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Das Ende ist mein Anfang - Ein Vater ein Sohn und die grosse Reise des Lebens

Titel: Das Ende ist mein Anfang - Ein Vater ein Sohn und die grosse Reise des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tiziano Terzani
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Entschlossenheit verlangt, weil er Verzicht bedeutet, Verzicht auf Sicherheiten. Wo es doch so bequem ist, sich im Bekannten einzurichten, nicht? Um acht geht der Zug, um neun öffnet die Bank, sei anständig, klau kein Geld, und immer so weiter. Verlässt du aber das Bekannte und suchst nach Wegen, die noch nicht ausgetreten sind oder die du dir - noch besser - selbst bahnst, kannst du außergewöhnliche Entdeckungen machen.
    FOLCO: Unsere Gesellschaft hat sich für ein Leben in Sicherheit und Bequemlichkeit entschieden. Unsere größten Sorgen sind Geld und Gesundheit, sie hindern uns daran, unsere vier Wände zu verlassen. Die Sadhus aber, mit denen ich den Großteil der letzten Jahre verbracht habe, zeigen auf ihre komische, symbolische Art, splitternackt durchs Land zu ziehen, dass es möglich ist, vollkommen mittellos zu leben, sogar ohne Kleider.
    TIZIANO: Manchmal ist es notwendig, etwas zu riskieren und etwas anderes zu tun. Manchmal muss man auf Sicherheiten verzichten, denn sie konditionieren uns zugleich.
    FOLCO: Unsere Sicherheiten konditionieren uns?
    TIZIANO: Jede Sicherheit ist eine Konditionierung. Willst du eines Tages Rente beziehen, musst du dein Leben lang dafür arbeiten. Möchtest du krankenversichert sein, musst du jeden Monat dreihundert Euro dafür einzahlen. Du bist nicht mehr frei, denn jede Sicherheit ist eine Konditionierung, eine Einschränkung.
    Doch ich bin überzeugt, dass es immer einen Mittelweg gibt. Man braucht weder auf alles zu verzichten, noch alles zu wollen. Hauptsache, man ist sich bewusst, was man tut und welche Kompromisse man eingeht. Das ist wie mit der Maus und der Falle. Du bist die Maus, und die Falle steht schon bereit. Sie ist wie die Wohnung deiner Freunde, Folco, dieses netten Paars, das dich nach Pontassieve eingeladen hatte. Als du ihre Wohnung betratest, wärest du am liebsten sofort wieder weggelaufen. Du fandest es deprimierend. Diese Einbauküche, die im Einkaufszentrum vielleicht noch nach was aussieht, aber dann zu Hause nur scheußlich ist. Möbel ohne jegliche Persönlichkeit, völlig anonym, man kann höchstens zwischen grün und rot wählen. Dabei wäre es so einfach, zu einem Trödler zu gehen und einen alten Tisch aufzustöbern, an dem ganze Generationen gegessen haben.
    FOLCO: Und wie schafft es die Maus, nicht in die Falle zu gehen?
    TIZIANO: Mit Gandhis Rezept: Faste. Verzichte auf allzu viele Wünsche.
    FOLCO: Ist das deine Schlussfolgerung?
    Papa denkt nach.
    TIZIANO: Mir ist, als hätte ich dir mit unseren Gesprächen eine Art Wegzehrung mitgeben wollen. Irgendwo gibt es in mir den Wunsch, den ganz menschlichen Wunsch, einen gewissen Grad an Unsterblichkeit zu erlangen, eine Kontinuität in einem Menschen, der den gleichen Weg beschreitet oder an die gleichen Werte glaubt. Wenn du etwas vom Leben begriffen hast, verspürst du den Wunsch, es in ein Päckchen zu packen und weiterzugeben. Dieses Päckchen ist die Geschichte, die ich dir erzählt habe.
    Dabei ist mir ungeheuer wichtig, dass du begreifst, dass mein Weg keineswegs einzigartig war. Ich bin keine Ausnahme. Ich habe mir mein Leben erfunden, und zwar nicht vor hundert Jahren, sondern noch vorgestern. Und das kann jeder andere auch, es braucht nur ein wenig Mut, Entschlossenheit und ein Selbstbewusstsein, das nicht auf Geld und Karriere beruht, sondern auf dem Wissen, Teil der wunderbaren Welt zu sein, die uns umgibt.
    Ich möchte meine Botschaft als Hymne auf die Eigenständigkeit verstanden wissen; auf die Möglichkeit zu sein, was du willst.
    Verstehst du? Und das ist machbar - für alle.
    FOLCO: Was ist machbar?
    TIZIANO: Sein eigenes Leben zu leben. Ein wahres Leben, ein Leben, das dir gehört. Ein Leben, in dem du dich erkennst.

ADIEU

    Mit der gewohnten violetten Tinte, aber mit unsicherer Hand hat Papa einen Brief geschrieben und auf dem Tisch liegen lassen.
     
    An meine Familie
    Wir haben Folgendes vereinbart: Wenn es soweit ist, ruft ihr die Leute vom Grünen Kreuz an; sie werden nach Hause kommen und alles Nötige diskret erledigen. Wie Ihr schon lange wisst, möchte ich eingeäschert werden. In einem möglichst einfachen Sarg, am liebsten aus Brettern, wird man mich in die kleine Kapelle bringen und von dort aus so zügig wie möglich, ohne Litaneien, Gesänge oder Reden, sondern in der von mir so geschätzten Stille, zum Feuerbestattungsofen, den ich als Asche in einer einfachen Urne verlassen werde. Darin möchte ich mit meiner Familie nach Orsigna zurückkehren.
    Dies

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