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Das Erbe - Das Tal - Season 2 ; Bd. 2

Das Erbe - Das Tal - Season 2 ; Bd. 2

Titel: Das Erbe - Das Tal - Season 2 ; Bd. 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena
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ihm. Ein seltsames Grinsen lag auf seinem Gesicht. Es war mir nicht fremd. Ich hatte es schon öfter bemerkt, wenn er den Klassenraum betrat und die Ermahnungen der Lehrer ignorierte, die sein Zuspätkommen rügten. Ihn warnten. Mal wieder mit Schulausschluss drohten.
    Dann lächelte Jacob nur, schob sich an uns allen vorbei nach hinten und setzte sich an seinen Platz.
    Nur sein glasiger Blick, den kannte ich nicht. Wenn ich es nicht besser gewusst hätte, hätte ich vermutet, dass Alkohol im Spiel war, Drogen, irgendetwas, das er eingeworfen hatte. Nein, er hielt sich an Nietzsche, der den Rausch als großes Machtgefühl beschrieb.
    Er grinste mich also an mit diesem glasigen Blick und schien mich zunächst gar nicht zu erkennen. Er hielt das Gewehr in Hüfthöhe in der Hand, als würde er seine Tasche tragen oder einfach nur seine Jacke. Ganz locker hing es herunter.
    »Weißt du, was ich hasse?«, fragte er.
    Er erwartete keine Antwort. Alles, was er wollte, war, Zeit und Raum zu sagen, was er zu sagen hatte.
    »Ich hasse diesen Saal.«
    Er hob die Waffe und lud sie durch. Ich wusste, dass diese Bewegung ihm Spaß machte. Er liebte Waffen. Jetzt hob er sie und zielte genau auf mich.
    »Ich hasse diese Schränke.«
    Es war diese eine Minute.
    Weniger?
    Länger?
    Mein Leben lag in seiner Hand in Form dieses Jagdgewehrs, das mir so vertraut war, weil ich es von Kindesbeinen an kannte.
    »Ich hasse …«
    Er brach ab und starrte mich an. Fast schien es mir, als hätte er die ganze Zeit im Dunkeln gesessen und erst jetzt hätten sich seine Augen an die Helligkeit gewöhnt. Er begriff, wen er vor sich hatte.
    Und in dieser kurzen Zeitspanne, die folgte, sah ich ihm an, dass er ernsthaft überlegte abzudrücken. Das schockierte mich am meisten. Wir waren früher unzertrennlich gewesen. Konnte es möglich sein, dass die Vergangenheit für ihn nicht zählte?
    Ich wollte seinen Namen rufen, ihm sagen, er sollte aufhören damit, aber ich brachte kein Wort über meine Lippen. Ich saß da und wartete auf seine Entscheidung. Im Grunde genommen war das das Schlimmste. Ich ließ mein Leben in seinen Händen. Ich wehrte mich nicht, rührte mich nicht, sagte kein einziges Wort. Es belastet mich noch heute. Ich halte mir täglich mein Versagen vor die Augen. Ich weiß nicht, ob ich Jacob hätte stoppen können, aber darum geht es nicht. Sondern nur darum, das Richtige zu tun.
    Ich saß also in diesem Schrank, zusammengekrümmt, unfähig, mich zu bewegen, und wartete ab. Wir hatten Blickkontakt. Endlich. Endlich hatten wir wieder Blickkontakt. Wir sahen nicht aneinander vorbei, wie wir es seit Wochen taten.
    Jacobs glasige Augen wurden dennoch nicht klarer. Das Grinsen verschwand nicht aus seinem Gesicht, als er mich erkannte. Und er sagte auch kein Wort.
    Er tat Folgendes: Er sicherte das Gewehr, ließ es sinken und schob die Metalltür zu meinem Versteck wieder zu.
    Ich hörte, wie er den Raum durchquerte, wie er die Tür hinter sich schloss und einfach ging. Er hatte mich am Leben gelassen, aber seit diesem Moment wünsche ich mir, er hätte mich erschossen.

11. Im Zeichen der Hoffnung
    »Wer war das?«
    Roberts Stimme drang nicht zu mir durch. Erst als er mir das Handy aus der Hand nahm, löste ich mich aus der Starre.
    »Das war Chris«, sagte ich. »Chris hat angerufen.«
    Die Augen in Roberts schmalem blassen Gesicht schienen plötzlich riesig. Feine Wassertröpfchen bedeckten seine Haut.
    Kälte breitete sich von den Zehenspitzen bis in meine Brust aus. Nicht der Schnee, in dem ich noch immer feststeckte, nicht die Feuchtigkeit des Nebels war dafür verantwortlich. Ich nahm nichts um mich herum wahr, hatte nur diesen einen Gedanken, der sich in meinem Kopf wiederholte: Chris hatte angerufen und ich hatte den Anruf verpasst. Einfach überhört. Dabei hatte ich genau darauf gehofft. Endlich zu wissen, wo sie sich befanden, was mit ihnen passiert war und ob sie alle unverletzt und am Leben waren. Oder ob sie irgendwo saßen und auf Hilfe warteten.
    Trotz der Schwere in meiner Brust spürte ich wieder, wie die Wut in mir hochstieg, zum zweiten Mal an diesem Tag, und sich mit den Erinnerungen aus meiner Kindheit verband. Erinnerungen, die sich nachts in meinen Träumen wiederholten. Ich kehrte nach Missoula zurück, dem Gebiet, etwa drei Stunden von Great Falls entfernt, wo Dad jeden Winkel kannte. Im Traum schoss ich auf alles, was mir im Weg stand. Ich kannte das Gefühl zu töten. Bevor das an der Highschool passiert war,

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