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Das Ende der Welt (German Edition)

Das Ende der Welt (German Edition)

Titel: Das Ende der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Höra
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widersprach Lale.
    »Gemein?«, fragte Astrid. »Das findest du gemein?« Astrid funkelte sie giftig an, beugte sich über den Tisch und kippte Lale ihren vollen Teller mit der heißen Suppe in den Schoß. Das Mädchen sprang erschrocken auf.
    »Findest du das auch gemein, du dumme Kuh?«, brüllte Astrid. »Bist du auf ihrer oder auf unserer Seite?«
    Lale stand mit gesenktem Kopf da. »Hör auf damit, Astrid«, sagte Tomasz ruhig.
    Astrid lachte nervös und holte Luft. »Du hast recht. Das bringt ja nichts, wenn wir uns gegenseitig fertigmachen.«
    Wir aßen schweigend weiter, nur das Geklapper der Löffel war zu hören.
    Nach dem Essen nahm Astrid mich beiseite. »Leela muss akzeptieren, dass wir eine Gruppe sind. Wir sind ein Körper, dessen Gliedmaßen miteinander verbunden sind. Es kann nicht sein, dass jeder tut, was er will.« Ihre großen grünen Augen sahen mich eindringlich an.
    Nachdem ich versprochen hatte, mit Leela zu reden, drückte mir Astrid ein Buch in die Hand.
    »Die Gedanken da drin sind unsere Waffe. Lies es!«, sagte sie sanft. »Dann unterhalten wir uns über deine Zukunft.«
    Ich schlug das Buch auf, die vergilbten Seiten waren brüchig, Papierkrümel rieselten auf die Erde. Ich las ein paar Sätze, verstand aber kein Wort. Es ging um Politik.
    Ich legte es weg und beobachtete Astrid, die über einem Text brütete. Sie strich sich eine Haarsträhne aus der Stirn. Plötzlich musste ich an einen Raubvogel denken, der am Himmel seine Runden dreht, um ohne Vorwarnung zuzuschlagen.
    Als ich nach Leela sehen wollte, überschüttete mich Tomasz mit Arbeit. Mal musste ich Maynier an der Druckmaschine helfen, dann sollte ich Astrid und auch ihm bestimmte Bücher bringen, die ich aus dem verstaubten Regal suchen musste.
    Zum Abendessen gab es kalte Kartoffeln und kalten Kohl und für jeden einen halben Muschnik. Ich zweigte etwas davon für Leela ab, worauf Tomasz mich böse ansah. »Du weißt, wie wir darüber denken«, sagte er herausfordernd. Ich gab ihm keine Antwort.
    »Ist schon in Ordnung«, sagte Astrid sanft. »Wir machen eine Ausnahme. Sie sind neu.«
    Bevor wir schlafen gehen durften, musste jeder vom Stand seiner Arbeit berichten. Ich sollte eine Zusammenfassung meiner Lektüre geben, doch nachdem ich eine Weile rumgestottert hatte, erließ Astrid mir den Rest. »Es war ein langer Tag«, sagte sie. Ich lächelte sie dankbar an.
    »Was habt ihr eigentlich vor?«, wollte ich wissen. »Eure Flugblätter bringen doch nicht viel.«
    Tomasz sah aus, als würde er mir am liebsten an die Kehle springen. »Sie bereiten die Leute auf eine Aktion vor«, sagte er mit mühsam unterdrückter Wut.
    »Wie meinst du das?«, wollte ich wissen.
    »Wir werden sie dazu zwingen, sich gegen Cato zu erheben«, sagte Tomasz. »Und das sehr bald.«
    In diesem Moment wurde mir klar, dass Tomasz verrückt war. Ich kannte diesen Blick von Kameraden. Einige waren schreiend in feindliches Gewehrfeuer gelaufen. Andere hatten auf der Straße um sich geschossen, weil sie überall Terroristen gesehen hatten.
    »Und du und Leela, ihr könnt euch bald beweisen«, sagte Tomasz und warf mir einen seltsamen Blick zu.
    »Was sollen wir beweisen?«, fragte ich.
    »Auf welcher Seite ihr steht«, antwortete er.
    »In Köln soll es bereits Aufstände gegen die Verwaltung gegeben haben«, warf Astrid ein.
    »Die wird es hier auch bald geben«, sagte Tomasz düster.
    Leela lag auf ihrem Schlafsack und funkelte mich böse an. »Na, hast du dich mit deinen neuen Freunden amüsiert?«
    »Du machst es nur noch schlimmer«, sagte ich und legte ihr das Essen hin, auf das sie sich gierig stürzte.
    Ich erzählte ihr von Tomasz’ Andeutungen.
    »Du hilfst diesen Irren auch noch«, sagte sie kauend. »Und das nur wegen dieser Astrid.«
    »Was hat denn Astrid damit zu tun? Die ist mir doch egal«, sagte ich.
    »Sie benutzt dich.«
    »Du kennst sie doch gar nicht«, sagte ich beleidigt.
    »Du auch nicht«, sagte Leela nur und aß ungerührt weiter.

34
    Am nächsten Tag gab Leela ihren Widerstand auf.
    »Die Prinzessin ist von ihrem Thron gestiegen«, sagte Tomasz, als er sie sah. Leela lächelte nur matt und goss sich eine Tasse Rübenschnitzel-Tee ein.
    Nach dem Frühstück, das ebenfalls aus Rüben bestand, bekamen wir unsere Aufgaben für den Tag. Leela sollte Bücher abstauben, was sie auch widerwillig tat. Ich wurde Maynier zugewiesen, um ihm beim Drucken zu helfen. Astrid hatte beschlossen, dass ich mit den Händen statt mit dem Kopf

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