Das Ende des Himmels: Roman (German Edition)
über das Dach erlangen wollte. Selbst ich als Kommissionsvorsitzender kann von so viel Macht nur träumen. Aber die Dummköpfe wussten nicht, was sie taten, und verloren die Kontrolle über ihre Schöpfung.«
»Rebellen …«, flüsterte Hiresh.
»Natürlich.« Warum grinste der Mann so? »Wer würde nicht davon träumen? Ein sehr cleverer, sehr wagemutiger Plan. Doch als der frühere Kommissionsvorsitzende ihnen auf die Spur kam, ermordeten sie ihn. Seitdem hat sich für die arme Indrani viel verändert.«
Hiresh nickte. Wie seltsam, dass Dharam den Plan so sehr bewunderte, fast als wäre er stolz auf die Gerissenheit des Feindes. Aber das war nicht annähernd so seltsam wie die Tatsache, dass sich der Kommissionsvorsitzende einem einfachen Jungen anvertraute. »Was ist mit dem Heilmittel?«, fragte er. »Ihr habt immer wieder gesagt, dass ihr ein Heilmittel habt.«
Dharam nickte. »Oh ja, das haben wir. Oder fast. Das ist der Punkt, wo das Kriegsschiff ins Spiel kommt, weißt du? Eigentlich ist es gar kein Raumschiff – es kann nicht einmal fliegen.«
»Nicht? Aber es hat Triebwerke!«
Dharam schüttelte den Kopf. »Wir haben ein Labor gebraucht. Eines, das nur mit den primitivsten Maschinen ausgestattet ist. Die wir selber bauen konnten, mithilfe von Kopien, die im Archiv des Daches gespeichert sind. Solche Dinge kann der Glibber nicht umwandeln … Und als wir die ersten Anzeichen der Krise bemerkten, begannen wir mit der Suche nach einer Methode, sie zu beenden. Und jetzt, endlich … endlich … haben wir den Punkt erreicht, an dem wir die Menschheit vor der totalen Vernichtung bewahren können. Aber es gibt eine entscheidende Information, die uns fehlt. Eine Technikerin wurde während der Rebellion getötet, und ihre Arbeit, die sie achtlos herumliegen ließ, wurde vernichtet.« Dharam beugte sich vor und packte Hiresh am Uniformkragen. Er starrte in die Augen des Jungen. »Wir haben keine Zeit mehr. Verstehst du mich? Hast du die Beben bemerkt? Wir haben nicht genug Zeit, um die Forschung dieser Idiotin zu rekonstruieren, und nur eine einzige andere Person hat sie gesehen und könnte in ihren Erinnerungen eine Aufzeichnung davon haben. Nur eine einzige Person kann uns retten – jeden Mann, jede Frau und jedes Kind im Dach.«
»In … Indrani?«
Dharam ließ ihn sofort los.
Jetzt war plötzlich klar, warum Hiresh auserwählt worden war. »Sie ist entkommen?«, fragte er. »Stolperzunge auch?«
»Ein gefährliches Geschöpf«, sagte Dharam. »Und ich hätte es wissen müssen, weil er mich angegriffen hat, während ich ihn befragt habe.«
Das sah dem Stolperzunge, den Hiresh kannte, gar nicht ähnlich. Es konnte nur irgendein Missverständnis gegeben haben. »Aber warum hast du ihn persönlich befragt?«
»Aus demselben Grund, weshalb ich mir eine Sphäre voller delikater Nanos genommen habe, um eine kleine Spritztour zu diesen von Glibber überzogenen Wänden zu machen.«
Hiresh blinzelte. Ihm war nicht bewusst gewesen, dass sie sich in so großer Gefahr befanden. Aber sie würden sehr tief stürzen, sollte die Maschine, der sie sich anvertraut hatten, infiziert werden.
»Und aus demselben Grund«, fuhr Dharam fort, »ging Indranis … unersetzbarer Vater ganz allein gegen die Verschwörung vor. Einige von uns leben schon sehr lange, mein Freund. In einigen Fällen mehrere Jahrhunderte. Oder mehr. In meinem Alter muss man immer wieder solche Risiken eingehen, damit es sich lohnt, das Herz weiterschlagen zu lassen. Und jetzt …« Wieder beugte er sich vor. »… kommt mein Angebot an den Jungen, der sich mit einem wilden Kannibalen angefreundet und es überlebt hat. Hier ist es.« Er gestikulierte, und auf der Innenwand der Sphäre erschienen Bilder, Hunderte von Bildern. Wohin Hiresh auch blickte, überall sah er Gewalt, Kämpfe, Feuer und Tod.
»Es hat wieder angefangen. Die Rebellion, die Morde. Und wir haben keine Elite mehr, die sich dem entgegenstellen könnte.«
Hiresh war schockiert. »Niemanden mehr?«
Dharam zuckte mit den Schultern. »Vielleicht noch ein paar Dutzend. Die meisten wurden getötet oder sind krank.«
»Krank?« Hiresh wurde bewusst, dass er alles wiederholte, was der Kommissionsvorsitzende sagte, aber er konnte einfach nichts dagegen tun.
»Und als wäre das noch nicht genug, arbeitet auch das Dach immer unzuverlässiger. Wir werden sterben. Deine Mutter. Deine neue Freundin. Die anderen Studenten an der Akademie, die Religiösen, die Pazifisten, die Weltlichen.
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