Das Ende des Himmels: Roman (German Edition)
»Diese Schlangenwesen sind doch sehr lange und schmale Tiere, nicht wahr? Und dies hier ist der Sektor Schlange.«
Sie seufzte. »Wahrscheinlich hast du recht. Wie dumm, dass wir ausgerechnet hier ohne Wasser unterwegs sind! Komm, wir müssen weitergehen.«
Sie kamen immer wieder an offenen Wohnungen vorbei, doch in keiner gab es etwas zu trinken. Ein Raum war mit Möbeln vollgestellt, aber Indrani schaffte es nicht, sie vom Boden absorbieren zu lassen. Während sie sich dort aufhielten, sahen sie, wie eine Schachtel aus der Wand kam und auf einen Tisch fiel. Andere Dinge – ein halber Stuhl oder eine Tasse – ragten teilweise aus den Flächen, wo sie aus Mangel an Platz nicht vollständig ausgebildet werden konnten.
Sie gingen weiter, und endlich erwiterte sich der kleine schwarze Punkt vor ihnen zu einem Durchgang, der von flackerndem Licht erhellt wurde.
»Hörst du das?«, fragte Indrani.
Stolperzunge wagte es nicht zu sprechen und schüttelte nur den Kopf.
»Hör genau hin.«
Er tat es und horchte angestrengt. Ihre Haare bewegten sich in einem leichten Luftzug. Das Baby rührte sich schläfrig in den Armen seiner Mutter. Dann hörte er es. Das Geräusch von Wasser, das in einen Teich tropfte. Indrani sah seinen Gesichtsausdruck und grinste.
»Komm!«
Sie rannte im Dauerlauf los, wovon ihre Tochter wach wurde. Indrani beantwortete das Gewimmer des Baby mit einem fröhlichem Lachen und wurde nicht langsamer. Stolperzunge lächelte, während sein Blick auf den Ausgang des Sektors Schlange gerichtet war. Ihr Ziel war weiter entfernt, als es den Anschein hatte, und er wunderte sich über die Perversion der Leute, die eine Wohnanlage entworfen hatten, in der sich das Wasser von einem Jäger entfernte, während er darauf zulief.
Er hatte in seinem ganzen Leben noch nie so großen Durst verspürt. Es musste an der Medizin liegen, wurde ihm bewusst. Er hatte sich beim Kampf gegen die Männer mit den Stöcken das Knie verletzt, und die Nanos brauchten große Mengen an Nahrung und Wasser, um ihn wieder gesund werden zu lassen. Kein Problem, überhaupt kein Problem für einen normalen Dachbewohner in normalen Zeiten. Aber sehr gefährlich in einer Wüste. Seine Kehle brannte, und vor seinen Augen schien der Korridor zu flimmern, als würde er ihn durch die erhitzte Luft über einem Feuer betrachten.
Noch hundert Schritte trennten ihn vom Ausgang. Dahinter war es dunkel, doch sie konnten die kühle Luft spüren, die aus der Finsternis hereinwehte, und das wunderbare Plätschern des Wassers hören. Sie mussten anhalten, als sie das Ende des Korridors erreicht hatten, denn das einzige Licht kam nun von hinten. Ein großer Teich versperrte ihnen den Weg.
»Du kannst natürlich nicht schwimmen«, sagte Indrani.
Doch Stolperzunge war es völlig egal, ob sie hier möglicherweise in der Falle saßen. Ihm war sogar alles andere egal. Er ging auf die Knie und kroch auf den Teich zu. Dort legte er die Hände zusammen und hatte sie bereits auf halbem Weg zum Mund geführt, als ihm bewusst wurde, dass etwas nicht stimmte. Es kribbelte auf seiner Haut. Seine ausgedörrte Zunge wollte nicht, dass er innehielt, doch dann wurde das Kribbeln in seinen halb erhobenen Händen immer schmerzhafter.
»Oh nein!«, krächzte er. Nicht im Untergeschoss!
Schleim rann aus zerfressenen Löchern in der Decke und lief an den Wänden herab.
20
Die Luft von Sektor Stolz
Hiresh erhielt keine Ausbildung, denn das gesamte Personal der Akademie war fortgeschickt worden, um die Rebellion niederzuschlagen oder das Kriegsschiff vor Angriffen zu schützen. Außerdem hätte die Zeit sowieso nicht ausgereicht, um aus ihm ein richtiges Elite-Mitglied zu machen.
Er stellte fest, dass es ihn gar nicht störte. Nach den Injektionen hatte sein ganzer Körper vor Fieber geglüht. Davon hatte er schon in der Akademie gehört, dass sich die winzigen Maschinen in seine Muskeln gruben und sie umbauten, damit er schneller, kräftiger und ausdauernder wurde.
Doch er fühlte sich die ganze Zeit nur übel und benommen, ohne eine Spur des Stolzes, den er erwartet hatte. Er war schon immer klein und mager gewesen. Jetzt spannte sich seine Kleidung immer fester um seine Arme und Beine, und ihn interessierte nur die Frage, was Tarini davon halten würde.
Seit er vom bevorstehenden Ende der Welt erfahren hatte, war ihm nicht mehr erlaubt worden, mit ihr zu sprechen. Jeder Kommunikationsversuch wurde von der leeren Wand einer uralten Blockierungsvorrichtung
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