Das Ende ist mein Anfang - Ein Vater ein Sohn und die grosse Reise des Lebens
bleibt von der Wissenschaft gänzlich unberücksichtigt. Mit Gefühlen will sie nichts zu tun haben. Daher horcht niemand mehr auf die Stimme seines Herzens. Und wer es doch tut, gilt, nun ja, als einfältig.
Überleg mal, wie viele große Wissenschaftler es gibt, die Unglaubliches entdeckt haben. Doch ein Nobelpreisträger ist nicht unbedingt ein Meister, ein Erwachter. Er kann genauso gut ein Vollidiot sein.
Der Mensch bildet sich ein, im Besitz der Erkenntnis zu sein, und tatsächlich schreitet er auf dem Weg des Wissens immer weiter voran. Doch jedes Mal, wenn er an die Grenzen des Bekannten stößt, merkt er, dass das Unbekannte unendlich viel größer ist als das, was er kennt und je kennen wird. Wie schön wäre es, wenn er die Existenz dieses Geheimnisses, dieses Unbegreiflichen akzeptieren und sich dazu bekennen würde. Und dazu gehört auch das Geheimnis des Todes.
Lange Pause.
Weißt du, man stirbt, weil man geboren wird. Wenn man jung ist, denkt man immer, der Tod treffe nur die anderen. Würde man hingegen schon als Kind lernen, dass er Teil des Lebens ist und ins Leben integriert werden kann, wäre das Leben viel schöner, denn es wäre um diesen Kontrast und diese Dimension reicher. Um das zu begreifen, musst du nicht gleich sterben, du kannst ruhig hundert Jahre alt werden - Hauptsache, dir ist bewusst, dass dein Leben und dein Tod letztlich dasselbe sind.
Nur ist heute über den Tod zu sprechen genauso tabu, wie früher über Sex zu sprechen. Im neunzehnten Jahrhundert sprach bei Tisch niemand über Sex. Heute schon, aber über den Tod? Gott bewahre.
All diese Gedanken führen auf etwas zu, was vielleicht die einzige wirkliche Erkenntnis meines Lebens ist: dass man die Welt anders betrachten muss. Betrachte sie auf deine Art, Saskia, mit größerer Empfindsamkeit. Sie ist da, und sie ist wunderbar. Nur betrachten wir sie alle auf die gleiche Weise und immer häufiger mit den verdammten Hilfsmitteln der modernen Technologie. Wir betrachten sie nicht mehr so, wie sie ist, und wir betrachten sie nicht mit unseren eigenen Augen.
Du bist so eine schöne Frau, Saskia, eine junge Mutter. Halt hin und wieder ein! Halt ein und lass dich vom Staunen über diese Welt ergreifen. Das meine ich, wenn ich von dem Frieden hier spreche. Versuch, im Angesicht dieser Berge Ruhe zu finden. Setz dich eine Viertelstunde hin und horch auf die Stille. Hör ihr zu, versuch, sie zu spüren!
Wer tut das schon?
Klingeling! Tut-tuut! Brumm-brumm! Peng! Die Welt dreht sich weiter. Millionen von Ameisen, herrlichen Schmetterlingen, Grashalmen kommen und gehen, und du hast sie nicht einmal bemerkt. Ein Zug, der durch einen Tunnel saust. Und du hast eine Chance verpasst - besser zu werden, reicher zu werden.
Das ist im Grunde so einfach und banal und doch eine große Entdeckung, findest du nicht auch?
Wer ein Problem hat, hält nur allzu selten inne, um in der Stille auf die Stimme seines Herzens zu horchen. Die meisten stürzen sich in die Menge, gehen ins Kino oder suchen sich ein Abenteuer, um sich zu betäuben, um zu vergessen. Statt einfach mal einzuhalten. Bis plötzlich der Tag kommt, der Tag … SASKIA: Ja, bis irgendwann die große Erschütterung kommt. TIZIANO: Früher oder später kommt sie irgendwie hoch. Und dann bist du ihr nicht gewachsen, hast kein passendes Werkzeug, hast dich nicht vorbereitet. Also - wenn du ein Problem hast, halte ein. Horch in dich hinein und versuch die Antwort in dir selbst zu finden. Denn es gibt sie. Tief in deinem Inneren gibt es etwas, was dich hält, was dir hilft, eine Stimme. Hör ihr zu. Manche nennen sie „Gott“, manche haben andere Namen dafür, aber es gibt sie. Das ist meine … ich will nicht sagen Hoffnung, nein, es ist meine tiefe Überzeugung, dass es so ist.
Das also ist aus deinem Vater geworden, der sonntags zu Fuß von Monticelli nach Florenz ging, um den Reichen beim Eisessen zuzusehen … In diesem Sinne bedauere ich nichts. Was auch? Himmel, meine Reise ist geschafft! Keine große Reise, aber immerhin die meine. Jeder macht seine Reise, auch alle anderen, die Ameisen, alle.
Wobei es meiner Meinung nach eine wichtige Regel gibt: Kommst du an eine Gabelung, an der ein Weg nach oben und einer nach unten führt, nimm den nach oben. Bergab zu gehen ist zwar weniger mühsam, aber am Ende gerätst du in eine Kuhle. Aufsteigen heißt hoffen. Auch wenn es sicher nicht immer leicht ist, denn die Dinge anders zu sehen, ist eine Herausforderung und bedarf ständiger
Weitere Kostenlose Bücher