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Das Ende des Himmels: Roman (German Edition)

Das Ende des Himmels: Roman (German Edition)

Titel: Das Ende des Himmels: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peadar O´Guilín
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töten, auch wenn du noch ein kleiner Junge bist.«
    Ihr spöttischer Tonfall löste Wut in Hiresh aus. Sein Körper schien zu erstarren, und er presste die Hände an den Kopf. Sein Gesicht brannte.
    »Geht es dir gut?«, fragte Sergeant Divya. »Soll ich … soll ich die Barrikade niederbrennen?«
    Die unsichtbare Frau setzte ihre Tirade fort. »Wir haben ein paar von den neuen Pistolen, die eure Leute gehortet haben. Wir sind bereit, ein paar Patronen zu vergeuden, wenn wir dich nicht auf andere Weise davon überzeugen können, zu deiner Mami heimzukehren!«
    Hiresh wusste nicht, ob es an der Erwähnung seiner Mutter oder an den vorausgegangenen Beleidigungen lag. Oder daran, dass die Elite-Injektionen ihn einfach nur zu einem weiteren Chakrapani gemacht hatten.
    Er brüllte wie ein Tier, und alle Wärter sprangen erschrocken zurück. Dann wurde ihm bewusst, dass er plötzlich losgerannt war, über seinen toten Kameraden hinwegsetzte und sich auf den Möbelhaufen warf. Seine Schienbeine wurden aufgeschrammt, und ein ausgestrecktes Tischbein verletzte seinen Oberschenkel. Doch es spielte keine Rolle – nichts spielte mehr eine Rolle, nicht einmal die hastigen Befehle von der anderen Seite und das Klicken, das nach einer entsicherten Waffe klang. Aber sie kamen nicht dazu, einen Schuss abzufeuern. Stattdessen brach der gesamte Haufen aus Stühlen, Tischen und einem Bett unter seinem rasenden Ansturm zusammen. Statt Gelächter waren nun ängstliche Schreie zu hören. Die Frau rief: »Geht zurück! Holt die anderen! Wir werden ihn hier aufhalten!«
    Er warf Trümmer beiseite und bekam sie zu fassen, eine schlaksige Frau mittleren Alters, die gerade nach einer auf den Boden gefallenen Waffe greifen wollte. Ihr Genick brach unter seiner Faust. Das Knacken hörte sich wunderbar an! Andere Leute stürzten sich auf ihn, ihre Messer ritzten seine Haut auf, sie stachen und schmerzten ihn, doch dadurch verstärkte sich seine Wut umso mehr. Wieder brüllte Hiresh. Er packte einen der Männer. Eigentlich noch ein Junge, etwa in seinem Alter, mit blau bemalter, schweißüberströmter Haut. Hiresh benutzte ihn als Schild, bis er aufhörte zu schreien, und dann als Waffe. Er wirbelte den Jungen einmal im Kreis herum und trieb seine Feinde zur Menschenmenge in dem Korridor zurück. Er sah ihre Gesichter. Er sah ihren Schrecken.
    »Sie sind fort, Herr! Sie sind weggelaufen!«
    Andere Wärter tauchten wie aus dem Nichts um ihn herum auf. Seine Feinde lagen wie leere Säcke am Boden, genauso tot wie die leblose Puppe, die er immer noch gepackt hielt. Langsam, ganz langsam, ohne dass sich jemand aus seiner Gruppe allzu nahe an ihn heranwagte, beruhigte sich sein rasendes Herz. Schließlich schaffte er es, die Finger so weit zu entspannen, dass ihm der tote Junge aus den Händen glitt.
    Er sah Besorgnis in den Gesichtern der anderen Wärter. Auch Furcht. Und Abscheu. Hiresh fiel es schwer, ihnen in die Augen zu blicken, doch es war noch schwerer, seine eigenen Fingerspitzen anzusehen, die stark genug gewesen waren, sich in den Rücken seines Opfers zu bohren.
    »Ich brauche … ich brauche Wasser«, sagte er. Sein Körper verlangte auch nach Nahrung, aber er wollte ihn dafür bestrafen, dass er sich so heftig seiner Kontrolle entzogen hatte. Wenn Tarini ihn jetzt sehen könnte. Bei der Göttin, ach, bei der Göttin! Das war die Rache, von der er immer wieder in jenen Nächten geträumt hatte, als er sich die Haut abgeschält hatte. Doch es wäre besser gewesen, wenn sein Vater ihn an der Flucht gehindert hätte.
    Divya wagte es, ihm eine Hand auf die Schulter zu legen. »Wir müssen weitergehen. Es sei denn …«
    »Schon gut.« Er verdankte Stolperzunge sein Leben. Und auch diesen Menschen, die er in seiner unbeherrschten Raserei ermordet hatte. Alles wäre umsonst, wenn er Indrani nicht fand.
    Hiresh kam auf die Beine und marschierte durch die Menge der religiösen Rebellen im Sektor Stolz.
    Sie waren keine Kämpfer. Das erkannte er an ihren ausgemergelten Körpern. Sie sahen viel schlimmer aus als die Weltlichen, selbst in diesen Tagen. Es wäre einfach für sie gewesen, sich auf ihn zu stürzen, während er vorbeiging, vielleicht mit einem Messer. Aber niemand wagte es. Sie hatten sich schon selbst viel Schaden zugefügt, indem sie ihren Kriegern zuliebe auf Nahrung verzichtet hatten, und das für eine Rebellion, die sie niemals gewinnen konnten.
    Hier hatten sich viele verschiedene Religiöse zusammengetan. Er sah Dachanbeter, zu

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