Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Ende der Welt

Das Ende der Welt

Titel: Das Ende der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Gran
Vom Netzwerk:
wo das Licht ausgeknipst war und niemand wusste, wo der Schalter war.
    Ich drehte mich zu Rob um.
    »Rob Scorpio«, sagte ich, »heute ist der erste Tag deines restlichen Lebens.«
    Er schniefte. »Was zum Teufel soll das wieder heißen?«, fragte er, immer noch verheult.
    Ich schlug Rob zuerst auf die linke Wange und dann auf die rechte. Ich prügelte den Ausdruck von seinem Gesicht und den ganzen Rob vom Stuhl. Er wehrte sich nicht. Ich wusste nicht, ob er Angst hatte oder überrascht war oder einfach ein schlechtes Gewissen hatte. Als er auf dem Boden lag und zu entkommen versuchte, trat ich mit aller Kraft zu und traf ihn kurz über dem Knie. Er versuchte aufzustehen, aber ich boxte ihn gegen die Schläfe, so fest ich konnte. Er sank zu Boden, Blut strömte über sein Gesicht.
    Claude hörte den Lärm und kam herein, um Rob zu retten.
    »Was soll das?«, heulte der blutverschmierte Rob.
    Nein, es war nicht seine Schuld. Aber er hätte es verhindern können.
    In dieser Welt gab es nur wenig Gutes, jedenfalls sah ich es so, und zu dem wenigen Guten hatte Paul gehört.
    Bevor Claude mich wegzerren konnte, landete ich mit meinem Stiefel einen letzten, kräftigen Treffer gegen Robs Oberkörper und hörte seine Rippen krachen, und zum ersten Mal seit Pauls Tod fühlte ich so etwas wie Freude.
    Claude rief die Polizei und sagte, wir hätten einen Zeugen gefunden. Sie kamen und verhafteten Rob. Huong und Ramirez führten ihn in Handschellen ab.
    »Nicht schlecht, DeWitt«, sagte Huong anerkennend, als Rob hinausgebracht wurde. Ramirez sagte gar nichts.
    Rob wirkte abwesend. Claude sah aus, als stünde er unter Schock.
    Ich schloss mich in Claudes Badezimmer ein. Ich hörte, wie die Cops gingen und wie der fassungslose Claude sich an den Küchentisch setzte. So etwas hatte er noch nie erlebt. Seine erste große Auflösung. Ich warf einen Blick in sein Medizinschränkchen. Sein Mitbewohner besaß eine volle Flasche Valium. Ich nahm erst zwei Tabletten und dann eine dritte.
    Ich spürte, dass etwas zu Ende ging.
    Doch es war noch nicht vorbei.

[home]
    57
    D er Prozess würde noch lange auf sich warten lassen. Der Fall erregte großes Medieninteresse, und beide Seiten planten ihre Strategie mit Sorgfalt. Rob wiederholte anstandslos sein Geständnis. Die Polizisten fuhren mit ihm nach Santa Cruz, um die Wandre bei seinem Freund abzuholen.
    Kein Schwein rief an, um zu sagen, gut gemacht, Claire. Super, Claire. Du bist die Beste, Claire. Mensch, Claire, wie hast du das bloß wieder geschafft?
    »Wenn du ein Leben voller Freundlichkeit suchst«, schrieb Silette an Jay Gleason, »such woanders!«
    Lydia wurde im Haus am Bohemian Highway festgenommen. Die Presse hatte einen Tipp bekommen, und so prangte ihr Foto auf der Titelseite des San Francisco Chronicle und der Oakland Tribune und des Santa Rosa Press Democrat und sogar der L.A. Times. In der New York Times schaffte sie es immerhin auf die erste Seite der Inlandsrubrik.
    Abends sah ich es auf CNN . Ein Kamerateam hatte gefilmt, wie sie in Handschellen aus dem Haus geführt wurde.
    Ich konnte mich nicht erinnern, je eine schönere Frau gesehen zu haben. Sie war das glamouröseste Wesen der Erde. Sie war auf dem Weg zu einem Abendessen mit Carolyn gewesen. Sie trug ein schwarzes Kleid aus den Vierzigern und eine weiße Blume im schwarzen Haar. An ihrem Finger steckte immer noch der goldene Ehering.
    Wahrscheinlich war es genau dieses Bild, das später in Bildbänden wie
Tödliche Frauen!
und
Enzyklopädie der verkannten Mörderinnen
auftauchen würde.
    Es ging mir kein bisschen besser. Nichts war vorbei, nichts hatte begonnen.
     
    Hundertfünfzehn Tage nach Pauls Tod lag ich zu Hause auf dem Fußboden und hörte eine von Pauls Platten an. Die letzten Reste alles Guten waren von mir gewichen. Ich hatte kein Kokain mehr. Die letzte Oxycodon hatte ich vor Tagen genommen, und die geklauten Valium hatten kaum einen Tag gehalten.
    Alles tat weh. Jeder Nerv in meinem Körper schmerzte.
    Claude kam vorbei. Er hatte ein paarmal angerufen, aber ich hatte nicht reagiert, und so brach er in mein Loft ein. Er hatte einen Schlüssel und durfte hereinschneien, wann immer er wollte, trotzdem fühlte es sich wie ein Einbruch an. Er warf mir einen vermeintlich besorgten Blick zu, aber ich wusste, im Grunde war er nur angewidert.
    »Wann wirst du endlich vom Boden aufstehen?«, fragte er. Seine Stimme war schwer von gespielter Sorge, seine aufgesetzte Zuneigung so durchsichtig wie Glas.
    Ich

Weitere Kostenlose Bücher