tag gelaufen waren und der Durst immer schlimmer wurde, schlug ich Leela vor, ein Tier zu fangen, um dessen Blut zu trinken. Sie sah mich angewidert an und stapfte weiter. Ich hatte es im Spaß gemeint, aber vielleicht waren wir wirklich bald darauf angewiesen. Dummerweise hatten wir seit Stunden kein Tier gesehen, außer einem toten: einer dicken Schlange mit drei Augen.
    Nach einigen Kilometern gab es gar keine Pflanzen mehr, nur trockene Erde: ein endloses braunes Meer, in dem größere und kleinere Felsen schwammen und sich Hügel wie Wellen auftürmten. Auch die Luft war sandig, ständig mussten wir ausspucken. Der Sand biss in unsere Augen und drang in jede Pore. Je weiter nördlich wir kamen, desto heißer wurde es. Zwar drang die Sonne auch hier nicht wirklich durch die Wolken, aber sie kochte die Luft auf. Wir waren bald durchgeschwitzt bis auf die Knochen und überlegten, ob wir nicht lieber umkehren sollten, um unser Glück im Süden zu versuchen. Nur der Gedanke an die

Weitere Kostenlose Bücher