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Das Ende der Welt

Das Ende der Welt

Titel: Das Ende der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Gran
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hast es getan.«
    »Du hast sie aus dem Haus geschafft«, sagte ich.
    Er nickte. »Ich habe sie gepackt, und wir sind einfach weggerannt. Ich bin mir sicher, dass keiner uns gesehen hat, aber solche Gedanken kamen mir erst viel später. Wir sind einfach nur gerannt.«
    »Und auf dem Weg nach draußen«, sagte ich, »hat Lydia beide Schlüssel mitgenommen, ihren und den von Paul. Sie hat die Schlüssel mitgenommen und die Haustür abgeschlossen, so wie immer.«
    Rob sah mich an. »Ja. Woher weißt du das? Sie hat tatsächlich beide Schlüssel mitgenommen. Das hat sie immer gemacht. Sie hat beim Rausgehen immer die Tür abgeschlossen.«
    Gewohnheiten sind nicht totzukriegen. Anders als Menschen, wie es schien.
    »Ich habe sie ein paar Tage später in Berkeley in den Müll geworfen«, sagte er. »Jedenfalls. An dem Abend. An
dem
Abend. Wir sind einfach weggerannt, bis mein Verstand einsetzte. Wir hatten einen Mord begangen und brauchten, na ja, ein Alibi und so was, du weißt schon, wie im Fernsehen. Lydia konnte nicht mehr denken. Deswegen habe ich mir diese Geschichte ausgedacht. ›Lydia, du warst das nicht. Jemand anders hat Paul umgebracht. Du fährst jetzt zum Make-Out Room und sorgst dafür, dass viele Leute dich sehen, und wenn du heute Nacht nach Hause kommst, merkst du, dass eingebrochen wurde.‹ Das Komische ist, sie hat mir tatsächlich geglaubt. Ich habe immer wieder gesagt: ›Alles wird gut, ich regle das. Es ist nie passiert!‹ Ich glaube, als sie in der Nacht nach Hause kam, hat sie selbst dran geglaubt. Anfangs wusste sie natürlich, dass sie log, aber später dann nicht mehr. Ich glaube, sie hat das Ganze irgendwie, du weißt schon, verdrängt.«
    »Du bist also zum Haus zurück?«, fragte ich.
    »Nein«, sagte er. »Zuerst habe ich den Revolver entsorgt. Ins Meer geschmissen. Na ja, man weiß ja aus dem Fernsehen, was in so einer Situation zu tun ist. Die Waffe entsorgen und sich ein Alibi ausdenken. Zum Glück hatte Lydia den zweiten Schlüssel mitgenommen. Ich bin damit ins Haus zurück, und dann bin ich runter ins Studio. Ich bin einfach – o Gott, das war das Schlimmste. Er lag da, und ich musste so tun, als sähe ich ihn nicht. Dabei … egal. Jedenfalls. Ich bin mit Lydias Auto zum Haus gefahren, habe mich überzeugt, dass keiner mich sieht, habe ein paar Gitarren eingeladen und bin abgehauen.«
    »Und du hast die Tür hinter dir abgeschlossen«, sagte ich.
    »Ja«, sagte er beschämt. »Ich weiß, das war total bescheuert. Ich hätte die Schlüssel im Haus und die Tür offen stehen lassen sollen. Es fiel mir erst eine Stunde später ein. Aber da war es zu spät.«
    »Wo sind die Gitarren?«, fragte ich.
    Er verzog das Gesicht. »Ich habe sie vernichtet«, sagte er. »Ich bin nach Oakland gefahren, ich kenne da so eine Stelle, ein verwildertes Grundstück. Ich habe sie zerlegt. Ich hab sie einfach in Stücke gehauen und verbrannt. Ein paar Tage später bin ich noch mal hin, um die Reste aufzusammeln und in den Müll zu werfen.«
    »Außer die Wandre«, sagte ich.
    Er nickte.
    »Wo ist sie?«, fragte ich.
    »Bei einem Freund«, sagte er. »Bei meinem Freund in Santa Cruz. Ich habe ihm erzählt, ich hätte sie einem reichen Paar aus Mission geklaut. Er solle sie aufbewahren, bis Gras über die Sache gewachsen sei. Sie war so … sie war zu schön. Ein richtiges Kunstwerk! Ich hatte sie dabei, als ich die anderen kaputt gemacht habe, aber ich habe es einfach nicht übers Herz gebracht.«
    Ich steckte die Hand in meine Tasche, und er erschrak, so als wollte ich etwas noch Schlimmeres als eine Pistole herausholen. Ich nahm Stift und Zettel, stand auf und gab sie ihm.
    »Dein Freund«, sagte ich. »Name, Adresse?«
    Er sah mich an, als machte ich Witze.
    »Ich kann es einfach nicht glauben«, sagte er und fing wieder zu weinen an. Er schrieb Name und Adresse auf. Ich dachte zuerst, er weinte, weil er schuldhaft in den Tod eines anderen Menschen verwickelt war. Ich hatte mich geirrt.
    »Ich möchte sie sehen«, stieß er zwischen zwei Schluchzern hervor. Sein Gesicht war nass und gerötet. »Ich vermisse sie so sehr. Darf ich sie kurz sehen? Ich habe sie seit jener Nacht nicht mehr getroffen. Ich wollte nicht, dass man uns zusammen sieht.«
    Ich blickte aus dem Fenster. Draußen war es so neblig und verregnet, dass man kaum bis zur gegenüberliegenden Straßenseite sehen konnte. Ich fragte mich, ob die anderen Yugas ebenso verregnet waren. Oder ob es nur hier bei uns so dunkel war, im Kali Yuga,

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